Briefkastenfirmen in sogenannten Offshore Destinationen sind derzeit in aller Munde. Die „Panama Papers“, die das Vehikel von Zweckgesellschaften erstmals in diesem Ausmaß einer breiten Öffentlichkeit aufzeigen, schlagen hohe Wellen. Dabei ist das Thema weder neu noch die in den Panama Papers verwendeten Vehikel besonders kreativ oder ausgefallen. Die im Volksmund als Briefkastenfirmen bezeichneten Zweckgesellschaften gibt es bereits seit vielen Jahrzehnten. Und dabei muss man nicht mal bis in die Karibik gehen, um fündig zu werden. Luxemburg und Lichtenstein liegen viel näher. Dann wären da noch die USA mit idealen Destinationen wie Delaware oder Nevada.
Liest man die Zeitungen in diesen Tagen, könnte man meinen, den Begünstigten von anonymen Offshore Firmen geht es ausschließlich um Steueroptimierung. Tatsächlich aber können die Motive ausgesprochen vielfältig sein. Gemeinsam haben sie wohl in den meisten Fällen tatsächlich, dass sie das Vorhandensein von Geld vor jemand anders verstecken sollen. Das muss aber nicht zwangsweise das Finanzamt sein.
Da wären etwa die Russen, die Geld in anonyme Konten und Firmen verschoben haben. Laut einem Bericht im Time Magazine vom 14. März diesen Jahres hat Putin seinen reichen Oligarchen und hohen Beamten nahe gelegt, sämtliches Vermögen aus dem Ausland zurück nach Russland zu bringen. Wer nicht folgt – und das gilt laut Time Magazine auch für Familienangehörige und deren Vermögen – hat mit ernsten Konsequenzen zu rechnen. Was also tun mit Geld, das ein reicher, russischer Geschäftsmann nicht zurück nach Russland schicken möchte? Er parkt es in einer Offshore Gesellschaft, die nicht auf seinen Namen lautet. Wenn das stimmen sollte, ist es wohl kein Wunder, dass viele Namen in den Panama Papers den engeren Kreis rund um Putin betreffen. Zumindest gehörten sie zum engeren Kreis, bevor die Panama Papers ihre geheimen Vermögen öffentlich gemacht haben.
Dann wären da natürlich jene, die ihr Geld vor diversen Embargos und Sanktionen verstecken wollen. Niemand will freiwillig, dass sein Geld konfisziert wird. Also mal lieber anonym parken.
Gelder aus Korruption, Waffenhandel, Drogenhandel und sonstigen illegalen Geschäften muss selbstverständlich ebenfalls versteckt werden. Aber auch ganz banale Gründe können jemanden motivieren, Vermögen sozusagen unsichtbar zu machen. Das plötzliche Verschwinden von Geld im Zuge von Rosenkriegen und vor Scheidungen ist nicht selten. Da wird dann schon mal Vermögen vor zukünftigen Ex-Frauen oder manchmal auch Ex-Männern versteckt, und manchmal auch vor Erben oder möglichen Erben.
Viele der nun offen gelegten Vermögen betreffen auch Geschäftsleute und Profiteure aus diktaturähnlichen Staaten. Diese Gelder werden versteckt, da man nie wissen kann, was die Zukunft an Machtverhältnissen bringt. Es könnte jederzeit zu einem Putsch kommen, bei den nächsten Wahlen die andere Partei an die Macht kommen oder man plötzlich aus welchen Gründen auch immer die Gunst des Herrschers verlieren. In einem solchen Fall wäre das angesammelte Vermögen womöglich schnell konfisziert und weg. Um Steuern geht es in solchen Staaten eher selten.
Vergessen wir aber auch nicht jene, die irgendwelche Regulierungen umgehen wollen. Eine Zweckgesellschaft ist schnell aufgesetzt und bietet neben völlig legalen Steuervorteilen auch ein gutes Versteck für nicht ganz saubere oder genehmigte Anlagen.
Ganz billig ist die Sache meist aber nicht. Für die Gründung muss man über spezielle Anwälte gehen und es fallen laufende Kosten an. Deshalb eignet sich die Sache auch nur dann, wenn die Vorteile die Kosten überwiegen.
In Delaware in den USA etwa kann man zwar sehr schnell, einfach und anonym eine Limited Liability Company gründen. Bei der Eintragung einer Limited Liability Company im kleinen Delaware dürfen die Namen des Managements und der tatsächlichen Eigentümer geheim bleiben. Gewinne, die außerhalb Delawares erwirtschaftet wurden, sind komplett steuerfrei. Gründungsdauer? Eine Stunde. Mindestkapital? Gibt es nicht! Publizitätspflichten, Buchhaltungspflichten oder Bilanzierungspflichten? Keine! Vorstandssitzungen am Ort der Gesellschaft? Nein! Informationen, wo das Geld herkommt? An niemanden! Allerdings muss jede Delaware LLC jährlich eine sogenannte „Franchise Tax“ zwischen 175.000 USD und 360.000 USD bezahlen.
Fazit: Man muss nicht bis nach Panama, um Unmengen ganz legaler Briefkastenfirmen zu finden. Versteckt wird Vermögen dort aber nicht nur vor dem Fiskus, sondern durchaus schon mal vor dem Ehepartner, den Erben, den aktuellen Machthabern, anderen Staaten und deren Embargos sowie Staatsanwälten und Strafverfolgern.