InvestmentbankingBörsengänge von Unternehmen werden seit vielen Jahrzehnten ganz klassisch und immer wieder gleich über eine oder mehrere der großen, internationalen Banken abgewickelt. Mit ihren großen Abteilungen für das klassische Investmentbanking verdienen die Banken blendend. Sieht man sich die Bilanzen der großen Institute wie Deutsche Bank, JP Morgan Chase, Bank of America Merrill Lynch, Morgan Stanley, Goldman Sachs, Citi, HSBC, ect. an, so fällt auf, dass der fetteste Brocken im Investmentbanking verdient wird, und nicht im klassischen Einlagen- und Kreditbereich.

Was verdient eine Bank an einem Börsengang? Ein durchschnittliches IPO (Initial Public Offering) hat eine Größe von etwa 100 Mio Euro. Im Schnitt muss das Unternehmen, das an die Börse will, für die Investmentbank, die Anwälte, Wirtschaftsprüfer und Börsengebühren 8,2% an Kosten zahlen. Das macht bei 100 Mio Euro einen stolzen Betrag von 8,2 Mio Euro. Davon macht den Hauptteil der sogenannte „Underwriter’s Discount“ aus, also die Gebühren, die das Unternehmen vom Erlös an die Investmentbank zahlten muss. Diese liegen im Schnitt zwischen 5% – 7%.  Nicht schlecht, vor allem, da der Aufwand hierzu in keiner Relation steht. Der Reingewinn für die Bank ist hoch. Dabei werden Börsengänge von vielen der großen Investmenthäuser am laufenden Band durchgeführt, sozusagen am Fließband. Die Abläufe sind immer ähnlich, und damit der Aufwand für das einzelne IPO begrenzt. Bei den großen Börsengängen in Milliardenhöhe kann sich jeder ausrechnen, was für die Bank hängen bleibt. Das sind dann die richtig dicken Fische mit denen die Milliardengewinne erwirtschaftet werden.

Was macht die Emissionsbank nun genau? Sie macht häufig vorab zusammen mit den Wirtschaftsprüfern eine Due Diligence, prüft also, ob im Unternehmen alles korrekt abläuft. Danach erstellt die Bank zusammen mit renommierten und spezialisierten Anwaltskanzleien und dem Unternehmen den Emissionsprospekt sowie diverse Präsentationsunterlagen. Den Prospekt erstellen großteils die Rechtsanwälte, die vom Unternehmen extra bezahlt werden. Um die bunten Präsentationsunterlagen kümmern sich die Neulinge in den Banken, die sogenannten Analysts, die oft bis in die frühen Morgenstunden nichts anderes tun, als Zeilenabstände zu prüfen und die Layoutierung der Farbskala genau anpassen. Das Kernstück der Arbeit und auch der Expertise und Wertschöpfung durch die Investmentbank liegt aber im nächsten Schritt. Dem Kontakt und dem Gespräch mit potenziellen Großinvestoren. Denn die Banker kennen aufgrund ihrer Erfahrung und Arbeit viele der großen Fondsmanager, Versicherungen und institutionellen Investoren, welche die neuen Aktien des Unternehmens kaufen könnten. Die Banker rufen unzählige mögliche Investoren an, schicken Emails, Präsentationen, organisieren Telefonkonferenzen, besuchen sogar den ein oder anderen persönlich, und veranstalten sogenannte Roadshows. Das sind Einladungen zu einer Unternehmenspräsentation plus Buffet in verschiedenen Städten und Ländern sowie oft einem Gespräch mit dem Vorstand oder anderen wichtigen Vertretern des Unternehmens, das an die Börse gehen wird. Die Bank nimmt danach die Kaufaufträge entgegen. Zuguterletzt bestimmt die Investmentbank anhand der Nachfrage den ihrer Meinung nach besten Emissionspreis, teilt die Aktien den Kaufinteressenten zu und kümmert sich in vielen Fällen noch um die Liquidität an den ersten Handelstagen. Im Grunde ist ein IPO keine Hexerei.

All das mag viel Zeit kosten, aber die tatsächlichen Kosten halten sich sehr in Grenzen. Mit durchschnittlich 5% – 7% sind Banken bei IPOs deshalb absolut überbezahlt. Der Großteil bleibt als Gewinn bei den Investmentbanken zurück. Es ist sozusagen die Maut für den Kontakt zu den Investoren.

Doch ist das Prinzip, das seit so vielen Jahrzehnten unverändert geblieben ist, noch zeitgemäß? In der heutigen, vernetzten Welt könnte sich ein Unternehmen viele Informationen selbst besorgen. Den Prospekt kann die renommierte Anwaltskanzlei schreiben, aber das kostet keine Millionen, sondern bei kleineren IPOs wahrscheinlich „nur“ einige Hunderttausend. Die Infos über potenzielle Investoren könnte sich ein Unternehmer über Register ähnlicher Unternehmen besorgen, die ihre größten Anteilseigner häufig veröffentlichen. Die großen Investoren abzuklappern und mit Informationen zu versorgen kann danach nicht mehr allzu schwer sein. Werbung über Internet und soziale Netzwerke für den Börsengang sowie diverse Medien könnte ein Unternehmen an eine Werbeagentur auslagern, die dafür wahrscheinlich auch keine Millionen nehmen würde.

Anzudenken wäre auch, ob über kurz oder lang auch IPOs über Crowdfunding Plattformen stattfinden könnten. Derzeit ist das gesetzlich verboten, aber die Zeiten bleiben nicht stehen. Die Lobby der Investmentbanken ist allerdings sehr stark und wird sich gegen eine Liberalisierung von Börsengängen mit Händen und Füßen wehren.

Derzeit kommt man zumindest für gewisse Leistungen eines IPOs nicht an einer Bank vorbei. Unternehmen könnten die Kosten eines IPOs aber möglicherweise dramatisch reduzieren, wenn sie viele der Aufgaben selbst übernehmen würden. Auf der Strecke blieben die Milliardengewinne von Morgan Stanley, Goldman & Co.