Indexfonds liegen im Trend
Regelbasiertes Anlagenmanagement ist zum Liebling von Investoren aufgestiegen. Vom kleinen Privatanleger bis zum großen Institutionellen, kaum jemand lässt die passiv gemanagten und dadurch extrem günstigen Exchange Traded Funds und Indextracker links liegen. Sie sind heute fester Bestandteil des Asset Managements und finden sich in beinahe allen Portfolien wieder.
Frei von Emotionen
Indexfonds, die blind einem oder mehreren Indizes folgen, deren Zusammensetzung und Gewichtung wiederum ausschließlich festen Kriterien wie Marktkapitalisierung, Freefloat und der Zugehörigkeit zu einem bestimmten Zulassungssegment der Börse folgen, trennen die Investmententscheidung von der menschlichen Anlegerpsychologie. Sie investieren frei von störenden, menschlichen Emotionen wie Gier, Angst oder Übervertrauen. Sie sind frei von irrationalen Kurzschlussentscheidungen und falschen Überzeugungen. Doch ganz ohne Haken ist die Sache trotzdem nicht.
Kein Licht ohne Schatten
Indextracker müssen den Index stets nachbilden, dem sie folgen. Jede Änderung in der Indexzusammensetzung müssen sie umgehend in ihrem Portfolio selbst vollziehen, und das umgehend, und nicht erst Tage oder gar Wochen später. Sie müssen genau jetzt kaufen oder verkaufen, und je nach Anlagevermögen in großen Mengen. Fällt ein Wert aus dem Index, müssen diese Wertpapiere sofort abgestoßen werden. Kommen Wertpapiere neu zum Index hinzu, müssen diese in der jeweiligen Höhe der Gewichtung im Index unverzüglich gekauft werden. Was das für den Preis bedeutet können sich die meisten denken.
Gezwungene Käufer und Verkäufer beeinflussen den Preis
Viele gezwungene Käufer, die gleichzeitig auf den Markt drängen, treiben den Preis in die Höhe. Massenweise gezwungene Verkäufer drücken auf den Kurs der betroffenen Wertpapiere. Das Ungleichgewicht in der Liquidität und ein Käufer- oder Verkäuferüberhang haben bekanntlich Konsequenzen.
Die vorhersehbare Bewegung ruft Spekulanten auf den Plan
Da die meisten passiven Indexfonds den Zeitpunkt nicht selbst bestimmen können, zu dem sie ihre Kauf- oder Verkaufaufträge in den Markt geben, ist die entsprechende Aufwärts- oder Abwärtsbewegung zu erwarten. Schließlich sind Indexentscheidungen in vielen Fällen ziemlich klar vorhersehbar. Die meisten großen Indizes passen ihre Zusammensetzung zu regelmäßigen, festen Zeitpunkten nach transparenten und nachvollziehbaren Regeln an. Das wiederum ruft Spekulanten und Hedgefonds auf den Plan, die nur allzu gerne die Gegenseite übernehmen. Die großen Hedgefonds mit ihren tiefen Taschen geben dem Markt damit netterweise die gesuchte Liquidität auf der Gegenseite. Sie kassieren damit aber gleichzeitig die Rendite, die eigentlich der Fondsinvestor erhalten hätte. Ein Spiel, das sich immer wiederholt. Der Indexfonds kauft und verkauft stets zum ungünstigen Zeitpunkt. Das Nachsehen haben die Investoren, die sich wundern, warum ihr Fonds nicht 100% die Performance des Index abbildet.
Unfreiwillige Zusammensetzung
Neben dem Preisdruck, der für die meisten Investoren wohl das schlimmste Übel darstellt, gibt es aber auch noch den Haken der Zusammensetzung. Denn als Indexfonds muss der Manager das nachbilden, was im Index ist, ob es gefällt oder nicht. Das kann dazu führen, dass ein Fonds plötzlich Wertpapiere kaufen muss, die der Investor gar nicht wollte, oder etwas abstoßen muss, das er lieber behalten hätte. Die unfreiwillige Zusammensetzung kann unter Umständen sogar dazu führen, dass Investoren ihre passiven Fonds abstoßen müssen, um beispielsweise nicht gegen Sanktionen oder Anlagerichtlinien zu verstoßen. Ein US-Investor darf keine Staatsanleihen von Ländern besitzen, gegen die die USA entsprechende Sanktionen erlassen habe. Andere Investoren haben in ihren Statuten das Verbot, in Waffenproduzenten zu investieren. Der passive Fonds hingegen unterscheidet nicht.
Auch Rating-Veränderungen zwingen zum Kauf oder Verkauf
Einen wichtigen Einfluss können auch Bonitätseinstufungen haben. Denn eine ganze Reihe von Indizes vor allem im Anleihenbereich verwendet Ratings als eines der zentralen Elemente für ihre Indexzusammensetzungen. Ein gutes Beispiel für die Auswirkung von Bonitätseinstufungen waren die Ratingveränderung für Russland. Der Markt für Benchark Ratings wird von den drei großen Rating-Agenturen Moody’s, S&P und Fitch dominiert. Als 2015 zwei der drei Agenturen russische Eurobonds auf Non-Investment-Grade herabgestuft hatten, mussten viele passive Fondsmanager ihre russischen Anleihen abstoßen. Im Februar 2018, als S&P die in Fremdwährung notierten Staatsschulden von Russland auf BBB- und damit Investmentgrade hochstufte, folgte die Gegenbewegung. Damit wurden russische Eurobonds automatisch wieder in viele der weltweit wichtigsten Bondindizes aufgenommen, und da Russland nun mal kein kleines Land ist, mit entsprechend großer Gewichtung. Die Preise waren schon im Vorfeld nach oben gegangen, denn der Schritt von S&P war erwartet worden. Was folgte war ein riesiger Zufluss an Geldern in russische Staatsanleihen, der Großteil von gezwungenen Käufern. Sie kauften wie so oft am denkbar ungünstigsten Zeitpunkt. Rund um den 23.2.2018, den Tag der Rating-Hochstufung, war die Rendite für russische Eurobonds an ihrem Tiefpunkt angekommen. Das Nachsehen hatten wieder einmal die Investoren der passiven Fonds. Im Januar 2015 übrigens, als russische Eurobonds zu Junk wurden, war die Rendite auf ihrem Höhepunkt (und der Preis entsprechend auf seinem Tiefststand, da sich der Preis bei Anleihen stets invers zur Rendite bewegt).
Als Indexfonds-Investor ist man der Dumme
Das Beispiel der russischen Eurobonds ist nur eines von vielen. Im Grunde ist die Bewegung bei allen großen Indexentscheidungen zu beobachten. Die gezwungenen Käufer und Verkäufer kaufen und verkaufen stets am für sie ungünstigsten Zeitpunkt. Den Profit kassieren die anderen. Das drückt auf die Wertentwicklung der passiven Fonds. Das ist ein klarer Konstruktionsfehler, der sich hartnäckig durch die gesamte ETF Branche zieht. Warum es nicht mehr zeitverzögert agierende ETFs und passive Fonds gibt erstaunt. Aber was nicht ist kann schließlich noch werden.
Der Kostenvorteil gleicht einen Teil wieder aus
Doch Indexfonds sind nicht nur schlecht. Ihr größter Vorteil sind ihre günstigen Managementgebühren. Von wenig bis gratis ist heute alles dabei. Die niedrigen Gebühren gleichen einen Teil der durch ihren Konstruktionsfehler entstandenen Nachteile wieder aus.