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Zentrale Verwahrstellen für Wertpapiere

CSDR steht für den englischen Begriff „Central Securities Depositories Regulation“. Es geht hier um Vorschriften für die Organisation und Aufsicht von zentralen Verwahrstellen für Wertpapiere.

Bei den Vorschriften handelt es sich um eine Verordnung, die – im Gegensatz zu einer Regulierung – direkt in allen Mitgliedstaaten gilt, und nicht erst in nationales Recht umgesetzt werden muss: Die Verordnung (EU) Nr. 909/2014 vom 23. Juli 2014 zur Verbesserung der Wertpapierlieferungen und -abrechnungen in der Europäischen Union und über Zentralverwahrer.

Wertpapiere existieren meist nur noch virtuell

Die meisten Wertpapiere – Aktien, Anleihen und andere verbriefte Rechte – existieren heute zum Großteil nur noch virtuell. Anstelle vieler, einzelner Urkunden, die an einer Börse physisch gehandelt werden, existiert heute meist nur noch eine sogenannte Sammelurkunde, die zentral aufbewahrt wird. Die Eigentümer der einzelnen Aktien und Anleihen werden nur noch in elektronischen Registern geführt, und zwar von eigens darauf spezialisierten Finanzdienstleistern: Den zentralen Verwahrstellen. Das spart Zeit, Transaktionskosten und ist deutlich effizienter und sicherer im Vergleich zu früheren Zeiten, in denen Wertpapiere physisch durch die Welt getragen, geschickt oder versendet wurden, dabei schon manchmal verloren gingen oder Unglücken wie Diebstahl, Feuer oder Wasser zum Opfer fielen. Auch Fälschungen waren früher keine Seltenheit. All das gehört zum Glück der Vergangenheit an. Dafür unterliegt die Wertpapierabwicklung heute anderen Risiken.

Zentrale Verwahrstellen sind systemrelevant!

Für das Funktionieren des Wertpapiermarktes ist es enorm wichtig, dass die Abwicklung im Anschluss an Kauf und Verkauf von Papieren reibungslos funktioniert. Die Infrastruktur stellen zentrale Verwahrstellen bereit. Sie verwahren Sammelurkunden und Wertpapierurkunden, führen die entsprechenden Buchungen bei Eigentümerwechsel durch, und sie kümmern sich um die korrekten Abrechnungen. Durch ihre wichtige Rolle für die Infrastruktur der Finanzmärkte hat die Europäische Kommission die zentralen Verwahrstellen als systemrelevant eingestuft. Das ist auch mit der wichtigste Grund, warum die Kommission das Mittel einer Verordnung gewählt hat. Sie wollte sicherstellen, dass überall die exakt selben Regeln gelten. Die Kommission will sichergehen, dass alle Zentralverwahrer auf finanziell soliden Beinen stehen, entsprechend organisiert sind, sich verantwortungsvoll verhalten und gegen Dinge wie Betrug oder Fahrlässigkeit vorbeugen. Mit der Verordnung gelten deshalb auch EU-weit einheitliche Regelungen für die Zulassung sowie die Aufsicht über zentrale Verwahrstellen von Wertpapieren.

Die Abwicklung muss sichergestellt sein

Die Verordnung beschäftigt sich mit der Verringerung von Risiken durch Insolvenz, grenzüberschreitenden Risiken, zu großer Konzentration sowie einem Mangel an Konkurrenz. So darf ein Zentralverwahrer niemanden ohne triftigen Grund als Kunden ablehnen, und auch die Preisgestaltung muss aufgrund monopolistischer Marktstrukturen transparent und offen sein. Ein zentraler Punkt ist zudem der grenzüberschreitende Handel mit Wertpapieren und der Abbau von Hindernissen. Die Verordnung gibt aber auch Leitlinien vor, wie zentrale Verwahrstellen im Falle einer Nichtlieferung durch einen Handelspartner vorzugehen haben. Hier darf die Verwahrstelle neben Verzugsgebühren auch sogenannte Zwangseindeckungen durchführen, wenn am vierten Tag nach Geschäftsabschluss noch immer nicht geliefert wurde (oder, für als illiquid eingestufte Papiere, nach sieben Tagen).

Abwicklung einheitlich mit t+2 für alle börsegehandelten Wertpapiere

Vor in Kraft treten der Verordnung gab es in unterschiedlichen Ländern abweichende Regelungen, an welchem Tag nach Geschäftsabschluss (also Kauf oder Verkauf von Wertpapieren) geliefert werden muss. Die Verordnung hat die Tage zwischen Handel und Settelment (also Lieferung) nun EU-weit auf zwei Geschäftstage festgelegt. In der Fachsprache wird das gerne mit t+2 abgekürzt, wobei t für den Handelstag steht. Am zweiten Geschäftstag nach dem Kauf eines Wertpapiers müssen die Papiere somit auf dem Depot des Käufers verbucht werden. Kauft jemand am Montag Aktien, so hat er diese Mittwoch in seinem Depot liegen, vorausgesetzt es ist kein Abwicklungsfeiertag dazwischen.  Ausnahmen von der t+2 Regelung gibt es für Börsengänge, Neuemissionen sowie außerbörslich abgeschlossene Geschäfte.

Zentrale Verwahrstellen müssen eigens zugelassen werden

Um Wertpapiere zentral verwahren und abwickeln zu dürfen, müssen Unternehmen von der Aufsichtsbehörde ihres Heimatlandes zugelassen werden. Welche Behörde in den jeweiligen Mitgliedstaaten zuständig ist, kann jeder Bürger auf der Webseite der europäischen Aufsichtsbehörde ESMA einsehen, an die entsprechend alle Zulassungen gemeldet werden müssen. Die ESMA arbeitet zudem eng mit den nationalen Behörden zusammen und koordiniert grenzüberschreitende Agenden.

Die Verordnung regelt sehr genau, wie der Zulassungsprozess abzulaufen hat. Die Voraussetzungen für die Zulassung (z.B. Eignung des Managements, Schaffung eines Nutzerausschusses, Verantwortung bei Auslagerungen von Geschäften, Wohlverhaltensregeln, ein umfangreiches Risikomanagement und Maßnahmen gegen Betrug) sowie die Arbeitsabläufe innerhalb der Behörden sind deshalb überall gleich. Da Zentralverwahrer mit in Kraft treten dieser Verordnung ohne Einschränkungen überall in der EU tätig werden dürfen, soll dadurch eine sogenannte regulatorische Arbitrage verhindert werden. Alle in der EU zugelassenen Zentalverwahrer werden von der ESMA auf ihrer Webseite veröffentlicht (nicht ganz leicht zu finden, da es sich um ein pdf-Dokument handelt, aber mit dem Suchbegriff „CSD Register“ wird man fündig).

Jährliche vor Ort Überprüfung durch die Aufsichtsbehörde

Alle zugelassenen Zentralverwahrer werden mindestens einmal jährlich von der Aufsichtsbehörde vor Ort überprüft. Die Aufsicht prüft dabei die Organisation, die Methoden und die Strategie der Verwahrstellen und bewertet die vorhandenen Risiken. Zusätzlich müssen die Zentralverwahrer Sanierungspläne und Abwicklungspläne vorzeigen, in denen dargelegt wird, wie im Krisenfall das Kerngeschäft der Wertpapierverwahrung und Abwicklung weitergeführt werden kann.

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