Factor Investing: Früher eine typische Hedge Fund Strategie

Der Name „Factor Investing“ klingt kompliziert, modern und nach entsprechend hohen Management Gebühren. Doch was bis vor nicht allzu langer Zeit eine typische Anlagestrategie im Hedgefund Segment war, ist heute gar nicht mehr so exotisch und auch nicht mehr zwingend teuer. Denn über ETFs (Exchange Traded Funds) sind viele dieser Anlagestrategien beim „normalen“ Investor und zu durchaus günstigen Preisen angekommen.

Portfolio-Zusammensetzung anhand von Kriterien

Factor Investing möchte ein diversifiziertes Portfolio aufbauen, das aber nicht einfach nur den gesamten Markt (beispielsweise einen kompletten Aktienindex wie den DAX oder den S&P 500) nachbildet, sondern eine Auswahl anhand bestimmter Kriterien trifft. Damit soll zwar Risiko gestreut werden, da in viele verschiedene Wertpapiere oder andere Anlagen investiert wird, aber gleichzeit auch eine bessere Wertentwicklung im Vergleich zum Gesamtmarkt erreicht werden.

Die Qual der Wahl der Faktoren: Viele Varianten sind möglich

Die möglichen Faktoren, anhand derer Investments ausgewählt werden, sind vielfältig. Das kann im einfacheren Fall eine Sache von Marktkapitalisierung sein (Small Cap oder Large Cap), von bestimmten Ratios wie Marktwert zu Buchwert, der Fokus auf dividendenstarke Aktien, bestimmte Rating Attribute, oder – im Fall der typischen Hedgefonds Strategien – Risikokennzahlen wie Preisvolatiltiät oder auch Momentum. Das klingt komplizierter als es ist, denn gerade für die meisten liquiden Aktien und Staatsanleihen werden viele Risikokennzahlen heute schon auf jeder Online Broker Seite veröffentlicht.

Factor Investing lässt sich leicht automatisieren. Ideal für ETFs.

Der große Boom bei ETFs geht Hand in Hand mit den Möglichkeiten der Automatisierung und des algorithmischen Tradings einher. Denn ETFs lassen sich nur deshalb so günstig und in hoher Menge auflegen, weil das Management kaum noch personelle Resourcen benötigt. Weder Research, noch Strategen, noch aktive Fondsmanager sind nötig. Es muss kein „Star“-Manager mehr an der Marketing-Front stehen, um Kapital anzulocken. Viel wichtiger sind ETF Investoren – sowohl privaten als auch institutionellen – Transparenz und niedrige Kosten. Wobei die Kosten für „exotische“ ETFs deutlich höher liegen als für ihre quasi schon kostenlosen, simplen Index-Schwestern. Die komplexeren ETFs, zu denen auch Factor Investing Strategien zählen, subventionieren zu einem guten Teil die anderen Strategien mit.

Immer mehr Zustrom zu ETFs. Hedge Fonds sind unattraktiv geworden.

Die Assets under Management, also das verwaltete Vermögen, ist bei vielen klassischen Hedge Fonds seit Jahren rückläufig. Die Liste von Hedge Fonds, die noch vor wenigen Jahren dreißig Milliarden US-Dollar und mehr verwaltet haben, und heute gerade einmal im niedrigen einstelligen Milliardenbereich dümpeln und mit Abflüssen kämpfen, ist lang. John Paulsons Hedge Fund, der noch vor wenigen Jahren 38 Milliarden USD verwaltet hatte, hat heute nur noch 8,7 Mrd USD AUM (Assets under Management). David Einhorns Greenlight ist in nur drei Jahren von 12 Mrd USD auf 5,5 Mrd USD gesunken. Gewinner sind einerseits ETFs, aber an ihrer neuen Beliebtheit liegt der Rückgang bei Hedge Fonds nicht ausschließlich.

Der Trend bei den Superreichen: Statt Hedge Funds lieber Private Equity

Die Stratgien vieler Hedge Funds sind über ETFs heute vielfach günstiger und transparenter zu haben. Der neue Trend unter den Reichen, den Family Offices und der Investmentelite sind heute Private Equity Fonds. Sie sind das, was Hedge Fonds noch vor 20 Jahren waren: Ein elitärer Club, ausgesprochen intransparent, mit hohen Gebühren, ego-starken Managern und hoher Volatilität. Die möglichen Gewinne sind hoch, die potenziellen Verluste ebenso. Eine Welt für sich für jene, die sich die Party leisten können.

Factor Investing ETFs bieten „normalen“ Investoren breitere Möglichkeiten

Den „normalen“ Investor soll das nicht weiter stören. Dem gewöhnlichen Versorgungswerk, der kleinen Stiftung und dem Treasurer eines Unternehmens eröffnen exotische Factor Investing ETFs Möglichkeiten, die vorher ausschließlich größeren und reicheren Investoren vorbehalten waren oder die zuvor als reine Spekulation gegolten hatten. Die Transparenz von ETF Strategien ist ein deutliches Plus, und die offengelegte Dokumentation von Factor Investing Produkten schafft gemeinsam mit den Informationsbemühungen der Anbieter ein tieferes Verständnis für Möglichkeiten jenseits möglicherweise überholter Anlagestrategien. Dass ein Computer die Wahl der Investments anhand festgelegter Kriterien und Algorithmen trifft, und nicht mehr der selbstverliebte Star-Manager mit seinem überbordenden Ego, davon profitieren nicht nur Transparenz und Effizienz, sondern mit Sicherheit auch der Kostenblock. Was nicht gleichzeitig heißt, dass jede ETF Strategie automatisch in jedes Portfolio passt, denn auch ETFs bergen Risiken, und auch mit Factor Investing hat man keine Garantie, tatsächlich den Markt zu schlagen.