BahlConsult GmbH: Ihre Experten für Zinsswaps, Derivate und strukturierte InvestmentsIn 2016 dürften sich wieder etliche der neuen Einhörner oder Unicorns, also neue Unternehmen der Technologiebranche mit Milliardenbewertungen, an einen Börsengang wagen. Dass es dabei nicht für alle Investoren gleich und gerecht zugeht, zeigt sich – wie so oft – im Kleingedruckten der dicken Emissionsprospekte. Vor allem die Nebenabsprachen und besonderen Klauseln für die bisherigen Kapitalgeber sind hier interessant. Aber wie so oft dürften die meisten Anleger davor zurückscheuen, sich einer Lektüre der dicken Dokumente zu widmen und stattdessen lieber auf die Werbebroschüren und Kurzzusammenfassungen vertrauen.

Eine gerade bei den großen Unicorn IPOs interessante Klausel, die in beinahe allen Börsengängen dieser milliardenschweren Giganten vorkommt, ist die sogenannte Full Ratchet Klausel. Eine Ratchet Klausel im Rahmen eines IPOs sichert den bisherigen Geldgebern einen Mindestgewinn für ihren Kapitaleinsatz aus dem Emissionserlös zu. Bei Square etwa soll dieser Gewinn bei mindestens 20% liegen, unabhängig davon, ob der Börsengang diesen Gewinn auch erwirtschaftet. Sollte der Erlös aus dem IPO unter dem garantierten Wert liegen, erhalten die Venture Capital Geber zusätzliche Aktien des Unternehmens zu einem entsprechend geringeren Wert. Am Ende kommen die Altkapitalgeber also garantiert auf ihre 20%. So oder so.

Damit ist eine Ratchet Klausel ein besonderer Schutz für Venture Capital Investoren. In den Jahren vor dem Börsengang haben Private und Venture Capital Unternehmen die Unicorns mit ihren oft riesigen Kapitalspritzen erst zu dem gemacht, was sie sind. Die milliardenschweren Bewertungen beruhen nämlich hauptsächlich auf den Unsummen, welche die Venture Capital Branche in einige auserwählte Unternehmen pumpt. Dass sie durch die Ratchet Klauseln am Ende gar nicht so viel Risiko eingehen, wie sie es die Allgemeinheit gerne glauben lassen, ist selten zu lesen.

Dabei sind die Bewertungen, die ein Unternehmen vor einem Börsengang hat, häufig weder realistisch noch exakt, sondern beruhen auf Berechnungen im Zuge von privaten Finanzierungsrunden. Da kann es schon vorkommen, dass Unternehmen, die zuvor zum Beispiel mit 5 Milliarden USD bewertet werden, im Zuge des Börsengangs nur noch auf drei oder vier Milliarden USD kommen. Immer noch ein gigantischer Wert, aber im Vergleich zur vorigen Bewertung fehlt eben die ein oder andere Milliarde. Die soll durch die Ratchet Klausel den Venture Capital Gebern aber nicht so einfach durch die Finger gehen. Also holen sie sich das fehlende Geld schnell mal von den neuen Kapitalgebern.

Die neuen Aktionäre sind es am Ende, welche die Rechnung und das Risiko tragen. Denn ihre Anteile werden durch die zusätzlichen Aktien, die an die Venture Capital Geber ausgegeben werden, deutlich verwässert. Das wirkt sich natürlich auf die Preisentwicklung nach dem Börsengang aus.

Wie man sieht lohnt es sich deshalb, auch das Kleingedruckte in den Emissionsprospekten zu lesen. Meist finden sich Ratchet Klauseln unter dem Stichwort „Verwässerung“ oder, in englischsprachigen Prospekten, unter dem Punkt „Dilution“.

Bei der Entscheidung, in ein IPO zu investieren oder nicht, spielen selbstverständlich noch viele andere Faktoren eine wichtige Rolle. Eine gründliche Fundamentalanalyse des Unternehmens, des Geschäftsfeldes, der Konkurrenzsituation und der Zukunftsaussichten sind mit die wichtigsten Punkte für eine Entscheidung. Dennoch lohnt es sich, auch auf die technischen Details des Börsengangs selbt zu achten, denn wie man sieht, können so nebenbei im Prospekt erwähnte Klauseln hinterher dramatische Auswirkungen auf die Preisentwicklung haben.