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Die CRD-Richtlinie: Es geht um die Zulassung und den laufenden Betrieb von Banken und Wertpapierfirmen, sowie um deren Kontrolle

Welche Voraussetzungen müssen erfüllt sein, damit man eine Banklizenz bekommt oder eine Wertpapierfirma betreiben darf? Woran müssen sich Institute im laufenden Betrieb halten? Wieviel zusätzliches Kapital muss ein Institut in Reserve halten? Worauf müssen die Aufsichtsbehörden bei der Kontrolle der Institute achten? Genau das steht in der europäischen CRD Richtlinie, die im Juni 2013 von Rat und Parlament beschlossen wurde. Sie löst eine ganze Reihe älterer Vorschriften aus 2002-2006 ab und ist dadurch ausgesprochen umfangreich. Viele Regelungen aus Basel III sind in dieser Richtlinie umgesetzt.

Ein Teil des CRD IV Pakets

CRD steht für Capital Requirements Directive (2013/36/EU) (CRD) und ist ein Teil des CRD IV Pakets. Die CRD wurde vom Europäischen Parlament am 26. Juni 2013 beschlossen und musste bis Anfang 2014 in das jeweilige nationale Recht der einzelnen Mitgliedsstaaten umgesetzt werden. Zum CRD IV Paket zählt zudem die CRR-Verordnung.

Erstmals einheitliche Kriterien für den gesamten EWR-Raum

Seit 2004 dürfen alle Kreditinstitute und Wertpapierfirmen, die in einem Mitgliedsland zugelassen sind, uneingeschränkt auch überall anders im EWR tätig sein. Bis zur Verabschiedung der CRD Richtlinie war es aber so, dass in jedem Land andere Anforderungen herrschten. Mit der CRD Richtlinie gelten nunmehr einheitliche Vorschriften unter der Schirmherrschaft der Europäischen Bankenaufsicht EBA.

Die wichtigsten Zulassungsvoraussetzungen

  • Für das Einlagengeschäft benötigt man immer eine Lizenz von der Aufsichtsbehörde!
  • Ein Business-Plan muss vorgelegt werden
  • Anfangskapital von mindestens 5 Mio EUR für Kreditinstutute (=Einlagengeschäft)
  • Anfangskapital von mindestens 730.000 EUR für Wertpapierfirmen (Broker mit Geschäft auf eigene Rechnung)
  • Anfangskapital von mindestens 125.000 EUR für Wertpapierfirmen, die als Vermittler tätig sind, aber auch Kundengelder und Kundenwertpapiere verwalten
  • Anfangskapital von mindestens 50.000 EUR für reine Vermittler (Wertpapierfirmen, die nicht auf eigene Rechnung handeln)
  • Mindestens zwei ausreichend qualifizierte, hauptberufliche Geschäftsführer
  • Identität aller finanziell beteiligten Anteilseigner muss bekannt sein
  • Anteilseigner und Gesellschafter müssen finanziell solide sein, einen guten Leumund haben und entsprechende Fähigkeiten mitbringen
  • Es müssen ein umfangreiches Risikomanagement, Kontrollmechanismen und ein solides Management vorhanden sein
  • Banken müssen Abwicklungspläne parat haben.
  • Die Vergütungspolitik muss offengelegt werden.

Strenge Vorschriften für „bedeutende Finanzinstitute“

Für Institute, die von der zuständigen Bankenaufsicht als bedeutend eingestuft werden, gelten nochmals zusätzliche Vorschriften. Es geht hier vor allem um die Kreditrisikobewertung.

  • Das Institut muss fähig sein, eine korrekte Risikobewertung aller Positionen vorzunehmen, um darauf basierend die Eigenkapitalanforderungen berechnen zu können. Dafür müssen genügend Ressourcen zur Verfügung stehen.
  • Für die Kreditrisikobewertung müssen interne Modelle, also bankeigene Ansätze, verwendet werden. Die Verwendung von ausschließlich externen Ratings (z.B. von Ratingagenturen wie Moody’s, Standard&Poors, Fitch oder DBRS) ist nicht erlaubt!
  • Große Positionen von Schuldinstrumenten (Bonds, Verbriefungen, Schuldscheine, ect.) im Handelsbuch müssen ebenfalls mit internen Modellen beurteilt werden.
  • Mindestens jährlich müssen die Ergebnisse der internen Berechnungen sowie die Modelle selbst an die Aufsichtsbehörden gemeldet werden. Die Behörden sowie die Europäische Bankenaufsicht überprüfen und vergleichen daraufhin regelmäßig die Ergebnisse sowie die Qualität der Modelle.

Allgemeine Vorschriften für den laufenden Betrieb von Banken

Die CRD enthält noch eine ganze, lange Liste an Vorschriften, an die sich Banken im laufenden Betrieb halten müssen. Die meisten davon betreffen ein hochwertiges Risikomanagement und orientiert sich stark an Basel III.

  • Das Risikomanagement muss als unabhängige und eigenständige Abteilung direkt unter dem Vorstand geführt werden.
  • Das Kreditportfolio (=Kredite, Wertpapiere und Verbriefungen) muss ausreichend diversifiziert sein und nach nachvollziehbaren, fairen Kriterien erstellt sein.
  • Das Institut muss das Kreditportfolio bewerten können (sowohl auf Einzelbasis als auch auf Portfolioebene).
  • Das Risiko von Verbriefungsprodukten muss umfangreich bewertet werden, ebenso das Marktrisiko.
  • Weitere Risiken die bewertet werden müssen: Zinsänderungsrisiko im Anlagebuch, operationelles Risiko, Liquiditätsrisiko, sowie das Risiko einer Überschuldung.
  • Ein von der Geschäftsführung getrennter Aufsichtsrat als Unternehmensleitung mit umfangreicher Verantwortung für die Durchführung und Kontrolle des (Risiko)Managements.
  • Die Bilanzen müssen veröffentlicht werden.
  • Die Kapitalrendite muss jährlich veröffentlicht werden (=Nettogewinn dividiert durch die Bilanzsumme).

Deckelung von Bonus-Zahlungen

In der CRD ist zudem geregelt, wie die variable Vergütung, also Bonuszahlungen an Mitarbeiter und Manager, organisiert sein muss. Das betrifft nicht nur Mitarbeiter einer Bank, die im EWR-Raum angestellt sind, sondern tatsächlich Mitarbeiter weltweit. Explizit erwähnt werden hier sogar „Offshore Finanzzentren“!

Die Bonus-Regelung betrifft vor allem die Geschäftsleitung, die Geschäftsführung, Händler, Risikomanager und Kontrollgremien, also all jene, die einen direkten Einfluss auf die Risikopositionen des Kreditinstituts nehmen können.

Für Banken, die Staatshilfen erhalten haben, gilt grundsätzlich eine sehr strenge Deckelung von Bonuszahlungen. In diesem Fall dürfen sogar die Gehälter der Aufsichtsratsmitglieder beschnitten werden, und einen Bonus erhält der Aufsichtsrat nur unter Ausnahmen.

Für alle anderen Banken gilt bei der Bonus-Politik:

  • Bonuszahlungen dürfen nur aus dem Gewinn finanziert werden.
  • Keine garantierten Boni mehr (Ausnahme für das erste Jahr möglich)
  • Performance-Messung auf mehrere Jahre verteilt
  • Der Bonus darf maximal so hoch sein wie das Grundgehalt (Ausnahme bis maximal 200% möglich)
  • Der Bonus besteht zu mindestens 50% aus Wertpapieren, entweder Aktien und Anteilsscheine oder aus Ergänzungskapitalpapieren
  • Mindestens 40% muss über mindestens 3-5 Jahre zurückbehalten werden (bei sehr hohen Boni mindestens 60% zurückbehalten)
  • Diese zurück behaltenen Teile können in schlechten Geschäftsjahren nachträglich wieder aberkannt werden (=Rückforderungsrecht)
  • Die Mitarbeiter dürfen ihren Bonus nicht hedgen!
  • Die Bonuspolitik muss auf der Webseite des Unternehmens erläutert werden.

Käufe und Verkäufe von Banken müssen genehmigt werden

  • Genehmigung der Aufsichtsbehörde für die Übernahme eines Kreditinstituts oder bei Erreichen einer Beteiligung von 20%, 30% sowie 50% nötig!
  • Information an die Aufsichtsbehörde bei Anteilsverkäufen, welche die Beteiligung unter 20%, 30% oder 50% fallen lässt
  • Auch das Kreditinstitut selbst muss die Aufsichtsbehörde über eine Änderung der Eigentümerstruktur informieren, wenn die 20%, 30% oder 50% Schwelle (an Stimmrechten) über- oder unterschritten wird. Sonst drohen Sanktionen!
  • Die Aufsichtsbehörde hat ein Veto-Recht und kann sowohl den Kauf als auch den geplanten Verkauf untersagen!

Aufsicht im Herkunftsland

Jede Bank und jeder Broker darf in jedem Mitgliedsland tätig werden. Die Aufsicht über das Institut hat jeweils die Aufsichtsbehörde aus dem Land, in dem der Hauptsitz der Gesellschaft liegt. Die Aufsichtsbehörden arbeiten dabei allerdings eng zusammen, und die Behörde im Heimatland einer Bank oder eines Brokers muss die Aufsichtsbehörden der anderen Länder zum Beispiel über Sanierungspläne oder Liquiditätsengpässe informieren. Zudem können die Aufsichtsbehörden aus den anderen Mitgliedsländern Zweigstellen direkt überprüfen.

Umfangreiche Pflichten für die Aufsichtsbehörden

In der CRD wird auch den Aufsichtsbehörden eine lange Liste an Verpflichtungen vorgegeben. Im Detail sind diese Aufsichtspflichten in der CRR-Verordnung geregelt, welche die CRD Richtlinie ergänzt.

  • Überprüfung, ob alle Institute die Vorschriften aus der CRD einhalten
  • Regelmäßige Durchführung von Stress-Tests
  • Bei Kreditinstituten mit sogenannter „Systemrelevanz“ müssen zudem sämtliche Ergebnisse und Überprüfungen an die Europäische Bankenaufsicht EBA weiter geleitet werden.
  • Erstellung eines jährlichen Prüfungsprogramms durch die Behörde.
  • Mindestens alle drei Jahre eine Überprüfung interner Modelle von Banken

Eingriffsrechte der Aufsichtsbehörden

Die CRD regelt auch, dass die Aufsichtsbehörde direkt in die Geschäfte von Banken und Brokern eingreifen dürfen, falls diese die Anforderungen der CRD nicht erfüllen. So kann die Aufsichtsbehörde etwa vorschreiben, dass zusätzliches Eigenkapital für besondere Risiken bereit gehalten werden muss. Die Behörde kann die Auszahlung von Dividenden oder Zinszahlungen auf Ergänzungskapital untersagen, die Verwendung des Gewinnes vorschreiben, häufigere Berichte verlangen, und sogar den Umfang und die Art der Tätigkeit eines Instituts einschränken.

In Kombination mit der CRR-Verordnung zu lesen!

Die CRD Richtlinie muss zusammen mit der CRR-Verordnung („Capital Requirements Regulation“) gesehen werden. Hier handelt es sich um eine Verordnung, die direkt für alle Mitgliedstaaten verbindlich gilt, und nicht erst – wie im Fall einer Regulierung – erst in nationales Recht umgesetzt werden muss. In der CRR geht es um die Aufsichtsanforderungen an Kreditinstitute und Wertpapierfirmen.

Der zusätzliche „Kapitalerhaltungspuffer“ von 2,5% der risikogewichteten Aktiva

Laut der CRR-Verordnung müssen Kreditinstitute 4,5% hartes Kernkapital vorhalten (von einer Gesamtkapitalquote von 8%). Die CRD Richtlinie schreibt nochmals zusätzlich 2,5% hartes Kernkapital als Kapitalpuffer vor. Hartes Kernkapital, das sind ausschließlich Aktien oder Anteilsscheine sowie einbehaltene Gewinne eines Unternehmens. Sehr kleine Wertpapierfirmen, die keine Systemrelevanz haben, können davon ausgenommen werden.

Sowie ein „antizyklischer Kapitalpuffer“ von 0% – 2,5%

Nochmals zusätzlich kann die jeweilige Aufsichtsbehörde einen sogenannten antizyklischen Kapitalpuffer vorschreiben, der ein Institut zwingt, nochmals zusätzliches Eigenkapital vorzuhalten. Die Höhe des Kapitalpuffers kann bis auf 2,5% ansteigen. Zweck dieser Reserve ist, dass sie im Fall einer Kreditklemme aufgebraucht werden darf. Auch dieser zusätzliche Kapitalpuffer muss in hartem Kernkapital vorhanden sein. Allerdings sehen nicht immer alle Aufsichtsbehörden die Notwendigkeit dieses Kreditklemmen-Puffers. Die Bafin hat etwa in einer Allgemeinverfügung die Quote ab 1.1.2016 auf 0% festgelegt und sie auch für das gesamte Jahr 2017 so belassen.

Ein Puffer für systemrelevante Institute (G-SRIs und A-SRIs) von 1% – 3,5%

Für große Institute gelten nochmals zusätzliche Kapitalpuffer, da ihre Insolvenz weitreichende Folgen haben würde. Hier wird nochmals unterschieden, ob die Institute global systemrelevant sind (= G-SRIs, also „global relevante Institute oder im Englischen G-SIIs für global systemically important institutions) oder regional begrenzt (= A-SRIs, also „andere systemrelevante Institute, die auch manchmal mit der englischen Abkürzung O-SIIs für „other systemically important institutions“ abgekürzt werden). Wer systemrelvant ist, entscheidet die Europäische Bankenaufsicht EBA und veröffentlicht die jeweiligen Listen auf ihrer Webseite.

  • Weltweit tätige Institute, die als G-SRIs eingestuft werden, müssen nochmals hartes Eigenkapital in Höhe von 1% – 3,5% vorhalten. Die Höhe wird von der Europäischen Bankenaufsicht EBA festgelegt und veröffentlicht. Die G-SRIs werden dabei in fünf Risikogruppen eingeteilt.
  • Alle anderen SRIs, also die A-SRIs, müssen hier „nur“ bis zu 2% an hartem Eigenkapital zusätzlich bereit halten. Die Höhe wird auch hier individuell von der Aufsichtsbehörde festgelegt.

Plus ein möglicher Systemrisikopuffer aus hartem Kernkapital (mindestens 1%)

Für alle Institute darf eine Aufsichtsbehörde nochmals zusätzlich einen Systemrisikopuffer von mindestens 1% aus hartem Kernkapital vorschreiben. Dieser Kapitalpuffer ist wieder individuell pro Institut geregelt und soll dazu dienen, alle anderen Risiken, die noch nicht durch die anderen Risikopuffer abgefangen werden, zu bedenken. Die maximale Höhe ist nicht geregelt, wohl aber ein Einspruchsrecht der Europäischen Bankenaufsicht und der Europäischen Kommission, falls eine nationale Aufsichtsbehörde den Puffer auf über 3% heben will.

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