Repos, kurz für Repurchase Agreement, sind einfache und gleichzeitig enorm wichtige Transaktionen, die das weltweite Finanzsystem am Laufen halten. Und doch weiß kaum jemand, was Repos wirklich sind, oder wie der Repo Markt funktioniert. Dabei sind Repos besonders zentrale Zahnräder des Finanz- und Geldsystems, deren Verständnis eine wichtige Grundlage für wichtige Zusammenhänge und Vorgänge bildet.

Repo steht für Repurchase Agreement

In einer Repo Transaktion verkauft ein Geschäftspartner einem anderen Wertpapiere. Gleichzeitig vereinbaren die beiden Parteien, dass der erste Geschäftspartner genau diese Wertpapiere zu einem geringfügig höheren Preis am nächsten Tag (oder an einem Tag in naher Zukunft) wieder zurück kauft. Der Unterschied im Preis zwischen dem heutigen Verkauf und dem morgigen Rückkauf wird die Repo Rate genannt. Der Verkäufer der Wertpapiere sichert sich auf diese Weise für einen Tag lang Geld, also Liquidität. In der Regel wird dieses Geschäft am Tag darauf und für viele weitere Tage wiederholt, das Repo Geschäft also weiter gerollt. Die meisten Repo Geschäfte werden „Over-Night“, also von heute auf morgen abgeschlossen. Da es sich aber um ein außerbörsliches, bilaterales Geschäft handelt, kann grundsätzlich auch jede andere Vereinbarung getroffen und eine beliebig lange Repo-Laufzeit vereinbart werden.

Rein wirtschaftlich gesehen ist ein Repo nichts anderes, als die Aufnahme eines kurzfristigen Kredits, bei dem die Wertpapiere als Sicherheit („Collateral“) dienen. Rechtlich gesehen ist ein Repo allerdings ein Verkauf plus ein Termingeschäft für den Rückkauf von Wertpapieren. Der Unterschied im Preis ist dabei wirtschaftlich gesehen die Zinszahlung. Aus Sicht des einen Geschäftspartners wird das Geschäft „Repo“ genannt, aus Sicht des anderen Geschäftspartners „Reverse Repo“. Beide Begriffe sind also im Grunde Bezeichnungen für das selbe Geschäft. Warum aber sind Repos wichtig, und wer verwendet Repos?

Repos sind wichtige Funding Instrumente

Der Repo Markt ist enorm groß und bildet eine zentrale Drehscheibe im weltweiten Geldsystem. Die genaue Größe des Repo-Marktes ist nicht öffentlich bekannt, da viele Geschäfte bilateral stattfinden. Das Office of Financial Research, das für den US-Markt Daten erhebt, geht davon aus, dass täglich mehrere Billionen Dollar an Funding über Repos aufgenommen werden. Vor allem Banken sind auf einen gut funktionierenden und liquiden Repo-Markt angewiesen. Sie benötigen Liquidität, um diese in Form von Krediten und Finanzierungen an ihre Kunden zu geben. Die besondere Bedeutung des Repo Marktes kommt daher, dass es mithilfe dieses einfachen Geschäfts möglich ist, kurzfristig und ohne großen Aufwand an Liquidität zu kommen. Schließlich dienen gängige Wertpapiere als Sicherheit, und der zeitraubende und aufwändige Prozess einer Kreditprüfung und Due Diligence samt leidiger Kreditlinienprüfung entfällt. Das gesamte Finanzsystem stützt sich zu einem guten Teil auf das Funding, das über Repo Geschäfte aufgenommen wird. In der Regel wird Liquidität auf diese Weise von Banken, Versicherungen und Asset Managern zur Verfügung gestellt. Wird Liquidität knapp oder das Vertrauen in bestimmte Wertpapiere, die als Sicherheit dienen sollen, geht (vorübergehend) verloren, so springt manchmal auch eine Zentralbank als Liquiditätsgeber ein.

Der Repo Markt ist unterteilt

Kapitalmarktteilnehmer, vor allem Banken, verwenden Wertpapiere wie Anleihen und Aktien als Sicherheiten für Repo Transaktionen. Der Repo Markt besteht dabei aus mehreren Segmenten, je nach Art des angebotenen Collaterals sowie der Währung, in der Liquidität zur Verfügung gestellt wird. Die beste Qualität haben besonders liquide und gut geratete Staatsanleihen, wie etwa US Treasury Bonds im USD Repo Markt oder Deutsche Bundesanleihen im Euro Repo Geschäft. Repo Transaktionen, also der Verkauf und morgige Rückkauf von Wertpapieren, können aber auch mit anderen Arten von Collateral durchgeführt werden, wie etwa Emerging Market Bonds, Aktien, Verbriefungen und allen anderen Finanzinstrumenten und Sicherheiten. Welche Arten von Wertpapieren im Repo akzeptiert werden, ist je nach Marktlage und Risikoeinschätzung der Liquiditätsgeber unterschiedlich. Auch der Preis, also die Repo Rate, ist von den jeweiligen Risikoeinstufungen abhängig.

Repos im Internationalen Geschäft

Eine besonders große Bedeutung haben Repo-Geschäfte im internationalen Bankgeschäft, das sich zu einem guten Teil in Eurodollars abspielt. Die Bezeichnung Eurodollar hat dabei übrigens nichts mit dem Euro zu tun, sondern bezeichnet schlicht alle US-Dollar Geschäfte, die außerhalb der USA stattfinden. Ein Beispiel: Das typische Geschäft einer Bank oder Sparkasse ist es, kurzfristige Einlagen entgegen zu nehmen und dagegen länger laufende Kredite an Privatpersonen oder Unternehmen zu vergeben. Die Zinsspanne, welche die Bank durch diese Fristentransformation verdient, ist der Gewinn der Bank. Was passiert aber, wenn eine nicht-amerikanische Bank einen Kredit in US-Dollar anstatt der eigenen, lokalen Währung vergeben möchte, weil die Bank hier bessere Gewinnmargen oder Geschäftsmöglichkeiten im Vergleich zum regionalen Markt sieht? Wahrscheinlich wird diese Bank kaum ausreichend Einlagen in US-Dollar haben. Die meisten Einlagen werden in der eigenen, lokalen Währung sein. Das heißt, dass sich die Bank die Dollar zunächst selbt beschaffen muss, um sie in Form von Krediten auszuleihen. Die Bank muss sich die Dollar von jemand anderem leihen. Den einfachsten und schnellsten Weg für Banken, Dollar Funding zu bekommen, bietet der Repo Markt, der wie eine Plattform für kurzfristige Interbanken-Kredite funktioniert. Da Banken sehr auf Kreditrisiko bedacht sind, bevorzugen es Geldgeber heutzutage, Liquidität nur gegen die Hinterlegung von Sicherheiten abzugeben. Im Repo Markt dienen Wertpapiere als diese Sicherheit, etwas, das Banken meist ausreichend vorrätig haben. Die beste Qualität für Collateral bieten im US-Dollar Segment US-Staatsanleihen, also Treasuries.

Repos sind nicht ohne Risiko

Repo Geschäfte bieten ein einfaches und effizientes Funding Werkzeug für das internationale Bankensystem. Trotzdem sind Repos sowohl für den Käufer als auch den Verkäufer nicht ohne Risiko. Schließlich sind Repos als ultrakurzfristige Funding-Geschäfte konzipiert, die im Standardfall Over-Night, also nur bis zum nächsten Tag abgeschlossen werden, und, so gewünscht, jeden Tag weiter gerollt werden. Was aber passiert, wenn der Käufer sich plötzlich weigert, das Repo-Geschäft auf den nächsten Tag zu rollen, oder mehr und besseres Collateral verlangt? Oder was geschieht, wenn ein Verkäufer in der glücklichen Lage ist, ausreichend allerbeste Collateral-Qualität zu haben, und aufgrund einer hohen Nachfrage nach genau dieser besten Qualität den Preis drückt? Beide Fälle können wir seit der Finanzkrise 2007 in regelmäßigen Abständen beobachten.

Die Bedeutung von Repos für Geldmenge und Finanzkrisen

Durch Repo Geschäfte gelangt Liquidität in den Geld- und Wirtschaftskreislauf. Wertpapiere wie Anleihen, Aktien oder Verbriefungen werden über den Repo-Markt in Liquidität für Banken gewandelt, das diese in Form von Krediten an ihre Kunden vergeben, und dadurch automatisch die Geldmenge, die der Wirtschaft zur Verfügung steht, steigern. In Zeiten, in denen der Repomarkt positive Zukunftserwartungen mit hohem Risikoappetit hat, werden durchaus auch riskantere und komplexere Finanzprodukte als Sicherheit für Repo Geschäfte akzeptiert. Durch die besseren Möglichkeiten, an Funding zu gelangen, werden Banken dazu angeregt, in ihrer Kreditvergabe großzügiger zu werden. Vor dem Zusammenbruch der Märkte in 2007/2008 war genau diese Situation gut zu beobachten. Banken vergaben Kredite, für das sie selbst das Geld aus dem Repo-Markt gefundet hatten. Die vergebenen Kredite wurden ihrerseits wieder in Form von Wertpapieren verbrieft. Collateralized Loan Obligations (CLOs), dazu Collateralized Debt Obligations (CDOs) und eine ganze Reiher anderer Verbriefungen und Wiederverbriefungen kamen in Mode und wurden viele Jahre lang bereitwillig für Repo-Geschäfte akzeptiert. Die Verbriefungen und Ausschweifungen des Verbriefungsmarktes sowie die schier endlose Nachfrage nach immer mehr und mehr verbrieften Kreditportfolien hatten ihren Ursprung tatsächlich in der Wechselwirkung mit dem Repo-Markt. Hier konnten jene, die Zugang zum Repo-Markt hatten, billig an Liqudität kommen, die dann wiederum in Anlagen mit deutlich höherer Rendite investiert werden konnte. Die Gewinnmargen waren dabei groß. Banken wie Lehman Brothers oder Bear Stearns, die große Portfolien der damals ausgesprochen populären Hedge Funds verwalteten, liehen sich zudem die Assets dieser Hedge Funds, um diese im Repo-Markt gegen Liquidität zu tauschen. Es herrschte Übermut und Goldgräberstimmung, und Geld wurde scheinbar aus heißer Luft gemacht. Bis die Stimmung eines Tages kippte.

Was 2007 wirklich geschah, hatte mit dem Repo Markt zu tun

Die Praktiken der Broker, die den Repo-Markt als billige Fundingquelle nutzten, fanden immer mehr Nachahmer, die ihrerseits ein Stück des Kuchens abhaben wollten, das einigen wenigen bis dahin jährlich Milliardengewinne eingebracht hatte. Das blieb nicht unbemerkt und veranlasste den größten und wichtigsten Repo-Dealer JP Morgan Chase in 2007, die Risiken von Repo-Geschäften neu zu bewerten. JP Morgan Chase verlangte daraufhin höherwertigeres Collateral für Repo-Transaktionen. Ein großer Teil der Marktteilnehmer wurde von dieser Risiko-Neubeurteilung im Repo-Markt vollkommen überrascht. Zu diesem Zeitpunkt waren viele von ihnen hoch geleveraged. Sie waren auf das billige Repo mit den plötzlich als zu riskant eingestuften Papieren angewiesen. Von einem Tag auf den anderen brach dieses Segment des Repo-Marktes zusammen. Staatsanleihen-Repos standen wieder hoch im Kurs, wohingegen es niemanden mehr gab, der CDOs, CDLs oder Emerging Market Bonds im Repo akzeptierte. Bear Stearns geriet als erster Broker in Liquiditätsnöte, gefolgt von Lehman Brothers. Jeder der konnte, wollte nun US-Treasuries kaufen, von denen aber bei Weitem nicht genügend auf dem Markt waren, um das gesamte Repo-Volumen abzufangen. Eine Collateral-Krise brach aus. Repo-Geschäfte konnte nicht mehr erfüllt werden (sogenannte Repo-Fails) und der Repo-Markt geriet in eine tiefe Vertrauenskrise, die den gesamten Finanzmarkt weltweit aus den Angeln warf. Über Nacht waren Billionen Dollar an Funding aus dem System verschwunden und weltweit standen Banken und Finanzinstitute nicht nur vor den Scherben des Repo-Marketes, sondern Millimeter vor dem eigen Aus. Doch Banken sind zentral wichtige Akteure des Wirtschaftslebens, und so blieb Staaten und ihren Zentralbanken wenig anderes übrig, als die Lücke im Repo-Markt zu schließen. Wie? Indem Zentralbanken Repo-Geschäfte anboten. Für Banken, die nicht mehr über ausreichend Wertpapiere verfügten, die als Collateral akzeptiert werden konnten, wurden andere Lösungen gefunden. Nach und nach hat sich der Repo-Markt wieder einigermaßen erholt und die Rolle von Zentralbanken als Reverse Repo Akteur ist gesunken. Geblieben ist eine Vorliebe für beste Qualität im Repo-Markt, und damit eine ständige Knappheit an Dollar und Eurodollar, bedingt durch nicht ausreichend vorhandenes Collateral, vor allem in Form von US-Treasuries.

Der Repo-Markt ist der zentrale Knotenpunkt für Liquidität, und nicht die Zentralbank

Der in der Öffentlichkeit so wenig bekannte Repo-Markt führt zu Unrecht ein solches Schattendasein. Schließlich sind es Repo-Geschäfte, die für Liquidität im Finanz- und Geldsystem sorgen, und nicht die Zentralbanken, wie oft behauptet. Seit 2007 leidet die Weltwirtschaft unter einer zu knappen Geldmenge, und keinesfalls unter einer Geldschwemme. Die Wertpapierkäufe von Zentralbanken, die als Quantitative Easing tituliert wurden und die Geldmenge steigern sollten, haben in Wirklichkeit das Gegenteil bewirkt. Schließlich haben die Zentralbanken durch den Ankauf von hochwertigen Staatsanleihen dem Repo-Markt wichtiges Collateral entzogen. Es ist an der Zeit, dass mehr Augenmerk auf den Repo-Markt gelegt wird und die Wechselwirkungen besser verstanden werden.