Verbrannte Erde, stürmische See

Skandale um geschlossene Schiffsfonds, die ahnungslose Rentner um ihre Altersvorsorge und ihre Existenz gebracht haben, eine an Schiffskrediten gescheiterte Landesbank, dazu der Konkurs von Hanjin, eine der weltweit größten Reedereien im Containersektor: Mit der Seefahrt haben im vergangenen Jahrzehnt viele Investoren ordentlich Schiffbruch erlitten. Kann sich die Schifffahrt davon wieder erholen und als Assetklasse wieder das Herz und allem voran das Geld von Investoren gewinnen?

Geld hat ein kurzes Gedächtnis

Das große Glück für die Schifffahrt: Geld hat meist ein vergleichsweise kurzes Gedächtnis was Krisen und Verluste angeht. Das Platzen der Dot-Com Blase im Jahr 2000 hat die Welt nicht daran gehindert, wieder in Silicon Valley zu investieren und Apple, Google, Amazon und Co zu Giganten des Aktienmarktes zu machen. Auf der Kreditseite sieht man, wie Payday Loan Kreditnehmer selbst nachdem sie erkannt haben, dass die von ihnen gezahlten Zinsen an Raub grenzen, trotzdem immer wieder neue Payday Loans aufnehmen. Selbst Credit Default Swaps und Verbriefungen haben nach dem völligen Zusammenbruch des Marktes in den Jahren nach 2007 wieder an Fahrt aufgenommen und zählen zum Standardrepertoire vieler institutioneller Anleger und Family Offices.  Spekulaten und Investoren kehren meist nach kurzer Zeit wieder an die Märkte zurück. Geld hat offensichtlich ein kurzes Gedächtnis, und das zeigt sich auch im wieder zunehmenden Interesse am Schiffsmarkt.

Schiffe als eigene Assetklasse haben ihre Berechtigung

Dabei ist die Schifffahrtsbranche so speziell, dass sie durchaus als eigene Assetklasse gesehen werden kann. In der Schifffahrt geht es um Logistik, um den Transport von Gütern von einem Ort der Welt zum anderen. Der Markt ist global, sowohl auf der Seite der Reeder als auch der Kunden. Die Einflussfaktoren auf die Frachtraten auf der einen Seite und die Kosten des Baus, des Betriebs und der nicht zu verachtende Restwert eines Schiffes auf der anderen Seite hängen stark von weltwirtschaftlichen und politischen Faktoren ab. Waren zu den Zeiten von Kolumbus die größten Risiken für Reeder schwere Stürme, Piraterie und Fehlnavigationen, die zum Verlust von Schiff und Besatzung führen konnten, sind es heute vor allem finanzielle Risiken wie Wechselkurse, Zinsänderungsrisiken, Refinanzierungsrisiko, Wirtschaftswachstum, Preise für Öl und Stahl, sowie politische Risiken wie Zölle, Regulierungen, Kriege an wichtigen Handelsrouten, politische Instabilitäten und neuerdings sogar Handelskriege zwischen den Wirtschaftsmächten USA, China und Europa, die zu den größten Risiken der Schifffahrt zählen.

Stetigen Änderungen unterworfen

Die Schifffahrtsindustrie ist dabei stetigen  Veränderungen unterworfen. Es gibt immer weniger kleine Schiffe. Der Trend geht zu gigantischen Containerschiffen und riesigen Tankern. Selbst in der Binnenschifffahrt hat die Zahl der Schiffe über die vergangenen Jahrzehnte dramatisch abgenommen. Es geht um Effizienz, um geringere Transportkosten, um Automatisierung. Hinzu kommt immer mehr Transparenz durch weltweite Transponder, die den Ort, an dem sich alle Schiffe der Welt befinden, öffentlich bekannt machen. Eine wachsende Weltbevölkerung, ein steter Ausbau der Infrastruktur selbst in bisher schwer zugänglichen Entwicklungsländern führen zu einem stetig zunehmenden Wohlstand in Schwellenländern, der die Nachfrage nach Produkten und damit die Transportbranche stützt. Zusätzlich werden neue, kürzere Seewege etwa durch die Arktis erschlossen, die durch den Klimawandel und den technischen Fortschritt bei Schiffen mit Eisklasse zu noch mehr Effizienz führen werden.

Eine zyklische Branche

Dabei ist und war die Schifffahrt eine sehr zyklische Branche. In Zeiten steigender Frachtraten können Reeder viel Geld verdienen. Die Charterraten sind hoch, das Angebot an Schiffen reicht kaum aus. Hastig werden Aufträge für neue Schiffe vergeben, Werften haben Hochbetrieb. Nach und nach stechen mehr und mehr neue Schiffe in See. Das Angebot steigt, die Frachtraten sinken, mit ihnen die neu verhandelten Charterraten, und kommt in diesem Moment auch noch eine Abkühlung der Weltwirtschaft – wie ab dem Jahr 2008 und möglicherweise auch bald wieder aufgrund der US-amerikanischen Außenhandelspolitik – hat das schnell dramatische Auswirkungen auf die Profitabilität von Schifffahrtsunternehmen. Nicht selten gleicht die Schifffahrt einer Fahrt mit der Achterbahn.

Dazu stark gehebelt

Die Schifffahrt arbeitet zu einem guten Teil mit Fremdkapital. Die Finanzierung der Branche ist teuer und damit stark gehebelt. Schließlich kostet der Bau eines neuen Schiffs unglaublich viel Geld, und auch der laufende Betrieb verschlingt Unsummen. Hafengebühren, Treibstoffkosten, Besatzung, Technik, Logistik und Gebühren verlangen tiefe Taschen. Dass Leverage ein nicht zu verachtendes Risiko darstellt, musste im Jahr 2016 das riesige Unternehmen Hanjin am eigenen Leib erfahren. Von heute auf morgen stand der Betrieb still. Die Gläubiger hatten Insolvenz beantragt und die Schiffe des Unternehmens – die meisten von ihnen noch voll mit Containern beladen und auf dem Weg zu ihren vertraglich zugesicherten Destinationen – wurden beschlagnahmt, stillgelegt, durften Häfen nicht mehr anlaufen oder aus ihnen auslaufen. Doch trotz aller Herausforderungen steckt im weltumspannenden, milliardenschweren Logistikmarkt auf dem Wasser ein hohes, wenn auch riskantes Gewinnpotenzial. Das wollen sich Investoren selbstverständlich nicht entgehen lassen und wenden sich der Branche deshalb immer wieder erneut zu.

Viele Möglichkeiten für Investoren

Für reine Finanzinvestoren bietet die Schiffsbranche eine ganze Reihe von Möglichkeiten, mit Kapital und einer hoffentlich ertragreichen Rendite an der Schifffahrt teilzuhaben. Unter anderem könnten das sein:

  • Beteiligungsfonds
  • Direktinvestments / Private Equity
  • Anleihen von Schifffahrtsunternehmen oder deren Finanzierern
  • Mortgage Backed Securities / Schiffspfandbriefe, deren „Sicherheit“ Kredite an die Schifffahrtsbranche sind
  • Aktien von Schifffahrtsunternehmen
  • Zertifikate von Banken, die Aktien von Schifffahrtsfonds als Referenz verwenden
  • Auf die Schifffahrt spezialisierte Fonds und Exchange Traded Funds
  • Spezialinvestments für Institutionelle wie Distressed Debt Fonds

Noch sind nicht alle Anlagewege in breiter Fülle für jeden Investor erhältlich. Doch im Finanzmarkt schafft bekanntermaßen die Nachfrage das Angebot. Wahrscheinlich ist es nicht eine Frage nach dem ob sondern nur nach dem wann, bis die Schifffahrtsbranche wieder Tagesgespräch auf Investorenplattformen und Teil vieler Anlageportfolien ist.