BahlConsult GmbH: Ihre Experten für strukturierte Investments und DerivateBernie Sanders mag wenig Hoffnung auf das Präsidentenamt haben. Die Wall Street und große Konzerne dürfte das mit Sicherheit freuen. Bernie Sanders wettert ohne Unterlass über das ungerechte System, das die durch und durch böse Wall Street seiner Meinung nach verkörpert. Seine Kritik daran, wie die Finanzwelt tickt, mag in vieler Weise überzogen sein, bietet aber dennoch in diversen Punkten Denkanstöße.

Ein großer Vorwurf Sanders ist, dass Unternehmen die Ungleichverteilung von Vermögen durch hohe Dividenden und Aktienrückkaufprogramme fördern und verstärken. Sie zahlen ihren ohnehin wohlhabenden Aktionären riesige Summen an Geld, anstatt damit Investitionen zu tätigen und Wachstum zu fördern.

Vor allem in den Vereinigten Staaten ist der Hype um Aktienrückkäufe enorm und der Druck auf Unternehmen hoch. Tatsächlich sind in den USA seit 2015 bei den Unternehmen des S&P500 die Abflüsse in Form von Rückkäufen und Dividenden erstmals höher als die Einnahmen aus dem operativen Geschäft.

Investitionen in neue Technologien, Erneuerungen und Modernisierungen veralteter Anlagen, Gebäude und Ausrüstung, Geld für Forschung und Entwicklung, Bildung und organisches Wachstum, all das schafft Wettbewerbsfähigkeit, sorgt aber gleichzeitig auch für Wirtschaftswachstum, Arbeitsplätze, Standortsicherheit, und multipliziert sich und trägt sich in andere Branchen und Dienstleistungen weiter. Am Ende landet vieles, das investiert wird, in Form von Löhnen und Gehältern in den Taschen der normalen Arbeiter und Angestellten. Diese wiederum sparen wenig, zahlen Steuern und das Geld geht wieder in Umlauf.

Dividenden und Aktienrückkäufe hingegen landen großteils bei den ohnedies Wohlhabenden, die auf das Geld meist wenig oder gar nicht angewiesen sind. Sie sparen das Geld eher, da sie es nicht unmittelbar zum Leben benötigen. Sie investieren tendenziell eher wieder in den Kapitalmarkt oder kaufen sich Immobilien. Diese generieren zwar Erträge für ihre Eigentümer, schaffen aber wenig bis kein allgemeines Wirtschaftswachstum.

Doch auch die Unternehmen selbst leiden unter ihrer geringen Investitionstätigkeit. Produktionsanlagen veralten, Produkte werden nicht weiterentwickelt, und irgendwann ist das Unternehmen nicht mehr konkurrenzfähig. Es kommt zu Sparmaßnahme, Entlassungen, Verkäufen oder Standortschließungen. Wenn es so weit ist, sind die Aktionäre und Kapitalgeber schon lange weiter gezogen. Zurück bleiben die vielen Beschäftigen, die ihre Arbeit verlieren, Städte und Regionen, die unter dem Niedergang leiden, und die bittere Erkenntnis, dass die ein oder andere Entscheidung für hohe Kapitalabflüsse doch nicht so gut gewesen sein mag.

In Europa hält sich der Trend zu Aktienrückkäufen glücklicherweise noch in Grenzen. Doch auch hier ist der Druck zu spüren, den große, meist US-amerikanisch geprägte Investoren auf börsengelistete Unternehmen ausüben. Sie wollen höhere Dividenden, höhere Ausschüttungen des Unternehmensgewinns. Bei vielen großen Unternehmen in Europa gibt es sie noch, die starken und langfristig orientierten Kernaktionäre und Gründerfamilien, die sich dem Erhalt des Unternehmens verpflichtet fühlen. Da bleibt nur zu hoffen, dass sich der Trend der ultra kurzfristigen Aktionärskultur in Europa nicht allzu sehr breit macht und Aktienrückkaufprogramme und Dividenden auch in Zukunft nicht zu Lasten der nachhaltigen Investitionen gehen.