An Unternehmenszusammenschlüssen lässt sich gut verdienen. Besonders gut verdienen jene, die sich um das Arrangieren, Dokumentieren und die Rundum-Sorglos-Beratung kümmern. In den vergangenen Jahren haben vor allem die großen Investmentbanken Milliarden an Gewinnen aus ihrem Mergers & Acquisitions Beratungsgeschäft eingefahren, und das Jahr für Jahr. Der Markt boomt. Das ruft auch andere, kreative Finanzakteure auf den Markt, mit teils ausgesprochen interessanten und kreativen Konstrukten. Ein besonders verrückter Auswuchs der Merger Mania ist geradezu eine Schwemme sogenannter SPACs.

SPACs: Aktiengesellschaften ohne Inhalt

SPACs: Special Purpose Acquisition Companies. Das sind Aktiengesellschaften ohne eigenes Geschäft, mit dem einzigen Ziel, mit dem im Zuge ihres Börsengangs eingesammelten Kapital ein bestehendes Unternehmen zu kaufen. Die Aktionäre kaufen sich zwar Aktien, meist für 10 US-Dollar pro Aktie, doch das Geld bleibt vorerst auf dem Konto der SPAC liegen. Zumindest der Anteil der 10 Dollar, der nicht in Form von Gebühren und Kosten an den Manager der Gesellschaft geht. Dieser sogenannte Sponsor erhält in der Regel um die 20% des Geldes, entweder direkt, oder, noch häufiger, in Form von kostenlosen Gesellschaftsanteilen. Die Aktionäre haben beim Börsengang einer SPAC meist kein konkretes Ziel, welches Unternehmen mit dem eingesammelten Geld gekauft werden soll. Sie vergeben eine Carte Blanche an den Manager, der sich nach der Gründung der SPAC opportun am Markt nach einem geeigneten Merger Kandidaten umsieht.

Günstige Emission

Die Emission ist dabei ausgesprochen kostengünstig. Als Sponsor agiert häufig ein bereits im Markt bekannter Star-Manager eines Hedgefonds oder einer anderen Investmentgesellschaft, und Anteile werden an eine Reihe anderer Reicher und Institutioneller verkauft, die gerade nicht wissen, wohin mit ihrem Geld. Was sonst beim Börsengang sehr teuer ist, entfällt. Der Prospekt ist überschaubar und absolut nicht kompliziert zu erstellen, schließlich muss weder ein komplexes Geschäftsmodell noch irgendeine Lieferkette und die ganze Reihe an Risiken behandelt werden, die normale Unternehmen mit sich bringen. Die Bilanz und die Gewinn- und Verlustrechnung besteht aus einer Seite, schließlich ist die Gesellschaft gerade erst neu entstanden und hat noch keinen Betrieb aufgenommen und entsprechen keine Historie. Eine Roadshow entfällt häufig, und wenn, dann ist sie überschaubar kurz und intim. Das große Bookbuilding und die Preisfindungsphase entfallen, Bewertung muss keine stattfinden, denn die Aktien werden zum fixen Preis von 10 US-Dollar ausgegeben. Insgesamt ist ein IPO einer SPAC so schnell, einfach und günstig, wie ein Börsengang überhaupt sein kann.

Reverse Merger

Der Manager der SPAC hat meist zwei ganze Jahre Zeit, ein geeignetes Unternehmen zu finden, das aufgekauft werden kann. Wird ein Unternehmen gefunden, das aktuell Geld benötigt und dessen Anteilseigner die neuen Aktionäre willkommen heißen, werden das Unternehmen und die SPAC miteinander verschmolzen. Häufig ist das Zielunternehmen deutlich größer als die SPAC, doch selbst wenn nicht, findet immer ein Reverse Merger statt. Die neue Gesellschaft behält den Namen des aufgekauften Unternehmens, samt Firmensitz und Geschäftsmodell. Das Börsenlisting der SPAC kann dabei bequemerweise beibehalten werden.

Für das Zielunternehmen: Billige Abkürzung zum IPO

Letzteres ist ein durchaus attraktiver Grund für Unternehmen, sich von einer SPAC aufkaufen zu lassen. Denn das Zielunternehmen spart damit den anstrengenden, teuren und komplexen Weg eines eigenen Börsengangs. Das IPO erfolgt hier durch die Hintertür, ohne teure Roadshow und Bookbuilding, und vorbei an teuren Investmentbankern. Das Zielunternehmen muss sich nicht eigens Aufhübschen, wie das sonst im Vorfeld von IPOs üblich ist. Das Tagesgeschäft wird durch das IPO nicht gestört und das Top Management nicht monatelang durch Investorencalls, Anwälte und Berater abgelenkt. Am Ende bleibt sogar mehr Geld in der Kasse übrig, denn IPOs sind alles andere als billig. Gerade kleinere Unternehmen zahlen bis zu 20% des Emissionserlöses an die diversen Dienstleister, Banker und Berater, die ein IPO erst möglich machen. Kostenlos gibt es im Finanzmarkt bekanntlich nichts, umsonst ist Vieles, und deshalb tragen die Kosten diesmal die Investoren der SPAC, wie bereits oben beschrieben.

Die Niedrigzinspolitik bevorzugt die Großen

Warum aber kommt es seit einigen Jahren zu einer solch gewaltigen Schwemme an SPACs, die von Investoren Blankoschecks für Unternehmenskäufe bekommen? Das Konzept selbst ist freilich nicht neu, Reverse Merger mit leeren Gesellschaften gibt es schon lange, aber der aktuelle Boom nur für diesen Zweck gegründeter Unternehmensaufkaufgesellschaften ist doch bemerkenswert. Dahinter steckt eine Kombination aus einer veränderten Risikobetrachtung auf Seite der Investoren, Risikoaversion gegenüber kleinen Unternehmen von Seite der Banken und eine Niedrigzinspolitik, die große Unternehmen bevorzugt und Mergeraktivitäten anheizt. Denn ist ein Unternehmen erst groß, ist es leicht, am Kapital- und Kreditmarkt an große Summen zu günstigen Zinsen zu kommen. Kleine Unternehmen hingegen leiden an einem Kapitalengpass. Sie erhalten kaum noch Finanzierungen. Das wiederum lässt die Großen noch größer werden. Zudem suchen viele Investoren verzweifelt nach Anlagen, die noch Rendite abwerfen. Trotz der hohen Kosten von 20%, die an den Sponsor einer SPAC gehen, kann sich der Einsatz deutlich lohnen, und findet sich letztendlich doch keine Zielgesellschaft, sind die übrigen 80% des Geldes nicht verloren. Scheinbar eine win-win Situation für Investoren, Sponsoren und Zielgesellschaften. Wer auf der Stecke bleibt sind Kleinanleger, denn ihnen entgeht die Möglichkeit, an einem normalen Börsengang teilzunehmen und so zu profitieren.