Repackagings: Verstecke für nicht genehmigte Investments?

Herr M., Fondsmanager des Unternehmens A., ist aufgeregt. Ein Banker, mit dem Herr M. regelmäßig Geschäfte macht, hat Herrn M. ein absolut grandioses Investment vorgestellt. Es geht um eine Beteiligung an einem neuen Windkraftpark. Die Renditen, die der Banker verspricht, liegen bei 12% pro Jahr. Was soll Herr M. da noch über normale Staats- oder Bankanleihen nachdenken, für die er derzeit oft nur um die 1% bekommt? Herr M. hat allerdings ein Problem. Er darf für sein Portfolio keine Beteiligungen kaufen. Seine Anlagevorschriften schreiben ihm vor, dass er mindestens 70% Anleihen und Schuldscheindarlehen halten muss, und den Rest entweder in Blue Chip Aktien oder Bargeld. Dabei kämen Herrn M. die 12% gerade recht, denn dieses Jahr sieht die Performance seines Fonds noch sehr mager aus. Da wird es wohl nichts werden mit dem Bonus und dem schönen Urlaub, den er seiner Familie versprochen hat.

Doch zum Glück hat der Banker eine Lösung für Herrn M. Der Banker nimmt gleich zu einer ihm bekannten, etwas dubiosen aber wohlklingenden Investmentbutze Kontakt auf. Diese betreibt mehrere SICAV Investmentgesellschaften in Luxemburg. Dort wird kurzerhand für Herrn M. ein neues „Compartment“ oder Subfonds eröffnet. Jedes Compartment stellt dabei eine eigene Konkursmasse dar, kann also im Fall des Falls nicht von anderen Investments der SICAV (Société d’Investissement à Capital Variable) in Mitleidenschaft gezogen werden. Das neu eröffnete Compartment – es dauert gerade einmal drei Wochen, bis es soweit ist – erhält einen klingenden Namen, in etwa so kreativ wie „Wirklich Seriöses Investment VII – WSI VII“. Das neue Compartment WSI VII also wird von den üblichen Direktoren des Verwaltungsrates und dem Administrator der SICAV gegen eine saftige Gebühr verwaltet. Die Dokumente erstellt eine der üblichen auf diesem Gebiet tätigen, teuren englischen Anwaltskanzleien. Die Unterlagen sind in kompliziertem Englisch verfasst, der Basisprospekt allein umfasst mehrere hundert Seiten, und auch sonst ist alles möglichst kompliziert gehalten und mit mathematischen Formeln gespickt. Das kostet selbstverständlich. Die Investmentbutze bekommt natürlich auch regelmäßig eine Gebühr für ihre Dienste. Und der Banker behält sich klarerweise eine gewisse Marge ein.

Das neue Compartment WSI VII also kauft nun die Beteiligung an dem Windpark. Dazu muss der WSI VII noch einige weitere Beteiligungen kaufen, denn er darf maximal 30% in ein und dasselbe Investment investieren. Das freut den Banker, denn er hat natürlich noch mehr interessante Vorschläge im Programm. Danach gibt das Compartment Anleihen aus, deren Wertentwicklung und Zinszahlungen an die Wertentwicklung des WSI VII Fonds gebunden sind. Herr M. ist der einzige Investor. Aber das ist normal, denn die meisten Compartments dieser SICAV haben nur einen oder eine handvoll Investoren.

Herr M. ist zufrieden. Er hat in eine neue Anleihe investiert, und gleichzeitig das Risiko des Windparks in sein Portfolio genommen. Die Rendite wird zwar nach Abzug aller Gebühren deutlich niedriger liegen, aber mit den versprochenen 6% kann Herr M. auch noch leben. Ob sich die Rendite am Ende tatsächlich realisiert und ob Herr M. das Geld wiedersehen wird, das wird sich zeigen.

Die Compliance von Herrn M. scheint übrigens auch zufrieden, denn sie sieht eine neue europäische Anleihe im Portfolio des Herrn M. Die Formel dahinter verstehen die Mitarbeiter der Compliance nicht, und um den dicken Prospekt zu lesen, dafür haben sie keine Zeit. Eine luxemburger ISIN sowie die Rechtsform Anleihe sind vorhanden. Die Investmentbutze sorgt zudem an der luxemburger Börse regelmäßig für einen Bewertungskurs, also scheint alles gut.

Der Banker freut sich. Er hat mit dem Geschäft einen guten Teil seiner Zielvorgaben für dieses Jahr erreicht. Geschlossene Beteiligungen bringen einfach unglaublich viel Provision. In einigen Wochen wird er Herrn M. wieder anrufen. Er hat da einige Hedge Funds im Auge, die interessante Renditen versprechen. Und da die Sache mit der Investmentbutze und der SICAV so gut geklappt hat, könnte man hier gleich weitermachen. Repackaging ist einfach eine tolle Sache. Zumindest für den Banker, die Verwalter der SICAV, die Investmentbutze und die englischen Anwälte. Der Windparkbetreiber ist auch zufrieden, er hat neues Kapital. Herr M. bekommt dafür seine Rendite. Nachdem sich alle zuvor genannten bedient haben. Sofern noch etwas übrig bleibt wohlgemerkt.