Um das weltweite Wirtschaftswachstum steht es nicht gut. Das übrigens nicht erst, seitdem Corona auf den Plan getreten ist, sondern schon seit über einem Jahrzehnt. In großen Teilen der westlichen Welt befinden wir uns spätestens seit der Finanzmarktkrise 2008 in einer Phase wirtschaftlicher Schwäche. In Japan hält diese Phase bereits seit über zwei Jahrzehnten an. Doch was läuft falsch? Warum schaffen es die Billionen neuer Staatsschulden, mit denen wir von den USA über Europa bis nach China und Japan überschwemmt werden, nicht, die Weltwirtschaft anzukurbeln? Wie kommt es, dass selbst die niedrigsten Zinsen kein Wachstum hervorbringen?

Wirtschaftswachstum schwächelt

Im Jahr 2019, wohl gemerkt noch vor der großen Corona Krise, betrug das weltweite Wirtschaftswachstum nach Erhebungen der Weltbank 2,36%. Das weltweite, durchschnittliche Wirtschaftswachstum von 2000 – 2019, also in den letzten 20 Jahren, lag bei 2,8% Zunahme des Bruttoinlandsprodukts. Betrachtet man Europa und Zentralasien als Region, hatten wir allerdings nur ein durchschnittliches Wachstum von 1,7%, in Nordamerika von 1,9% und in Japan von 0,7%. Nach oben gezogen werden die weltweiten Statistiken sehr deutlich von China mit seinen 9,4% und einer Reihe afrikanischer Länder, die Wachstumsraten um die 6% aufweisen. Andere durchaus große Länder wiederum hatten in dem betrachteten 20-Jahres-Zeitraum sogar negatives Wachstum, sind also geschrumpft wie Italien (-0,7%) und Griechenland (-0,9%). Eine boomende Wirtschaft, die von niedrigen Zinsen und Zentralbankinterventionen angeheizt wird, sieht anders aus. Noch nicht veröffentlicht wurden von der OECD die Zahlen für 2020. Wie weit die Corona-Maßnahmen die Wirtschaft schädigen und geschädigt haben, wird sich erst in den nächsten Jahren zeigen. Das Vertrauen in Staat, Politik und Wachstum dürfte jedenfalls gelitten haben. Der OECD Consumer Confidence Index, der sich zwischen 2014 und 2018 wieder gut erholt hatte, hat in 2020 einen regelrechten Absturz erlebt.

Zentralbankinterventionen: Was bewirken sie wirklich?

„Wir werden alles tun was notwendig ist.“ Diesen Satz haben wir nun über die Jahre von mehreren Chefs der Zentralbank gehört. Die Menschen können auf die Zentralbank vertrauen, denn sie wird mit ihren Aktionen nicht Kleckern sondern Klotzen und so die Krise von uns allen abwenden. Die Bank of Japan hat genau das übrigens zuerst versucht, und das erstmals vor mehreren Jahrzehnten: Quantitative Easing in Form einer dramatisch ausgeweiteten Zentralbankbilanz. Die BoJ kauft seit Jahrzehnten vornehmlich eigene Staatsanleihen, zunehmend auch Corporate Bonds und sogar ETFs und andere Wertpapiere, mit dem Ziel, dadurch die Geldmenge zu erhöhen, die wiederum dazu führen sollte, dass dieses frische Geld in die Wirtschaft und damit in Investitionen und Konsum fließen wird. Die EZB und Fed (und viele weitere Zentralbanken der westlichen Welt) versuchen sich darin seit der Krise 2008 ebenfalls und haben ihre Ankauf- und Krisenprogramme seit Beginn der Corona-Krise nochmal dramatisch hochgefahren. Auch Fed und EZB haben das Ziel, Wirtschaftswachstum durch Geldwachstum anzuregen. Doch was ist passiert? Das Investitionsvolumen ist nicht gestiegen, ebenfalls nicht der private Konsum, und auch auf die Geldmenge hatten die Maßnahmen nicht den Einfluss, den die Zentralbanken erwartet hatten. Schließlich kämpft die westliche Welt keineswegs mit Inflation, sondern vielmehr gegen eine schwächelnde Wirtschaft und eine drohende Deflation. Japan zeigt uns das Deflationsdebakel schon lange. Überraschen sollte das übrigens nicht. Ausgeweitete Zentralbankbilanzen und gestiegene Bankbilanzen sind schließlich nicht gleichbedeutend mit frischem Geld für Unternehmen und Menschen.

Eine Frage des Vertrauens. Vertrauen? Welches Vertrauen?

Neben ausreichend Geld wollen uns die Zentralbanken vor allem eines geben: Vertrauen. Wir sollen darauf vertrauen, dass durch die heroischen Taten der Zentralbank alles wieder gut werden wird. Aber haben die Zentralbanker vielleicht sogar das Gegenteil bewirkt? Schließlich sagen sie uns seit Jahren, dass ihre gigantischen Maßnahmen nur deshalb notwendig sind, weil wir uns am Rande des Abgrunds befinden. Die Lage, so wird uns suggeriert, ist so dermaßen schlimm, dass nur mutiges Handeln in bisher nicht bekannter Größe uns alle retten kann. Nun denn, wenn es wirklich so schlecht um alles steht, und wir davon ausgehen, dass die Zentralbanker der großen Wirtschaftsnationen dieser Welt die besten Experten aufbieten können, und wir ihnen deshalb bei der Einschätzung der Lage glauben können, wäre es dann nicht ausgesprochen vernünftig, sich auf das Schlimmste gefasst zu machen? Als Unternehmer werde ich mir sehr gut überlegen, ob ich derzeit wirklich investieren oder expandieren möchte, da doch die Lage so prekär ist. Vielleicht verkaufe ich mein Unternehmen lieber an einen der größeren Konkurrenten? Als Bank werde ich mir bei Kreditanfragen auch gut überlegen, ob ich mein Geld überhaupt verleihe, und wenn dann lieber nur an ein großes, systemrelevantes Unternehmen, das im Fall des Falles vom Staat gerettet wird. Als Konsument denke ich genau nach, ob ich mein Auto nicht doch noch ein oder zwei Jahre länger fahren sollte, bevor ich mir ein neues hole. Hinzu kommen jede Menge neuer Vorschriften und Diskussionen zu neuen Regulierungen rund um Umweltschutz, Pandemiebekämpfung, Dinge wie Brexit, Handelskonflikte und ständig geschürte Inflationssorgen, immer höhere Staatsverschuldungsquoten und Zentralbankinterventionen. Das schafft kein Vertrauen. Ganz im Gegenteil.

Wirtschaftswachstum basiert auf dem Vertrauen in eine positive Zukunft

Es ist kein Geheimnis dass Wirtschaftswachstum auf dem Glauben an eine langfristig gute Zukunft basiert. Damit Unternehmen und die Menschen, die unser Wirtschaftsleben ausmachen, positiv nach Vorne blicken können, brauchen sie stabile Rahmenbedingungen, Sicherheit sowohl was Leib und Leben betrifft aber auch Rechtssicherheit, finanzielle Sicherheit und stabile Sach- und Finanzwerte. Erst wenn sie dieses Vertrauen haben, werden sie Risiken eingehen, innovativ und unternehmerisch etwas wagen. Das Vertrauen fehlt Unternehmen und Konsumenten seit vielen Jahren, und mit ihm auch die für ein gutes Wirtschaftswachstum nötige Risikobereitschaft. Eine Mitschuld tragen Politik und Zentralbanken, die seit Jahren predigen, wie schlecht es um das System bestellt ist, und dass nur dramatische Interventionen in Form von Zentralbankbilanzausweitungen, staatlichen Subventionen und strenger, regulatorischer Neuordnung Abhilfe schaffen können. Auf der Strecke bleibt die Zuversicht, eine für den Aufschwung wichtige Zutat.

Staatliche Investitionen und Förderungen wirken nicht langfristig produktiv

Nicht erst seit der Corona-Krise versuchen Staaten und Regierungen, mit Staatsgeldern ganze Wirtschaftszweige anzukurbeln. Dass staatliche Investitionen, Interventionen und Subventionen in betriebswirtschaftlich agierenden Branchen mehr schaden denn nutzen ist lange wissenschaftlich belegt und empirisch erforscht. Doch anstatt die Steuergelder in Bildung, Forschung, Gesundheit und Infrastruktur zu investieren, werden Lufthansa, TUI, Airbus & Co gerettet. Ein warnendes Beispiel sollten uns Landwirtschaft und Fischerei sein, die seit Jahrzehnten mit Agrarsubventionen in eine Richtung gesteuert werden, die weder für Landwirte und Fischer noch die Natur an Land und unter Wasser und schon gar nicht für die Wirtschaft in Entwicklungsländern nachhaltig ist. Vertrauen bilden staatliche Investitionen, Interventionen und Subventionen in die Privatwirtschaft zudem nicht, schließlich suggerieren auch sie uns, die Lage sei zu schlimm um auf normalem Wege heraus zu kommen. Was sie schaffen sind Abhängigkeiten, Ineffizienzen und verminderte Produktivität. Aus der Krise werden sie uns nicht führen.

Vertrauen und Stabilität als Grundlage für Wachstum

Transparenz, Mitbestimmungsmöglichkeiten als Stakeholder, stabile und vorhersehbare Rahmenbedingungen, ein gesundes Finanzsystem, eine der gesamten Bevölkerung zugängliche Bildungs- und Gesundheitsinfrastruktur, finanziert durch ein gerechtes System aus Abgaben und Steuern und faire Wettbewerbsbedingungen für kleine und große Unternehmen sind wichtige Voraussetzungen für Menschen, positiv in die Zukunft zu blicken. Wachstum ist kein Konstrukt des Staates, sondern ein Ergebnis der Leistung von Menschen, die in Unternehmen Mehrwert schaffen. Wer das als Unternehmer und Risikomanager erkennt, stellt nicht die Analyse von Inflationsdaten, Zinssätzen und Wechselkursen an erste Stelle, sondern das Vertrauen und die Zuversicht von Konsumenten und Unternehmern. Denn ohne Vertrauen in eine gute Zukunft werden wir weder Investitionen noch Konsum sehen und damit auch kein Wachstum, keine Inflation und keine höheren Zinsen, ganz gleich wie hoch der Staat sich noch verschuldet oder wie viele Wertpapiere die Zentralbanken noch auf ihre Bilanzen packen.