Volatilität ist gerade für Derivate einer der Hauptfaktoren, wenn es um Bewertungen geht. War die Frage bei Optionspreismodellen bisher, ob besser lokale oder doch lieber stochastische Volatilitätsmodelle verwendet werden sollen, geht der Trend heute in Richtung lokal-stochastischer Kombinationsmodelle.

So einfach und doch so komplex

Betrachtet man nur einen einzigen Basiswert im Kassamarkt, ist die Berechnung der Volatilität noch relativ einfach. Die Standardabweichung wird dabei häufig auf historischer Basis ausgewertet. Abgesehen davon, dass der so erhaltene Wert maßgeblich von der gewählten Zeitspanne abhängt, die betrachtet wird, sagt die historische Vola aber auch nur etwas aus über das vergangene Verhalten, und nichts darüber, was der Markt von der Zukunft erwartet. Doch genau die Zukunft ist es, die Marktteilnehmer interessiert.

Bei Optionen wird die Berechnung der Volatilität ohnedies deutlich komplexer. Denn hier haben wir nicht nur unterschiedliche Strikes, die ihrerseits ein unterschiedliches Vega aufweisen, sondern auch noch eine schier endlose Möglichkeit an verschiedenen Laufzeiten. Und dann kommt nochmal hinzu, dass sich der Markt und damit auch die Volatilität selbst ständig verändern können. Man spricht dabei von der Volatilität der Volatilität. Mit historischer Vola werden Derivate zudem ohnedies nicht bewertet, sondern mit der impliziten Volatilität, also jener Standardabweichung, die aus bereits im Markt gehandelten oder zumindest quotierten Optionen „rückgerechnet“ wurde. In Modellen für exotischere Optionen wird zusätzlich entweder die lokale oder die stochastische Volatilitätsbetrachtung für die Bewertung verwendet. Denn die reine implizite Volatilität, die aus dem Black-Scholes-Modell berechnet werden kann, berücksichtigt den Volatilitäts-Smile und die Krümmung der Volatilitätsoberfläche nicht, die sich daraus ergeben, dass sich die Volatilität selbst verändert, sobald sich der Basiswert im Preis bewegt.

Lokale oder Stochastische Volatilität?

Viele gängigen Bewertungsmodelle für Derivate verwenden deshalb seit langer Zeit eine lokale Volatilität. Local Volatility Modelle etablierten sich bereits in den 1990er Jahren und waren über lange Zeit hin ausgesprochen nützlich für die Bewertung von Optionen, vor allem komplexeren Varianten. Dabei ist die lokale Volatilität im Grunde nur eine vereinfachte Annahme über das Verhalten der Varianz. Es werden die unterschiedlichen Strikes und Laufzeiten berücksichtigt und mithilfe dieser beiden Faktoren (2-Faktor-Modell) der sogenannte Volatilitäts-Smile dargestellt. Smile bedeutet schlicht, dass sich die Vola je nachdem wie nah der Strike at-the-money (am Geld), out-of-the-money (aus dem Geld) oder in-the-money (im Geld) liegt, entsprechend verändert. Der Nachteil der lokalen 2-Faktor-Volatilität: Sie wird als konstant angenommen, und mögliche Marktbewegungen fließen hier nicht mit ein. Lokale Volatilitätsmodelle sind ausschließlich auf das Jetzt gerichtet. Verändert sich jedoch der Preis des Basiswertes, so hat das selbstverständlich auch Einfluss auf die Volatilitätsmatrix.

Da sich nun auch die Volatilität selbst im Zeitablauf verändert, setzen neuere Bewertungsmodelle auf die sogenannte stochastische Volatilität, die genau das berücksichtigt. Ein bekanntes Beispiel ist das SABR-Modell („stochastic alpha beta rho model“), das gerne für die Bewertung von Zinsoptionen (Swaptions) eingesetzt wird. Die Volatilität wird hier als Zufallsvariable betrachtet, die ihrerseits eine Volatilität hat (die Volatilität der Volatilität). Das verbessert die Bewertungsgenauigkeit, allerdings hauptsächlich für Strike am Geld. Je weiter aus oder ins Geld Optionen gehen, desto ungenauer wird das Ergebnis. Der Smile wird nicht korrekt dargestellt. Doch ungenaue Bewertungen führen zu Arbitrage und damit möglicherweise zu finanziellen Verlusten durch Fehlbewertungen. Zudem können stochastische Modelle schwer mit negativen Strikes umgehen, mit denen wir seit geraumer Zeit aufgrund negativer Zinsen am kurzen Ende konfrontiert sind. Reine stochastische Volatilitätsmodelle sind also auch nicht die perfekte Bewertungslösung.

Bald mehr „Local Stochastic Volatility“ Modelle?

Immer wieder versuchen Finanzmathematiker deshalb, die beiden gängigen Volatilitätsmodelle miteinander zu kombinieren. Das ist auch einer der Gründe, warum jeder große Marktteilnehmer seine ganz eigene Version etwa des SABR Modells betreibt. Shifted SABR für negative Strikes, Free Boundary SABR, Mixed SABR und selbstgestrickte Untermodelle zur Bestimmung der Volatilität der Volatilität sind nur einige Beispiele, mit Anpassungen hier und zusätzlichen Parameter da. Damit riskiert man allerdings, dass Modelle zu komplex werden, für den Handel zu langsam preisen oder an anderen Schwachstellen entlang der Kurve leiden. Die Suche nach „dem“ idealen Modell ist voll in Gang.

Eine interessante Alternative hatte kürzlich Dominique Bang vorgestellt, wie lokale und stochastische Modelle so kombiniert werden können, um möglichst arbitragefrei zu bleiben. Er setzt dabei einen speziellen Vektor ein, der es ermöglicht, die Dynamik des lokalen Volatilitätsmodells auf ein rein stochastisches Vola-Modell zu setzen. Ob sich die Version von Bang durchsetzen wird, bleibt abzuwarten.

Volatilität als komplexer Einflussfaktor für Bewertungsmodelle

Die Genauigkeit einer Bewertung hängt maßgeblich von der möglichst korrekten Bestimmung der zugrundeliegenden Volatilität und der korrekten Vorhersage ihrer laufenden Veränderung entlang der Volatilitätsmatrix ab. Das Suchen nach möglichst exakten Lösungen hat zu einer Vielzahl verschiedener Modelle und Varianten geführt. Der Trend geht weg von puren lokalen oder stochastischen Modellen hin zu stochastischen Volatilitätsmodellen, die Komponenten linearer Modelle beinhalten. Denn nur so können auch sehr hohe Strikes richtig abgebildet und bewertet werden. Eine Eigenschaft, die gerade bei komplexeren Produkten mit konvexen Volatilitätsprofilen wie Constant Maturity Swap Optionen eine tragende Rolle spielt. Aktuell ist hier einige Bewegung im Markt, und die weitere Entwicklung bleibt spannend.

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