Dass Green Washing im Finanzmarkt mittlerweile zu einem ernsten Problem geworden ist, davon hat jeder gehört. Die neue Herausforderung für Investoren ist es, Pink Washing zu erkennen und entsprechend Produkte und Unternehmen zu meiden.

ESG-Komponenten Soziales und gute Unternehmensführung jetzt im Fokus

Der erste, große Trend im ESG („Environmental, Social and Governance“) Investing war auf den Bereich Umwelt- und Klimaschutz gerichtet. Mittlerweile gibt es jede Menge „Green Bonds“, Unternehmen, die sich Umweltschutz auf die Fahne schreiben und Kapitalanlagen, Fonds und Schuldscheindarlehen mit „Grünbezug“. Green Washing ist in dieser Anlagenklasse ein ernstes Problem, dem sich Investoren mittlerweile auch bewusst sind. Denn nicht alles ist so grün, wie es auf den ersten Blick dargestellt wird. Weniger im Fokus von Investoren liegen ähnlich gelagerte Probleme in den beiden anderen Bereichen von ESG, auf den Gebieten Soziales und gute Unternehmensführung. Das Angebot für Kapitalanlagen ist hier noch relativ klein, doch auch hier versuchen findige Marketing- und Verkaufsstrategen, ihren angebotenen Produkten mit einem ESG Bezug einen Verkaufskick zu verpassen. Auch hier ist nicht alles Sozial und mit guter Unternehmensführung verbunden, was dafür ausgegeben wird. Geht es um das Thema Vielfalt und Gleichberechtigung wird zunehmend der Begriff Pink Washing verwendet.

Diversity und Gender Themen werden beliebt

Vermehrt im Fokus liegen aktuell Fonds, Anleihen und Unternehmen, die das Thema Diversity und Gleichberechtigung aufgreifen und für Impact Investoren aufbereiten. In Nordamerika ist das Thema Rassismus sehr im Fokus. Europäische Investoren und Unternehmen sind vermehrt mit dem Thema Gleichberechtigung befasst. Dabei geht es um mehr als nur die Quotenfrau im Vorstand von Unternehmen, sondern um weitreichende Ansätze zum Thema Gender Smart Management und Gender Lens Investing. Investoren möchten mit ihrem Kapital dabei nicht nur eine Rendite erwirtschaften, sondern in nachhaltig geführten Unternehmen über die Kapitallenkung ein Zeichen setzen und die Welt in Richtung gleicher Rechte, Chancen und Möglichkeiten verändern. Denn, so zeigen mittlerweile unzählige Forschungsergebnisse, Unternehmen, in denen ein gleichberechtigtes Miteinander von Männern und Frauen herrscht und in denen kulturelle und soziale Vielfalt gelebt wird, sind im Schnitt langfristig erfolgreicher, innovativer und widerstandsfähiger.

Nicht alles ist so pink wie es aussieht

Finanzprodukte stehen immer in Konkurrenz mit einer riesigen Auswahl anderer, sehr ähnlicher Angebote. Investoren entscheiden sich oft aufgrund von Kleinigkeiten. Fonds, deren Namen im Alphabet zuerst kommen und die dadurch bei Suchergebnissen weiter oben liegen, oder deren Gebühren um 0,01% geringer sind, deren Performance im letzten Monat etwas besser war als die Benchmark, und so fort. Die Marketingstrategen der Fondsanbieter und Anleiheverkäufer müssen sich etwas einfallen lassen, um Investoren anzulocken. ESG-gelinkte Anleihen und Schuldscheindarlehen lassen sich allein aufgrund ihres Namens besser verkaufen als ohne den ESG Zusatz. Da landet schnell ein unbedeutender Zusatzkupon, der sich auf undurchsichtige ESG-Kriterien bezieht, im Schuldscheindarlehen. Doch auch im Gender und Diversity Segment werden die Marketingstrategen nun aktiv. Sie verkaufen Fonds und Produkte, die nur oberflächlich auf Gender und Diversity blicken. Da ist es häufig schon genug, wenn die Quotenfrau im Aufsichtsrat oder Vorstand vertreten ist oder das Thema Diversity und Gleichberechtigung in einer allgemeinen Strategie irgendwo in den Unternehmensleitsätzen festgeschrieben ist, ohne dass es dort gelebt wird.

Pink Washing Produkte meinen es nicht ernst

Unternehmen, Fonds und Anbieter von Anleihen und Schuldscheindarlehen, die Diversity und Gender Produkte auflegen, sollten es ernst meinen. Alle anderen betreiben Pink Washing. Sie täuschen ihre Investoren mit irreführenden Produktnamen, bunten Marketingbildern, auf denen Frauen, Männer und Minderheiten gemeinsam in fröhlichen Teams abgebildet sind, und mit oberflächlichen Kriterien. Pink Washing Anbieter versuchen einzig, ihre Standardprodukte durch den Zusatz von sehr oberflächlichen Kriterien aufzuhübschen, um sie besser zu verkaufen. Doch erstens führen sie damit Impact Investoren in die Irre, und zweitens beschädigen sie die Reputation dieses wichtigen und interessanten Marktsegments. Und das ist schade. Investoren sollten deshalb genau hinsehen und besser auf das Thema Pink Washing achten.

Bei echten Gender und Diversity Produkten geht es um Substanz, nicht um Oberflächlichkeit

Wer als Impact Investor wirklich etwas bewirken möchte mit seiner Kapitalanlage und nach echten Gender und Diversity Portfolien sucht, muss genau hinsehen. Die oberflächlichen Quoten von Frauen in Vorstand und Aufsichtsrat oder die reine Existenz einer Gleichberechtigungsbeauftragten reichen lange nicht aus. Wer es wirklich ernst meint, geht in die Tiefe. Es geht um Dinge wie gleiche Gehälter für gleiche Arbeit, um die Förderung und Beförderung in transparenter und gleichberechtigter Weise, um gleichberechtigte Verteilungen in Entscheidungsgremien und im Management, um das tagtägliche Umsetzen von Gleichberechtigung und Vielfalt im eigenen Unternehmen, den angebotenen Produkten, bis hin zur gesamten Gruppe der Stakeholder, die mit einbezogen wird. Es geht um den korrekten, respektvollen und gleichberechtigten Umgang mit Aktionären, und auch um das Kleingedruckte im Unternehmenskodex. Es geht um den Umgang mit Gesundheit, Gesundheitsvorsorge, Vereinbarkeit von Familie und Beruf in der Praxis, aber auch um Knebelverträge, die eine offene und transparente Behandlung von Missständen im Unternehmen unterbinden. Es geht um einen offenen, transparenten Diskurs im Unternehmen und nicht nur um oberflächliche, schöne Wortfloskeln.

Anbieter unter die Lupe nehmen

Das gilt übrigens auch für den Asset Manager und Fonds Anbieter selbst, denn wie glaubwürdig kann jemand ein Gender und Equality Produkt anbieten oder verwalten, der selbst nicht danach lebt? Als Impact Investor ist jeder gut beraten, zu aller erst den Asset Manager unter die Lupe zu nehmen. Denn einer, der die Grundzüge von Gender Smart Management und Vielfalt auch im eigenen Unternehmen verinnerlicht hat und sich der Thematik, Herausforderung und der dadurch entstehenden Chancen bewusst ist, wird wahrscheinlich auch bei der Kapitalanlage, Portfoliokonstruktion und der Produktentwicklung und Vermarktung andere Kriterien im Blick haben und möglicherweise ehrlicher und ernster mit dem Thema umgehen. Sie haben sich tiefgreifend mit Gender und Diversity beschäftigt und kennen die Konzepte und Kriterien. Denn wahre Diversity und Gender Portfolien sind ausgesprochen komplex, tiefgreifend und meinen es ernst. Nur diese Produkte und Angebote sollten auch ernst genommen werden. Alles andere ist Pink Washing.