Wieviel ist das Geld wert?

In Ländern wie Venezuela oder dem Südsudan müssen Sie aktuell Ihr Geld für einen Einkauf beim Bäcker in der Schubkarre transportieren, so wie in Zimbabwe in den 1990er Jahren oder in Deutschland nach dem 1. Weltkrieg. Das Geld ist „nichts mehr wert“, zumindest nicht die Geldscheine des jeweiligen Landes. Doch auch sonst ist Inflation, also die Abnahme der Kaufkraft von Geld, immer wieder spürbar. Ob es nun die Kugel Eis beim Eismann ist, die heute einen Euro oder mehr kostet, und vor 10 oder 20 Jahren noch deutlich günstiger war, oder das Bier in der Kneipe.

Preise für Produkte und Dienstleistungen verändern sich – unterschiedlich!

Doch Inflation ist keinesfalls ein einheitliches Phänomen! Produkte verteuern sich in unterschiedlichen Raten zu Dienstleistungen, und nicht jedes Produkt oder jede Leistung wird zwangsweise immer teurer. Kleidung, Elektronik oder Flugreisen hinken bekanntlich im Preis eher hinterher, und manches wird sogar günstiger. Milchprodukte oder Fleisch waren vor 50 Jahren noch Luxus, das Angebot überschaubar. Heute bekommen Sie Joghurt bereits für wenige Cent. Auch Dienstleistungen werden nicht zwangsweise teurer. Die Arbeitsstunde des Installateurs mag über die Jahre teurer geworden sein, die Gebühren für die Kontoführung oder die Jahresgebühren einer Kreditkarte sind dageben unter Umständen sogar auf Null gesunken.

Inflation trifft jeden anders

Dabei ist Inflation nicht nur für jedes Produkt und jede Dienstleistung unterschiedlich, sie trifft damit auch unterschiedliche Gruppen der Bevölkerung verschieden stark. Geringverdiener, Familien, Senioren, Autofahrer, Bewohner von Ballungszentren, je nach Schwerpunkte im Konsum spüren Menschen die Kaufkraft oder ihren Verlust unterschiedlich intensiv. Mieten in Großstädten, der Ölpreis, Gebühren und Abgaben für öffentliche Leistungen, Preise für bestimmte Dienstleistungen, wie alle Preise verändern sie sich im Laufe der Zeit.

Kann man Inflation in eine einzige Zahl fassen?

Inflation ist also sehr individuell. Diese vielen Preisveränderungen in eine einzige Zahl zu fassen mag Sinn machen oder auch nicht. Die statistischen Bundesämter versuchen es dennoch und berechnen für alle möglichen Länder und Bereiche sogenannte Warenkörbe, in die sie nach Gutdünken verschiedene Güter und Dienstleistungen packen und über die Zeit beobachten. Dass in vielen Inflationsberechnungen Tabak explizit fehlt hat rein politische Gründe. Zudem gibt es jede Menge unterschiedlicher Inflationskörbe, manchmal mit und manchmal ohne Energiekosten oder Nahrungsmittel, die sich schnell im Preis verändern können, auf mehrere Länder bezogen wie der Europäische CPI oder auf einzelne Regionen und Länder beschränkt. Der Inflationsexperte Jens Libuda kritisiert zu Recht, dass die Verwendung breiter Indizes als Inflationsschutz und sinnvolle Maßzahl für das Individuum nicht zielführend ist.

Die volkswirtschaftliche Theorie hinkt hinterher

Die Gründe für Inflation sind dabei ebenso vielfältig wie die Erklärungsversuche und die Versuche der Einflussnahme auf ihre Entwicklung. So meinte beispielsweise der berühmte Ökonomen Milton Friedman, dass Inflation ausschließlich auf die Geldmenge zurückzuführen sei, und die Zentralbank schlicht die Geldmenge kontrollieren müsse um die Inflation zu beeinflussen. Was er dabei natürlich vergisst ist der internationale Handel, Veränderungen in Produktionsweisen, Effizienzsteigerungen, die Wechselwirkungen von Angebot und Nachfrage, aber auch negative Einflüsse wie das Sinken von Produktivität in Folge politischer Einflüsse wie Regulierungen und Vorschriften, Preiskontrollen oder Steuererhöhungen.

Wir wissen dass wir viel zu wenig wissen

Inflation ist ein komplexes Thema, das leider viel zu häufig nebenher und vereinfacht abgetan wird. Langsam finden sich jedoch auch Ökonomen, die zugeben, dass die Volkswirte und Zentralbanker dieser Welt viel zu wenig über die Zusammenhänge, Gründe und Auswirkungen von Inflation wissen. Wieviel Inflation ist gut, ab wann schadet Inflation, und wem schadet sie wann und warum am meisten? Warum und wie wirkt sich „die“ Inflation auf das Wirtschaftswachstum, auf die Nachfrage, das Angebot oder die Arbeitslosigkeit aus? Kann Inflation überhaupt zentral gesteuert werden, und welchen Einfluss haben die Leitzinssätze einer Zentralbank tatsächlich? Viele Fragen bleiben offen. Nur eines steht fest: Inflation ist ein komplexes Thema, bei dem einfache Theorien und Erklärungen nicht ausreichen.