Ein neuer Name, eine leicht veränderte Figur, dazu eine neue Frisur, und schon ist aus der alten Person eine völlig neue geworden. Vergessen ist die Vergangenheit, und durch die äußerliche Veränderung kann die Zukunft nur rosig werden. Sie denken das funktioniert so nicht? Auch nicht bei Anleihen?
Im vergangenen Jahr hatte die Bafin (Bundesanstalt für Finanzdienstleistungsaufsicht) den Versuch gestartet, sogenannte Bonitätsanleihen, also Credit Linked Notes, für Kleinanleger zu verbieten. Wir hatten darüber berichtet. Die Interessenverbände der Banken, allen voran der Deutsche Derivate Verband, liefen dagegen Sturm. Die Bafin war jedoch wild entschlossen, ein Exempel zu statuieren und dieser Art von Anleihen und Zertifikaten, die immerhin 10% des Zertifikatemarktes ausmachen und damit sehr beliebt sind, den Gar aus zu machen. Die Diskussion im Sommer und Herbst letzten Jahres war spannend und wurde heiß geführt. Die einen stellten Bonitätsanleihen als Teufelszeug hin, die anderen als relativ simple Anlagemöglichkeit, die auch dem kleinen Privatanleger schöne Renditen und eine Teilnahme am Markt für Kreditderivate ermöglicht.
Ein Kompromiss wurde gefunden
Das Ergebnis aus Dezember 2016 war am Ende ein recht fader Kompromiss. Die Emittenten einigte sich mit der Bafin auf einige Veränderungen. Fortan gibt es eine „Selbstverpflichtung“ der Emittenten, wie diese Art von Anleihe und Zertifikat künftig ausgestaltet sein soll. Zudem wird das böse Wort Bonitätsanleihe nicht mehr verwendet, sondern nur noch die Bezeichnung „bonitätsabhängige Schuldverschreibung“. Das Ding bekommt also einen neuen Namen. Hinzu kommen noch insgesamt 10 Grundsätze, die übrigens nur für Privatanleger gelten:
Bonitätsabhängige Schuldverschreibungen
- gibt es nur für Privatkunden in Deutschland und nur auf einen Referenzschuldner (also keine First-to-Default-Baskets mehr)
- sind allesamt fest verzinst
- werden nur auf Referenzschuldner begeben, von denen es Aktien oder Anleihen am Kapitalmarkt gibt
- haben Referenzschuldner mit Investment Grade Ratings
- kommen mit verständlichen Kundeninformationen im Gepäck
- heißen nunmehr alle bonitätsabhängige Schuldverschreibungen und nicht anders
- werden vom Emittenten am Kapitalmarkt mit eigenen Kreditderivaten abgesichert und nicht in-house gehedged
- werden mit Mindeststückelungen von 10.000 Euro emittiert
- werden nur an Kunden mit einer gewissen Risikobereitschaft verkauft
- und dem Kunden wird genau erklärt, welche Risiken es gibt und wie das Produkt funktioniert, samt Kreditereignissen.
Keine tiefgreifenden Veränderungen
Die meisten der Punkte entlocken dem Betrachter ein Gähnen. Denn am Produkt selbst ändert sich kaum etwas. First-to-Default Baskets waren auch bisher eine Randerscheinung und eher ein Relikt der Vergangenheit. Der Name selbst dürfte den meisten Anlegern nicht besonders wichtig sein. Interessant aber nicht relevant ist der Punkt der verständlichen Erklärung beim Vertrieb und die Berücksichtigung der Risikoneigung des Kunden, aber ehrlich, das sollte doch auch bisher schon so geschehen und selbstverständlich sein. Das größte Hindernis für den Vertrieb dürfte wohl die hohe Stückelung von 10.000 Euro sein. Damit dürfte tatsächlich ein gewisser Teil der Kundschaft wegfallen.
Bonitätsabhängige Anleihen werden weiterhin gekauft
Doch wie ist die Entwicklung seit der Namensänderung und äußerlichen Veränderung? Die großen Emittenten wie Erste Bank, LBBW und SocGen emittieren weiterhin Credit Linked Notes. Die Nachfrage schafft das Angebot, also dürfte die Nachfrage auf Kundenseite weiterhin ausreichend groß sein.
Der Deutsche Derivate Verband weist in seiner aktuellen Statistik vom Februar 2017 den bonitätsabhängigen Schuldverschreibungen einen Anteil von 9,5% des strukturieten Retail Marktes zu. Damit sind bonitätsabhängige Anleihen noch immer unter den Top 5 der beliebtesten Anlageprodukte.
Die Zeichnungen für bonitätsabhängige Schuldverschreibungen laufen ebenfalls weiter. Die Referenzschuldner sind häufig große Unternehmen des DAX oder ATX, und die aktuellen Kupons bewegen sich zwischen 1,5% – 2,5%. Die höheren Kupons stammen meist von Produkten, die zusätzlich noch Kündigungsrechte (also Short Calls aus Sicht des Investors) inkludiert haben. Die LBBW experimentiert zudem mit bonitätsabhängigen, kündbaren Stufenzinsanleihen, also einer Kombination aus mehreren Anleihetypen.
Neuer Name, neues Spiel
Dem Markt scheint die freiwillige Selbstverpflichtung nur gering geschadet zu haben. In einer Umfrage des Deutschen Derivate Verbandes unter den Emittenten sehen sogar 15% das Segment der bonitätsabhängigen Anleihen als jenes mit den größten, zukünftigen Zuwächsen. Der neue Name scheint dem Produkt also nicht geschadet zu haben, und die Aktion der Bafin hat am Ende außer viel Aufregung ziemlich wenig gebracht.