Earnings per Share (EPS) oder der Gewinn pro Aktie wird häufig als eine der wichtigsten Messgrößen bei der Anlayse von Aktien bezeichnet. Vor allem die Wachstumsraten des EPS werden von vielen Investoren als besonders aussagekräftig geschätzt. Zudem fließen die EPS Werte direkt in die Berechnung des KGV (Kurs-Gewinn-Verhältnisses) mit ein. Dabei können diese beiden Indikatoren von Unternehmen sehr einfach manipuliert werden.
Das EPS (Earnings per Share) wird berechnet aus dem Gewinn des Unternehmens abzüglich Vorzugsdividenden, dividiert durch die gewichtete durchschnittliche Anzahl ausstehender Aktien. Hat ein Unternehmen also 11 Mio Euro Gewinn gemacht, zahlt davon 1 Mio Euro an Vorzugsdividenden, bleiben 10 Mio Gewinn übrig. Das Unternehmen hatte im Schnitt des Jahres 5 Mio Aktien ausstehen. Macht also 10 Mio dividiert durch 5 Mio = 2 Euro pro Aktie Gewinn. Je höher der Gewinn je Aktie, desto attraktiver ist das Unternehmen für Investoren.
Das EPS fließt danach in die Berechnung des KGV (Kurs-Gewinn-Verhältnis) mit ein. Hier wird der Aktienkurs durch das EPS dividiert. Liegt der Aktienkurs in unserem Beispiel also bei 20 Euro, so hätten wir 20 Euro dividiert durch 2 Euro = ein KGV von 10. Investoren bevorzugen niedrige KGVs, da hier der Gewinn im Verhältnis zum Aktienkurs höher ist. Wäre unsere Aktie also nur 10 Euro wert, so hätten wir ein KGV von fünf.
Unternehmen haben also ein Interesse daran, ein möglichst hohes EPS und möglichst niedriges KGV zu haben, um für Investoren attraktiv zu sein. Das lässt sich durchaus beeinflussen! Deshalb ist vor allem das EPS ein trügerischer Indikator!
Wie Unternehmen ihr EPS beeinflussen können? Ganz einfach durch Aktienrückkäufe. Diese sind vor allem in den USA an der Tagesordnung. Dort haben Rückkäufe eigener Aktien eine lange Tradition. Allein für das Jahr 2015 sind Rückkaufprogramme im Wert von 1 Billion USD geplant! Dividenden sind in den USA nicht so verbreitet wie in Europa. Durch Aktienrückkäufe ermöglichen es Unternehmen ihren Investoren, entweder an höheren Kursen dank der Rückkäufe zu partizipieren, oder, wenn sie lieber eine Ausschüttung ähnlich einer Dividende hätten, einen Teil ihrer Aktien über das Rückkaufprogramm zu verkaufen und so einige Dollar ausbezahlt zu bekommen, wobei das Aktienpaket, das übrig bleibt, dank der Kurssteigerung den gleichen Wert wie vorher haben sollte. Das hat auch steuerliche Vorteile vor allem für jene, die den Cashflow einer Dividende gerade nicht benötigen. Ein anderes, wichtiges Argument ist auch, dass Dividenden häufig zur Tradition werden, und Investoren entweder eine jährlich gleichbleibend hohe oder jährlich steigende Dividende erwarten. Aktienrückkäufe kann man immer mal durchführen oder auch nicht, je nach Gewinnlage, ohne Investoren damit zu enttäuschen. Andere Unternehmen wiederum verwenden Aktienrückkäufe, um die in den USA auch weit verbreiteten Aktienoptionen für Mitarbeiter wieder aus dem Markt aufzusaugen. Sozusagen als steuergünstige Gehaltskomponente für meist leitende Angestellte und Vorstände.
Investoren in Europa bevorzugen Dividenden. Diese sind transparent und geben Investoren einen wirklichen Wert zurück. Auch in Europa gibt es aber eine Zunahme an Aktienrückkaufprogrammen. In 2011 etwa bei der Deutschen Telekom, und in den letzten Jahren bei Unternehmen wie EADS, United Internet, Fresenius Medical Care, Pulsion oder der Software AG.
Für das EPS und das KGV wird es im Falle von Aktienrückkäufen problematisch und Investoren müssen genauer analysieren. Denn kauft ein Unternehmen Aktien zurück, reduzierte sich die Anzahl der ausstehenden Aktien. Damit erhöhen sich die Gewinne je übrig gebliebener Aktie. Denn der Gewinn muss dann natürlich auf weniger Aktien aufgeteilt werden und pro verbleibender Aktie fällt auch der Gewinn höher aus. Kauft also unser Unternehmen aus dem Beispiel oben mit seinen 5 Mio Aktien im darauffolgenden Jahr 500.000 Aktien zurück, und der Gewinn bliebe gleich, würde aus dem EPS von 10 Mio / 5 Mio = 2 plöztlich 10 Mio / 4,5 Mio = 2,22 werden. Ergibt also eine Wachstumsrate des EPS von sage und schreibe 11%. Nicht schlecht, werden viele Investoren denken, das Unternehmen hat sich prächtig entwickelt. Dass der Gewinn gleich geblieben ist und sich lediglich die Anzahl der ausstehenden Aktien geändert hat, werden viele Investoren, die nur auf die Kennzahlen achten, möglicherweise gar nicht bemerken.
Ähnlich verhält es sich mit dem Kurs-Gewinn-Verhältnis. Das Rückkaufprogramm verändert auch den Aktienkurs. In der Regel steigt dieser im Rahmen eines Aktienrückkaufprogramms durch die gesteigerte Nachfrage an. Das muss allerdings nicht immer in genau dem Verhältnis der Fall sein, das notwendig wäre, um das KGV konstant zu halten. Denn oftmals nutzen Investoren mit großen Aktienpaketen die zusätzliche Liquidität, um große Volumen im Markt zu platzieren. Würde in unserem obigen Beispiel also der Kurs durch den Rückkauf von 20 auf 23 steigen, so wäre das neue KGV 23 / 2,22 = 10,36 (vorher war das KGV bei 10). Wäre der Kurs sogar auf 25 gestiegen, läge unser neues KGV bei 25 / 2,22 = 11,26.
Tatsache ist, dass Aktienrückkäufe die Kennzahlen verändern und Unternehmen mit dem Rückkauf eigener Aktien die für viele Investoren wichtigen Kennzahlen wie EPS und KGV manipulieren können. Für Investoren bedeuten Aktienrückkaufprogramme deshalb nicht nur in der Regel steigende Kurse, sondern auch einen steigenden Aufwand bei der Analyse der Fundamentaldaten.