Die Frage, warum die Preise vieler Assets hoch sind, sollte die Menschen im Grunde immer beschäftigen. Doch vor allem jetzt, in Zeiten derart steigender Preise beinahe über die gesamte Palette an Produkten und Dienstleistungen hinweg, ist die Frage mehr als berechtigt. Was liegt hohen Preisen für Energie, Lebensmittel, Immobilien und diversen Rohstoffen zugrunde? Erstaunlich ist zudem, dass sich Aktien- und Bondmärkte trotz schwacher Wirtschaft, hoher Zinsen, schleppender Nachfrage, zäher Logistikprobleme und inverser Zinskurven auf hohen Niveaus halten. Die Gewinne großer Unternehmen stimmen offensichtlich. Sollte es nicht umgekehrt sein? Die schwache Weltwirtschaft, die uns seit 15 Jahren begleitet, sollte zu schwacher Nachfrage, niedrigen Preisen und sinkenden Aktienkursen führen. Wie kommt es, dass die Preise für so viele Produkte und Dienstleistungen hoch sind?

Viele Rohstoffe sind schier grenzenlos vorhanden

Wie kommt es, dass zum Beispiel Erdöl und Erdgas so teuer verkauft werden? Öl und Gas sprudeln in vielen Ländern der Welt einfach so aus dem Boden. Erdölvorkommen gibt es auf der ganzen Welt, auf allen Kontinenten, und Erdgas ebenso. Die Förderung ist selten technologisch aufwändig. Im Grunde sind Erdöl und Erdgas ausgesprochen häufige Rohstoffe, kommen kostenlos aus der Erde, und das in riesigen Mengen. Von einem Ende der Vorkommen, wie in den 1970er Jahren gepredigt, kann nicht die Rede sein. Erdöl und Erdgas sind weder selten noch knapp noch teuer in der Förderung. Warum werden Rohöl und Erdgas also so teuer verkauft? Könnte es sein, dass sich an den Preisen, zu denen diese reichlich vorhandenen Rohstoffe monopolisiert und verkauft werden, kleine Gruppen an Personen stark bereichern? Erdöl und Erdgas gehören in den meisten Ländern per Gesetz dem Staat und nicht demjenigen, unter dessen Grund und Boden es liegt. Eine praktische Sache für die jeweilige Regierung. Sie kann die Förderrechte teuer verkaufen. Wohin das Geld geht, das Regierungen dafür bekommen, nun, das steht auf einem anderen Blatt. In eine Reduktion der Treibstoffpreise geht es selten, wie die Preise an den Zapfsäulen in vielen Ländern beweisen. Die nächsten, die sich bereichern, sind die Ölkonzerne. Milliardengewinne jedes Jahr müssen schließlich ihren Ursprung haben. Sind Öl und Gas also künstlich teuer?

Die Sachlage ist bei vielen anderen Rohstoffen ganz ähnlich. Der Staat bescheinigt sich mit einem Gesetz, das er selbst erlässt, das Besitzrecht, das er dann verkauft, und zwar an große, internationale Konzerne, die von hohen Preisen profitieren.

Energie ist nicht knapp. Warum ist sie so teuer?

Damit wären wir auch schon bei Strom, Gas, Diesel und Benzin. Der künstlich hohe Rohölpreis alleine erklärt die hohen Preise für Diesel und Benzin nicht, und auch die Kosten, die durch die Raffinerie und den Transport verursacht werden, sind nicht derart hoch, dass sie Preise erklären könnten, die in 2022 in vielen Ländern die zwei Euro Marke pro Liter Diesel durchbrochen haben. Wieder sind die jeweiligen Staaten mit einer Unzahl an Steuern, aber auch die Konzerne mit dicken Gewinnen beteiligt.

Auch Strom ist weder knapp noch teuer. In vielen Ländern wird Strom aus Wasserkraft gewonnen. Das Wasser der Flüsse kommt alleine und kostenlos geflossen. Anlagen, die einmal gebaut sind, verursachen kaum noch Kosten und produzieren nach einigen Jahren praktisch kostenlosen Strom. Kohle ist auf allen Kontinenten in Hülle und Fülle vorhanden, Gas und sogar Holz ebenso und könnten zur Energiegewinnung eingesetzt werden. Kraftwerke gibt es zuhauf, in vielen Ländern gar zu viele, so dass nicht wenige absichtlich brach liegen. Zusätzlich zu den „alten“ Technologien kommen ständig neue Möglichkeiten wie Strom aus Wind und Sonne hinzu. Energie ist überall vorhanden, in der Erde, über dem Boden, in der Luft, im Wasser. Wieder führt uns die Frage, warum unsere Stromrechnungen und Heizkosten so hoch sind, zu staatlichen Gesetzen, internationalen Konzernen und deren Eigentümern.

Die Verteilung von Grund und Boden

Nicht nur Energie ist teuer, sondern auch Wohnraum und Grundstücke. Wohnungen, Häuser und Bauland sind vielerorts schlicht nicht mehr leistbar. Die Preise bewegen sich in Größenordnungen, die nicht im Einklang stehen mit dem ortsüblichen Einkommen normaler Menschen. Ich spreche hier nicht von Manhatten oder München, sondern von einem weltweiten Phänomen. Selbst in Ländern, in denen die Bevölkerung nicht explosionsartig wächst oder sogar sinkt, wie in Japan, China und selbst in Albanien: Die Preise für Wohnungen sind zu hoch und Mieten zu teuer. Ein Mangel an Grund und Boden mag in manchen Fällen zutreffen, in vielen Gebieten wäre der Platz jedoch reichlich vorhanden. An einer hohen Qualität der angebotenen Wohnungen kann es ebenfalls nicht liegen, denn selbst für einfache Wohnungen in alten Betonanlagen werden astronomisch hohe Preise verlangt. Und die Mietpreisbremse? Wo es diese gibt, scheint sie nicht sonderlich viel zu bewirken. Woran liegt es also, dass Menschen nur schwer oder mithilfe hoher Kredite an ein ordentliches Dach über dem Kopf kommen? Ein Teil der Schuld mag bei der öffentlichen Verwaltung liegen, die genau vorgibt, wer wo was und wie viel bauen darf und wer nicht. Damit soll einem Wildwuchs im Häuserbau vorgebeugt und die Natur geschützt werden, so die Argumente. Die Realität sieht anders aus. Davon kann sich jeder überall auf der Welt, und wahrscheinlich sogar in unmittelbarer eigener Nähe, überzeugen. Alles ist damit aber nicht erklärt. Werden Immobilienpreise absichtlich in die Höhe getrieben? Dem Staat mag es nicht zum Nachteil gereichen, man denke nur an den weltweiten Trend, die Grundsteuer einer Neuberechnung nach Marktpreisen zu unterziehen. Großen Immobilienentwicklern spielt der Trend ebenfalls in die Tasche.

Lebensmittel

Energie ist teurer geworden, und damit die Bewirtschaftung von Feldern. Die Preise für Futtermittel, Kunstdünger und Chemikalien sind deutlich höher als noch vor wenigen Jahren. Warum? Scheinbar im Gleichschritt haben Produzenten und Verkäufer die Preise für alles von Weizen über Eier, Fleisch, Milch bis Käse nach oben angehoben. Dabei gibt es keine Knappheit auf der Seite der Produktion. Gras und Weizen wachsen nach wie vor, Hühner legen Eier, Kühe geben Milch und Hühner und Schweine werden nach wie vor unter erbärmlichen Bedingungen billigst massenhaft großgezogen und in Schlachtfabriken verarbeitet. Europa produziert seit Jahrzehnten einen Überschuss an landwirtschaftlichen Produkten mit einem ungebrochenen Trend weg von kleinbäuerlichen Strukturen hin zu automatisierten, landwirtschaftlichen Industriebetrieben. Wie passen hier teils extreme Preiserhöhungen ins Bild? Dem Aktienkurs großer Lebensmittel- und Chemiekonzerne kommt die Entwicklung hingegen gerade Recht.

Sonderfall Wasser

Die Welt schwimmt regelrecht im Wasser. Ozeane voll Wasser, riesige Flüsse, und viele Gebiete der Welt erfreuen sich ausreichend vieler Regentage. Trotzdem ist Wasser teuer, und nicht nur in der Wüste haben Milliarden Menschen nicht ausreichend sauberes Wasser für sich zur Verfügung. Trinkwasser wird in Plastikflaschen verkauft. Wasser aus Brunnen auf dem eigenen Grundstück zu entnehmen ist vielerorts sogar verboten. Flüsse und Seen sind verschmutzt, das Grundwassser verseucht. Wasser muss der städtischen Leitung entnommen werden, zu festgesetzten Preisen, dazu noch eine Gebühr für Abwasser und Niederschlagswasser, und trotzdem ist das Wasser aus dem Wasserhahn selten gut oder gesund. Wer profitiert davon, dass Wasser nicht nur schlecht sondern auch teuer ist?

Aktienkurse im 10-Jahres-Trend überraschend stabil

Die Kurse der großen Aktiengesellschaften haben in den vergangenen 10 Jahren kaum gelitten. Natürlich gab es das übliche Auf und Ab, und zeitweise sah es im Jahr 2022 nach einem Crash aus. Dennoch: Die Börsenindizes sind heute höher als vor zehn Jahren, trotz der hohen Energiepreise, Pandemie, Rezession, Zinserhöhungen, Inflation und Logistikproblemen. Das überrascht einerseits, erklärt sich aber auch durch die höheren Gewinne durch höhere Preise der Unternehmen. Die Preise für viele Produkte sind stärker gestiegen als die Kosten, und das führt dazu, dass am Ende mehr übrig bleibt als gedacht. Ob sich die höheren Preise schlussendlich doch auf die Nachfrage auswirken und die Gewinne beeinträchtigen, werden die nächsten Jahre zeigen.

Konsument und Produzent: Zwei Welten?

Insgesamt passen die Welten der Konsumenten und der (großen) Produzenten nicht recht zueinander. Abgesehen von der unglücklichen Klassifizierung von Menschen in „Konsumenten“ und internationaler Konzerne und ihrer Eigentümer in „Produzenten“, wobei die Produktionstätigkeit doch durch den täglichen Arbeitseinsatz der „Konsumenten“ geschieht, scheinen die beiden Gruppen in immer konkträreren Wirklichkeiten zu leben. Normale Menschen/Konsumenten schlafen nachts schlecht aus Sorge, wie sie mit ihren kaum oder unzureichend gestiegenen Einkommen oder gar dem Verlust ihrer Arbeit die nächste Energierechnung, die Mieterhöhung, die gestiegenen Leasing- und Kreditraten oder den nächsten Einkauf im Supermarkt bezahlen sollen. Die „Produzenten“ hingegen freuen sich über höhere Zinsen auf Anleihen und trotz aller Widrigkeiten solider Unternehmensgewinne. Grundübel der Sorgen der Menschen/Konsumenten sind die hohen Preise, die nicht auf Fundamentalgründen wie Knappheit oder hoher Nachfrage beruhen.

Berücksichtigung neuer Risiken in der Risikoplanung

Ob gewollt, ungewollt, gesteuert, zufällig, politisch oder wirtschaftlich begründet, die Folgen sind bereits sichtbar. In Großbritannien soll die Armee eingesetzt werden, um streikende Berufsgruppen zu ersetzen, wobei wir hier nicht von billigen, ausländischen Arbeitskräften in Fabriken reden, sondern von Beamten des Grenzschutzes. Die Spannungen wachsen, um mit ihnen nicht-finanzielle Risiken in Ländern, in denen diese bisher niedrig bewertet wurden. Die Welt befindet sich ständig in Veränderung. Aus Risikosicht sind diese Veränderungen über die vergangenen Jahre sehr schnell voran geschritten. Ein weitsichtiges Risikomanagement mit umfassendem Blick ist derzeit überlebenswichtig.