Insiderhandel das größte Problem. Noch immer!

Eines der häufigsten Vergehen, die in der Finanzindustrie entdeckt und geahndet werden, ist tatsächlich nach wie vor Insiderhandel, also das Ausnutzen nicht-öffentlicher Informationen, um daraus einen finanziellen Vorteil zu erzielen. In einer derart vernetzten Zeit mit einer automatisierten Datenverarbeitung und der Möglichkeit von Algorithmen, um beispielsweise Terminmärkte und Kassamärkte sowie die unterschiedlichsten Handelsplätze zu verlinken und auszuwerten, überrascht das ein wenig. In gut überwachten Märkten wie den USA (im Jahr 2017 knapp 2.000 Verdachtsfälle) oder der Europäischen Union (in Deutschland untersuchte die Bafin 2017 immerhin 344 Verdachtsfälle, von denen sich 60 bestätigten) mag die Vielzahl der verfolgten Fälle aber auch gerade in einer besseren, elektronischen Vernetzung und Dokumentation von Geschäften liegen. In anderen Ländern hingegen, in denen die behördliche Marktüberwachung diesen Namen aufgrund von Korruption, Unwissenheit oder schlichter Unfähigkeit nicht verdient, gibt es entsprechend weniger Fälle. Ganz prominent wird derzeit die Lage in Mexiko von diversen Medien beleuchtet. Es ist allerdings davon auszugehen, dass es auch in einer Vielzahl anderer, intransparenter Länder, in denen ohnedies Korruption und Machtmissbrauch an der Tagesordnung sind, nur so von Insidergeschäften wimmelt. Insider Trading dürfte also an den meisten Finanzmärkten der Welt eher die Regel als die Ausnahme sein. Eine durchaus beunruhigende Tatsache!

Anlegerbetrug

Dort wo Geld ist, ist auch Betrug, und unehrliche, rücksichtslose Betrüger haben schon immer versucht, mit mehr oder weniger geschickten Maschen an das Vermögen anderer zu kommen. Ob über fingierte Brokeranrufe aus sogenanten Boiler Rooms, die im Film Der Wolf der Wall Street wunderbar beschrieben werden, aber auch heute noch aktiv um die Gelder ihrer Opfer buhlen, Pyramidenspiele oder Betrug mit scheinbar tollen und reditestarken Finanzanlagen. Viele Fälle werden nie gemeldet weil sich die Opfer schämen, den Betrügern auf den Leim gegangen zu sein, und selbst wenn Fälle gemeldet werden, ist es nicht garantiert, dass die Betrüger auch dafür zur Rechenschaft gezogen werden können. Viele auch bekannte Anlagebetrüger können ihr böses Werk oft über Jahrzehnte ungehindert fortsetzen. Berühmt wurde zum Beispiel der Fall von Mehmet Göker, der am Ende nicht wegen Anlegerbetrug vor Gericht kam, sondern aufgrund von Steuerhinterziehung.

Geldwäsche

Nach wie vor eines der größten Probleme trotz mannigfacher Regulierung, strengen Strafen und engmaschiger Überwachung ist die Geldwäsche. Geldwäsche, das ist die Verschleierung der Herkunft illegal eingenommener Finanzmittel (z.B. durch Drogenverkauf, Schwarzarbeit, Schmiergelder, Korruption, etc.) durch das Einschleusen in den legalen Finanzkreislauf. Allein in den USA hat das Financial Creimes Enforcement Network im Jahr 2017 sage und schreibe 1.012.423 Verdachtsfälle von Geldwäsche untersucht! Dass Geldwäsche auch in Europa ein großes Problem ist haben die Aufsichtsbehörden und Gesetzgeber erkannt, und im April 2018 hat das Europäische Parlament einem Entwurf für die Änderung der vierten EU-Geldwäscherichtlinie zugestimmt. Dadurch soll die Überwachung und Überprüfung aller Konten und Zahlungsströme innerhalb der EU noch engmaschiger werden.

Marktmanipulation

Auch Marktmanipulation ist nach wie vor ein riesiges Problem. Es handelt sich hier beispielsweise um das vorsätzliche Aussenden falscher Signale, was Angebot und Nachfrage betrifft, um den Kurs eines Wertpapiers oder Finanzinstruments zum eigenen Vorteil zu beeinflussen. Es geht aber auch um „Wash Trades“ (Insichgeschäfte), also das simultane Kaufen und Verkaufen durch die selben Geschäftspartner, um Volumen zu suggerieren oder Transaktionsgebühren zu lukrieren. In der Europäischen Union gibt es die Marktmissbrauchsverordnung (Verordnung (EU) rn. 596/2014), in der die Rahmenbedingungen und Definitionen deutlich verschärft wurden. Trotzdem ist gerade das Thema Markmanipulation noch immer täglich auf der Tagesordnung von Überwachungsbehörden. Allein in den USA wurden im Jahr 2017 in 1.596 Verdachtsfällen durch die FinCEN Ermittlungen aufgenommen. In Deutschland untersuchte die BaFin im  im Jahr 2017 2.467 Verdachtsfälle, von denen sich 181 bestätigten.

Verschweigen von Interessenkonflikten und mangelnde Risikoaufklärung

Die Dinge schön zu reden und dabei nicht über Interessenkonflikte oder das mit einem Finanzprodukt verbundene Risiko aufzuklären sind trotz diverser, neuer Anlegerschutzgesetze noch immer sehr häufig anzutreffende Fehlverhaltensweisen im Finanzmarkt. Das kritisiert auch Jeffrey Stith, der für das CFA Institute den Bereich Compliance leitet. Immer wieder kommt es zu falschen Performancedarstellungen, dem Verschweigen von Interessenkonflikten oder eben der fehlenden oder mangelnden Risikoinformation.

Gesetzeskonformes und ethisches Verhalten sind nicht ident!

Gerade wenn es um viel Geld geht werden gerne „kreative“, legale Umgehungen gesucht, von der internationalen Steueroptimierung über die Verwendung diverser luxemburger Spezialvehikel bis hin zur regulatorischen Arbitrage, um völlig gesetzeskonform nochmals den ein oder anderen Euro mehr lukrieren zu können. Wenn es um Geld geht, hört bei vielen Menschen leider die Moral auf. Übrigens nicht nur an den Finanzmärkten.

Aus Anlegersicht bedeuten die Zahlen der Finanzvergehen, weiterhin vorsichtig zu sein und niemandem, auch nicht „dem Markt“ und „den Experten“ blind zu vertrauen. Ein gewisses Maß an kritischem Hinterfragen bleibt nach wie vor notwendig.

Lassen Sie mich mit einem Zitat der amerikanischen Entertainerin Oprah Winfrey schließen, das diese im Mai 2018 über Gesetz und Moral gesagt hat: “Don’t ever confuse what is legal with what is moral because they are entirely different. Do the right thing. Especially when no one’s looking.”