Die Diskussion wird seit Jahren heiss geführt und mit vielen Argumenten, Wünschen und Vorschlägen bereichert. Die Rede ist vom sogenannten Bail-In-Kapital für Banken mit globaler Systemrelevanz, die sogenannten G-SIBs (global systemically important banks). Aber auch die Beteiligung von Fremdkapitalgebern im Insolvenzfall nicht systemrelevanter Banken wird neu geregelt.
Mit Bail-In-Anleihen als zusätzlicher Kapitalpuffer soll die finanzielle Stabilität von Banken in extremen Krisenzeiten gesichert werden. Die bereits seit mehreren Jahren existierenden CoCo Bonds sollen damit um eine vermeintlich noch bessere Methode ergänzt werden. Bail-In Kapital wird unter anderem im Rahmen des TLAC (Total Loss Absorbing Capacity) Regulatoriums diskutiert, welches das Financial Stability Board zusammen mit Basel III ausgearbeitet hat, und ist Teil der BRRD (Bank Recovery and Resolution Directive) Richtlinie, die seit Januar 2015 in Kraft ist.
Das ganze geht unter anderem zurück auf eine Einigung des Europäsichen Parlaments und des Rates aus 2013, in der festgehalten wurde, dass in Zukunft zur Rettung einer Bank auch die Fremdkapitalgeber, also die Anleihengläubiger, an den Verlusten und damit der Rettung eines Finanzinstituts beteiligt werden sollen. Der Steuerzahler solle erst an allerletzter Stelle in der Rettungskette stehen. Die Einigung wurde als „Bail-In Richtlinie“ bekannt. In Kraft trat die BRRD Richtlinie bereits in 2015. Noch ist sie nicht in allen Ländern der EU voll umgesetzt und unterscheidet sich in vielen Details. Zentrales Element der Richtlinie ist allerdings überall, dass Fremdkapital im Bedarfsfall in Eigenkapital umgewandelt werden kann. Ausgenommen davon sind nur wenige Assets wie etwa Pfandbriefe und durch einen Einlagensicherungsfonds besicherte Einlagen.
In Deutschland wurde die Umsetzung der Richtlinie unter dem Namen „Abwicklungsmechanismusgesetz“ (AbwMechG) im November 2015 beschlossen und tritt am 1. Januar 2017 für alle Banken in Kraft. Damit wird geregelt, dass im Insolvenzfall eines deutschen Kreditinstituts nach und nach die Besitzer von Anleihen und Verbindlichkeiten mit am Kapitalausfall beteiligt werden. Allerdings wird das sogenannte nicht-nachrangige Fremdkapital nicht wie bisher gleichmäßig beteiligt, sondern in Form eines Wasserfallprinzips. Nach und nach werden immer mehr Klassen beteiligt:
- Zunächst muss das Eigenkapital aufgebraucht werden.
- Danach folgen nachrangige Anleihen und Verbindlichkeiten (das sogenannte Tier-2)
- gefolgt von „handelbaren“ nicht-nachrangigen („senior“) Anleihen und Verbindlichkeiten, wie etwa Inhaberschuldverschreibungen, Namensschuldverschreibungen und Schuldscheindarlehen.
- Reicht das noch nicht, wird auf Derivate und Geldeinlagen von Großkunden zurückgegriffen.
- Danach folgen die Geldeinlagen von Klein- und Mittelbetrieben sowie Privatvermögen.
Nicht verwertet werden nur besicherte Anleihen, also etwa Pfandbriefe, sowie die durch Einlagensicherung gedeckten Privateinlagen bis 100.000 Euro.
Damit wird die Abwicklung in Deutschland durch ein automatisches Bail-In geregelt. Dadurch werden Anleihen, die bisher als nicht-nachrangig galten, plötzlich zu nachrangigen Anleihen im Insolvenzfall.
In anderen Ländern der EU wird die BRRD anders umgesetzt. In Frankreich und Spanien etwa wird eine komplett neue Assetklasse eingeführt. Diese eigenen Bail-In-Anleihen werden als Tier-3 bezeichnet und sind vor die nicht-nachrangigen Verbindlichkeiten als Puffer geschaltet. Hier ergibt sich dann folgende Reihenfolgen bei Anleihen:
- Eigenkapital
- nachrangiges Kapital
- die neuen Bail-In-Anleihen oder auch „Junior Senior“ oder „Senior Subordinated“ genannt
- nicht-nachrangige Verbindlichkeiten (also Anleihen, Schuldscheindarlehen, Derivate, Bankeinlagen von Großkunden)
- und am Ende wieder unbesicherte Bankeinlagen von KMUs und natürlichen Personen.
Auch hier bleiben Pfandbriefe und eigens besicherte Assets von einer Insolvenzbeteiligung verschont.
Diese Methode ist insofern interessant, da sie die Gläubiger von nicht-nachrangigen „Senior Unsecured Bonds“ besser schützt. Das dürfte sich auf die Spreads und das Rating der Senior Unsecured Anleihen positiv auswirken. Den gesparten Spread-Aufschlag muss die Bank natürlich auf die neuen Bail-In-Anleihen aufwenden. Durch die zusätzliche Klasse dürften die normalen Senior Unsecured Bonds allerdings einen gewissen Wettbewerbsvorteil gegenüber so manchem EU-Konkurrenten haben.
Welches System sich am Ende durchsetzen wird, ist noch nicht abzusehen. Wie bei vielen neuen EU-Richtlinien wird nach einigen Jahren geprüft, wie gut sich die Richtlinie in der Praxis bewährt hat und was gegebenenfalls geändert werden muss. Die weitere Entwicklung der Regulierung bleibt interessant.