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Dodd-Frank Act: Bankenregulierung in den USA

Der vollständige Name dieses sehr umfangreichen Regulierungswerks für den Finanzsektor lautet „Dodd-Frank Wall Street Reform and Consumer Protection Act“. Das Gesetz umfasst 848 Seiten und besteht aus 1506 Paragrafen. Das komplette Dokument gibt es hier.

Beschlossen wurde der Dodd-Frank Act im Jahr 2010 als Antwort auf die Finanzkrise der Jahre 2007/2008.

Ein Gesetz zur Regulierung der gesamten Finanzwirtschaft

Der Dodd-Frank Act findet nicht nur auf Banken und Investmentbanken Anwendung, sondern betrifft einen weiten Kreis an Dienstleistern der gesamten Finanzwirtschaft, sowie börsengelistete Unternehmen und Rating Agenturen. Nicht nur der Kreis der durch Dodd-Frank regulierten Unternehmen ist ausgesprochen weit gefasst, sondern auch die thematische Abdeckung ist breit. So werden hier nicht nur Vorschriften zur Eigenkapitalunterlegung und dem Risikomanagement gemacht, sondern auch Regelungen zur Manager-Vergütung, der Unternehmensführung, ethische Vorgaben und neue Regeln zur Registrierung von Marktteilnehmern.

Neue Behörden sowie neue Aufgaben für bestehende Behörden

Als neue Behörde wurde das „Financial Stability Oversight Council“ oder FSOC gegründet. Diese neue Behörde überwacht die Stabilität des US-Finanzsektors. Es soll Risiken frühzeitig erkennen und darauf mit Maßnahmen reagieren können. Im FSOC sitzen insgesamt 15 Personen (Experten von anderen Aufsichtsbehörden sowie einem direkt vom Präsidenten ernannten Experten). Stimmrechte haben davon allerdings nur 10 Personen.

Neu geschaffen wurde dafür das Office of Financial Research (OFR), das dem Financial Stability Oversight Council die notwendigen Daten und Analysen liefert. Zudem stellt das OFR auch viele Statistiken für die Öffentlichkeit zur Verfügung.

Für die Überwachung der Rating-Agenturen wurde das „Office of Credit Ratings“(OCR) neu von der SEC gegründet.

Den Anlegerschutz übernimmt seither das ebenfalls neue „Consumer Financial Protection Bureau“ oder CFPB.

Die Versicherungswirtschaft überwacht das neue „Federal Insurance Office“, das direkt im Department of the Treasury angesiedelt ist.

Doch auch die zuvor bestehenden Aufsichtsbehörden bekamen durch Dodd-Frank erweiterte Befugnisse. Die FDIC (Federal Deposit Insurance Corporation) etwas, über die seit den 1930er Jahren Bankguthaben garantiert werden, kann nun Notprogramme im Krisenfall ins Leben rufen. Sie kann ins Schleudern geratene Banken und Unternehmen abwickeln. Die SEC (Securities and Exchange Commission), die CFTC (Commoditiy Futures Trading Commission) und das Federal Reserve System erhalten mehr Macht und einen erweiterten Kreis an beaufsichtigten Instituten. Die SEC kann beispielsweise seit Dodd-Frank auch Privatpersonen direkt mit Geldstrafen belegen und umfangreiche Berufsverbote aussprechen. Das übrigens selbst dann, wenn das Vergehen außerhalb der Vereinigten Staaten stattgefunden hat, sofern die Tat Auswirkungen bis in die USA haben könnte!

Bezahlt durch große Marktteilnehmer

Die Kosten in Höhe von 19 Milliarden USD des Dodd-Frank Acts mussten große Finanzinstitute tragen. Über einen Zeitraum von fünf Jahren mussten sie entsprechende Sonderabgaben leisten, die im ebenfalls neu gegründeten „Financial Crisis Assessment Fund“ im Finanzministerium für eine Dauer von 25 Jahren vorgehalten werden. Getroffen hat die Sonderabgabe Banken mit einer Bilanzsumme von über 50 Milliarden USD sowie Hedgefunds ab 10 Milliarden USD.

Hohe Belohnungen für Whistle-Blower

Der Dodd-Frank Act erlaubt es der SEC zudem, Whistle-Blower, die der SEC oder der CFTC (Commodity Futures Trading Commission) Tipps über gravierendes Fehlverhalten in ihrem Unternehmen geben, diese an den Einnahmen durch Strafen zu beteiligen. Werden Strafen über 1 Mio USD verhängt, erhält der Whistle-Blower davon einen gewissen Prozentsatz. Allerdings nur, wenn der Whistle-Blower seine Belohnung auch rechtzeitig bei der SEC beantragt und die SEC die Belohnung für gerechtfertigt hält. Zudem können Whistle-Blower gegen ihre Arbeitgeber vorgehen, wenn sie von diesen benachteiligt werden sollten.

Schutz von Investoren und mehr Mitsprache bei Manager-Gehältern

Ein zentraler Teil des Dodd-Frank Acts betrifft den Schutz von Investoren durch eine Verbesserung der „Corporate Governance“, also dem, wie sich Unternehmen zu verhalten haben. Unter anderem wird in Dodd-Frank geregelt, welche Rechte Aktionäre bei der Wahl von Managern und Aufsichtsrechten haben.

Aktionäre erhalten durch Dodd-Frank auch mehr Mitspracherechte bei der Festlegung von Manager-Gehältern und anderen Vorteilen, die Managern gewährt werden.

  • Say-on-pay: Dem Vergütungs-Schema muss zugestimmt werden. Große institutionelle Investoren müssen ihre Zustimmung dazu zudem veröffentlichen.
  • Say-on-golden-parachutes: „Vergoldeten“ Ausscheide-Klauseln muss zugestimmt werden. Auch hier müssen große institutionelle Investoren ihre Wahlentscheidung veröffentlichen.
  • Schaffung eines unabhängigen Vergütungskommittees
  • Pay-for-performance und pay-parity Zahlen müssen veröffentlicht werden (Performance-Bonus sowie der Vergleich des Vorstandsvorsitzenden-Gehalts zum durchschnittlichen Mitarbeitergehalt)
  • Hedging-Maßnahmen von Managern und Mitarbeitern müssen veröffentlicht werden, also wenn jemand, der Aktien, Wertpapiere oder Anteile des Unternehmens hält, diese gegenüber Kursverlusten mit Derivaten abgesichert hat.

Rating-Agenturen werden separat überwacht

Durch das neu geschaffene und der SEC unterstellte „Office of Credit Ratings“ werden anerkannte Rating-Agenturen gesondert überwacht. Das OCR erhält durch den Dodd-Frank Act umfangreiche Befugnisse, um Rating-Agenturen regelmäßig zu überprüfen. Im Fokus steht eine möglichst unabhängige Beurteilung sowie eine effiziente interne Kontrollstruktur innerhalb der Ratingagenturen. Hintergrund ist das wiederholte Versagen externer Ratings unmittelbar vor Finanzkrisen und die Interessenkonflikte durch das Issuer-Pay-Modell.

Außerbörsliche Derivate werden stark reguliert

Der Dodd-Frank Act hat den Markt für OTC (also außerbörslich) gehandelte Derivate komplett auf den Kopf gestellt. Das betrifft vor allem den Markt für Zins- und Währungsderivate, die den Großteil der täglich gehandelten Finanzderivate ausmachen.

Die meisten OTC-Derivate müssen seither über zentrale Clearing Häuser abgewickelt werden. Die zuständigen Aufsichtsbehörden dafür sind die CFTC sowie die SEC. Zudem müssen bestimmte Produkte nun über offizielle Handelsplattformen gehandelt werden. Die Handelsdaten müssen zudem in Echtzeit an die Aufsichtsbehörden gemeldet werden, sowohl für geclearte Produkte als auch für exotische OTC-Trades. Daraus werden möglichst zeitnahe Handelsstatistiken von den Behörden veröffentlicht.

Alle Marktteilnehmer, die im Finanzmarkt mit Derivaten handeln und entweder als „Swap Dealer“ oder „Major Swap Participant“ eingestuft werden, müssen sich offiziell registrieren. Das betrifft vor allem Banken, Broker und Market Maker, die Swaps nicht nur zur Absicherung eigener Positionen und Risiken nutzen.

Diese Dealer und Major Swap Participants müssen seit Dodd-Frank neben ihrer Registrierung noch diverse Anforderungen an Kapitalunterlegung, Margins, Berichterstattung, Aufbewahrungspflichten und Organisationsstrukturen erfüllen. Ebenfalls konkret geregelt sind sehr strenge Sorgfaltspflichten der Swap Dealer und Major Swap Participants gegenüber ihren Kunden. Die Beratung muss im besten Interesse ihrer Endkunden geschehen und diese mit umfangreichen Informationen zu allen Risiken, möglichen Interessenkonflikten und finanziellen Anreizen wie Provisionen versorgen. Geschäfte mit öffentlichen Geschäftspartnern (z.B. Kommunen, Regionen, Staaten sowie deren Rentenfonds oder Stiftungen) dürfen überhaupt nur geschlossen werden, wenn sich der Swaphändler versichert hat, dass dieser öffentliche Geschäftspartner über die entsprechende Expertise verfügt und unabhängig beraten wird.

Swap-Trades, die bereits vor dem Inkrafttreten von Dodd-Frank abgeschlossen wurden, sind von den Clearing und Trading Verpflichtungen übrigens nicht betroffen. Hier gibt es ein sogenanntes „Grandfathering“. Alte Geschäfte müssen also nicht nachträglich auf die Clearing Systeme gebracht werden.

Abwicklungspläne für große Institute und Unternehmen sowie Kreditrisikogrenzen

Ab einer Bilanzsumme von 50 Milliarden USD müssen Banken und alle von der Federal Reserve beaufsichtigte Unternehmen Abwicklungspläne erstellen. Zudem müssen sie den Aufsichtsbehörden regelmäßig ihr Kreditrisiko gegenüber anderen, großen Banken und beaufsichtigten Unternehmen liefern. Dieses Kreditrisiko gegenüber anderen „Großen“ darf bestimmte Grenzwerte nicht überschreiten. Hinzu kommen jährliche, offizielle Stress-Tests sowie halbjährlich in Eigenregie durchgeführte Stress-Tests.

Die Volcker-Rule: Eigenhandel wird beschnitten

Benannt nach dem ehemaligen Vorsitzenden der Federal Reserve Paul Volcker, trennt dieser Gesetzesteil grundsätzlich Geschäftsbanken und den Eigenhandel. Banken, die Kundengeldeinlagen haben, dürfen weder einen separaten Eigenhandel betreiben, noch Hedge Funds oder Private Equity Funds dafür sponsern oder finanzieren. Dezidiert ausgenommen von der Regel sind Market Making sowie das Investmentbanking mit dem Neuemissionsgeschäft. Absicherungsgeschäfte und andere, geringfügige Aktivitäten auf eigene Rechnung sind ebenfalls erlaubt. Verboten hingegen ist die großvolumige Spekulation mit dem Bankkapital.

Die Volcker-Rule ist in ihren Details in einer Reihe von separaten Verordnungen geregelt.

 

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