Bargeld, Plastik oder App? Die Welt des Geldes und des Zahlungsverkehrs verändert sich. Neben Banken und Finanzdienstleistern bieten heute zunehmend Technologieunternehmen Zahlungsmöglichkeiten an. Internet, Smartphones und der Netzausbau für mobiles Internet haben das alltägliche Geschäftsleben weltweit verändert. Doch wie geht es weiter?

Ein Bankkonto ist für uns heute in der westlichen Welt meist eine Selbstverständlichkeit. Schon Kindern werden eigene Bankkonten angeboten, und wir denken nicht mehr darüber nach. Doch noch vor drei oder vier Generationen hatten die meisten Menschen selbst in Europa kein eigenes Bankkonto. Vor allem Frauen und die meisten Arbeiter mussten ohne Konto auskommen. In vielen Ländern der Welt ist das übrigens auch heute noch immer der Fall.

Ein Bankkonto ist nicht mehr so wichtig

Über ein Konto zu verfügen ist bei uns nach wie vor wichtig, um beispielsweise Gehalt oder Sozialleistungen zu erhalten. Zahlungsausgänge hingegen verlagern sich zunehmend auf Apps, die außerhalb des Bankensystems existieren. Guthaben werden auf unserem Paypal Konto, bei Amazon, WePay, Alibaba, M-Pesa oder einem anderen Technologieunternehmen gespeichert und damit weg vom klassischen Bankkonto. Doch auch die Banken selbst haben sich verändert. Bestanden Banken früher hauptsächlich aus überdimensionierten, prunkvollen Kassenräumen, in denen Bargeld und Wertpapiere umgeschlagen wurden, haben wir uns heute an großteils kassenlose Bankfilalen gewöhnt und nehmen Online Banking als ganz selbstverständlich hin.

Plastikgeld vor dem Aus?

Doch auch die Art, wie wir bezahlen, ist in einem Umbruch. Kontaktloses Zahlen hat sich mittlerweile gut durchgesetzt. Bald wird es wohl noch einen Schritt weiter gehen. Wahrscheinlich können wir unsere heute noch unverzichtbaren Plastikkarten bald zu Hause lassen. Bezahlen über Apps, biometrische Erkennung wie Fingerabdruck oder Irisscan, der smarte Einkaufswagen, die intelligente Parkraumabrechnung, die Zukunft steht bereits vor unserer Haustüre.

Was ist mit Bargeld?

Bargeld hat einen gewissen Reiz, und der ist zugegeben nicht immer mit redlichen Gedanken verbunden. Neben dem Argument, Bargeld sei schlicht umständlich, mühsam, teuer und nicht mehr der Zeit entsprechend, wird immer wieder mit den negativen Folgen der Anonymität und nicht gegebener Nachverfolgbarkeit von Bargeld argumentiert. Denn mit Bargeld wird eine nach wie vor gigantische Schattenwirtschaft am Fiskus vorbei finanziert. Die Putzfrau, der Babysitter und der Handwerker, die ohne Rechnung und nicht selten ohne Arbeitsgenehmigung ins Haus kommen, werden ebenso mit Bargeld bezahlt wie Drogen, Schutzgeld, Prostitution und Schmuggel. Aber das ist nicht die ganze Geschichte.

Tatsächlich ist uns seit der Finanzmarktkrise ein interessanter und sehr wichtiger volkswirtschaftlicher Aspekt von Bargeld klar geworden: Ein Limit für Negativzinsen! Durch negative Zinsen, wie wir sie nach der Finanzmarktkrise erstmals in einem solchen Ausmaß erleben durften, werden virtuelle Geldguthaben sozusagen entspart. Auf Bargeld trifft das aber nicht zu. Nun hat jeder die Wahl, entweder seine 1.000 Euro auf dem Konto zu belassen, wodurch es schlicht weniger wird, weil Zinsen auf das Guthaben bezahlt werden müssen. Oder die 1.000 Euro befinden sich im Geldbeutel, und die bleiben auch 1.000 Euro. Da das Lagern von Bargeld aber bekanntermaßen mit Risiken verbunden ist – Diebstahl, Verlust, Feuer, Wasser, Fälschungen – und ab einer gewissen Menge auch umständlich wird – die Matratze oder ein Koffer reichen irgendwann nicht mehr aus und man benötigt eine bewachte Lagerhalle – wird ein gewisses, niedriges Maß an Negativzinsen tatsächlich von vielen Unternehmen, Banken und Menschen akzeptiert. Doch irgendwann wäre die Grenze erreicht und es wäre günstiger, Geld in Bar einzulagern. Die Existenz von Bargeld schützt uns also vor der Willkür der Zentralbanken und der Staaten, unser Erspartes durch hohe Negativzinsen zu entsparen. Bargeld dürft also auch weiterhin nachgefragt sein.

Die Rolle der Banken?

Das klassische Einlagen- und Kreditgeschäft zählt zum Kern der meisten Banken und bildet die selbstverständliche Grundlage ihrer Existenzberechtigung. Doch nach und nach wird dieses vermeintliche Monopol der Banken aufgeweicht. Immer mehr nicht-Banken treten auf den Plan und verwalten teils enorm hohe Guthaben, vergeben Darlehen und wickeln Zahlungen weltweit ab. Das Segment der Schattenbanken hat sich heute bereits auf den Konsumentenbereich ausgedehnt und wächst stetig. Nach Schätzungen der Bank für Internationalen Zahlungsausgleich entfallen auf das sogenannte Nicht-Banken Segment schon knapp 50% der weltweiten Finanzanlagen. Viele Anbieter übertrumpfen die Banken dabei durch bessere Technologie, attraktivere Konditionen und mehr Kundennähe. Wenn Banken hier Schritt halten wollen, müssen sie mit der Zeit gehen, neue Technologien implementieren und möglicherweise Partnerschaften mit ihren Schatten-Konkurrenten eingehen. Aktuell punkten Banken vor allem noch mit dem Argument der Sicherheit. Durch Regulierungen und Einlagensicherung sind Bankguthaben deutlich sicherer als Guthaben auf einer Online Shopping Plattform. Denn auch virtuelles Geld ist vor Gefahren nicht sicher. Bitcoins werden regelmäßig von Hackern gestohlen, es gibt technische Pannen und sogar behördliche Kontensperrungen.

Die Zukunft wird vernetzt sein

Niemand kennt die Zukunft und kann sichere Vorhersagen treffen. Die Trends jedoch weisen uns in die Richtung einer vernetzten Welt, in der virtuelle Zahlungen in Echtzeit über integrierte Apps verschickt werden. Über ein und die selbe Oberfläche ohne komplizierte Passwörter und Zugangsdaten vor allem kleine Ausgaben wie Kaffee, Parkgebühren, Fahrkarten, Einkäufe im Supermarkt oder Online auf Amazon & Co bezahlen, gleichzeitig ein Taxi und das Mittagessen bestellen, den ETF-Sparplan verwalten und alles am besten sprachgesteuert. Bargeld heben wir im Supermarkt ganz nebenbei ab. Dass wir einmal Bankkonten hatten, die nicht viel mehr konnten, als Einzahlungen und Auszahlungen vorzunehmen und dafür oft mehrere Tage benötigten, wird für die nächste Generation wahrscheinlich ebenso unvorstellbar klingen, wie für uns die Vorstellung, nach New York mit dem Schiff reisen zu müssen, als es noch keine Flugzeuge gab. Werden die Bankfilialen von heute hier mithalten können oder überhaupt noch eine Daseinsberechtigung haben? Die Welt des Geldes verändert sich. Und mit ihr die Rolle aller Beteiligten.