Die jungen Menschen von heute sind die Investoren von morgen. Sie heute zu verstehen mag einen Einblick geben in die Finanzprodukte, die wir in zehn, zwanzig oder dreißig Jahren sehen werden. Schließlich hat jede Zeit ihre Trends und ihre eigenen Ereignisse und Rahmenbedingungen, die prägen. Krieg und Nachkriegsjahre haben jene geprägt, die in den 1940ern und 1950ern aufwuchsen. Die Jungen der 1960er wurden geprägt von neuen, persönlichen Freiheiten. In den 1970ern waren die Ölkrise und in den 1980ern der Kalte Krieg und der Konflikt Kapitalismus gegen Kommunismus prägend, sowie diverse Friedensbewegungen und der Kampf für den Umweltschutz maßgebend. Es folgte die Öffnungen des Ostblocks und von China und mit ihnen die Globalisierung. Die nächste Jugend wurde geprägt durch das Internet und Social Media.
Jede Zeit hat ihren Geist
Je nach Zeitgeist und gesellschaftlichen und politischen Rahmenbedingungen werden die Vorstellungen, Ziele und Ideale von Menschen geprägt. Besonders die jungen Erwachsenenjahre sind es, in denen Menschen mit Eifer und Überzeugung ihre eigenen Wege suchen und sich mit Leidenschaft oft einzelnen Themen oder Ideen verschreiben. Ob über Religion oder Rebellion, die Jugend hat den Drang, sich gegen die bestehende Ordnung zu stemmen. Das war schon immer so und wird wohl auch weiterhin so sein. Doch gegen welche Ordnung und welche Trends stellen sich die Jungen von heute? Was ist ihnen wichtig, und welche Themen werden bleiben, wenn die stürmischen, jungen Jahre vorüber sind? Die Jugend von heute wird das Kapital von morgen verwalten und investieren, und dort das einbringen, das ihnen wichtig ist.
Die Vorurteile über die Jugend von heute
Wer kennt den Spruch nicht, der schon immer von den Älteren zu hören war: „Die Jugend von heute! Was soll bloß aus denen werden? Ja, zu unserer Zeit, da war alles noch ganz anders.“ Auch über die heutige Jugend gibt es unter den nicht mehr so Jungen etliche Vorurteile. Die sitzen sowieso alle nur noch am Computer und Gamen, die bekommen vom richtigen Leben gar nichts mehr mit, sondern leben nur noch in virtuellen Welten mit unechten Freunden. Faul sind sie auch, sie wollen mit 20 ein Startup gründen und mit 40 wollen sie sich zur Ruhe setzen. Was Finanzen angeht vertrauen sie lieber den Robo-Advisern und wollen von Beratern bei der Sparkasse nichts wissen. Gleichzeitig springen sie von Job zu Job und können sich auf nichts festlegen. Doch stimmt das alles? Wie ticken die jungen Leute von heute wirklich?
Entgegen der Klischees
Eine Studie genau darüber hat das CFA Institute im vergangenen Jahr durchgeführt. Die Ergebnisse sind ausgesprochen interessant und überraschen in vielen Punkten!
Viele junge Menschen, die für die Studie befragt wurden, fühlen sich in Bezug auf den Finanzmarkt schlecht informiert und sagen, dass ihnen das nötige Wissen fehlt, um investieren zu können. Sie sind sich also bewusst, dass sie noch dazulernen und sich informieren müssen. Übrigens denken die meisten von ihnen, dass sie sich möglicherweise niemals zur Ruhe setzen können, weil sie nicht davon ausgehen, jemals genug Vermögen gespart zu haben, um mit dem Arbeiten aufhören zu können! Viele jungen Menschen sind dazu eher mit ihren Schulden beschäftigt, und denken wenig an die Möglichkeiten einer Geldanlage. Diejenigen, die Geld haben, um es investieren zu können, nutzen gegen aller Erwartungen häufig menschliche Finanzberater und sind damit sogar zufrieden. Viele schrecken allerdings vor den hohen Kosten einer Beratung zurück. Über Robo-Adviser wussten die Wenigsten überhaupt Bescheid, wie auch generell das Wissen über Finanzen, Finanzberatung, Produkte und Kosten relativ bescheiden war.
Städter und Männer liegen vorne
Was zusätzlich interessant war: Es gab unter den Befragten einen großen Unterschied zwischen jungen Menschen aus Ballungsräumen und jenen aus ländlichen Gebieten. Die jungen Städter kannten sich deutlich besser aus mit Geld und den Möglichkeiten. Ebenfalls überraschend war der Unterschied zwischen jungen Männern und Frauen. Es gibt auch unter der jungen Generation eine Geschlechterkluft in Bezug auf Wissen und Interesse an Geld und Investitionen sowie beim Einkommen und damit beim Vermögen. Junge Frauen schneiden hier deutlich schlechter ab als junge Männer. Minderheiten und Menschen mit Migrationshintergrund liegen ebenfalls zurück.
Geringere Einkommen und unsichere Arbeitsverträge
Was die Studie bestätigen konnte waren die veränderten Beschäftigungsverhältnisse von jüngeren Menschen. Immer seltener sind sie in Vollzeit beschäftigt, und immer mehr von ihnen arbeiten unter unsicheren und befristeten Arbeitsverträgen. Das wirkt sich auch auf ihr Einkommen aus, das tatsächlich oft niedriger ausfällt als noch ein oder zwei Generationen zuvor. Mit einher geht automatisch eine geringere Sparquote und weniger Assets in Form von Immobilien oder Wertpapieren. Ganz im Gegenteil sind junge Menschen sogar häufig verschuldet!
Veränderte Prioritäten
Jede Generation hat ihre eigenen Prioritäten. Der Nachkriegsgeneration war das Eigenheim enorm wichtig. Wer sein eigenes, kleines Häuschen mit Garten bauen konnte, der hatte es geschafft. Das Einfamilienhaus ist den jungen Menschen von heute hingegen nicht mehr allzu wichtig. Viele leben zur Miete, am liebsten in der Stadt und gemeinsam mit anderen, oder noch zu Hause bei Mama und Papa. Reisen sind wichtiger geworden, und soziale Verantwortung sowie der Klimaschutz und der Blick auf das Große Ganze unserer Welt. Damit Hand in Hand geht die Vernetzung über Social Media, mit der junge Menschen weltweit miteinander in Verbindung bleiben und ihren Horizont erweitern. Soziale Gerechtigkeit, Klimaschutz und Toleranz sind zentrale Themen, und viele Junge haben höhere Ansprüche an ihre Arbeit, die einen Sinn haben soll und gleichzeitig Freude machen muss. Gleichzeitig aber wachsen sie in einer Welt auf, die geprägt ist von Terrorismus und Fundamentalismus. Mit einher geht ein kritisches Hinterfragen von Religion und Staats sowie großer Organisationen und Unternehmen.
Finanzprodukte für die nächste Generation
Für die Finanzindustrie ist es selbstverständlich wichtig, sich mit den Trends von morgen zu befassen. Da geht es zunächst gar nicht so sehr um das was sondern vielmehr um das wie! Die Zukunft der Beratung sowie der Geldanlage werden zunehmend digital sein, vernetzt über Apps, die gar nicht in erster Linie nur mit Geld und Veranlagung zu tun haben müssen. Beratung und Geldanlage sprachgesteuert über eine App, mit Videos als Erklärung und virtuellen Beratern über Chat oder ebenfalls Video, flexibel zu jeder Uhrzeit und an jedem Ort der Welt.
Transparent, flexibel, liquide, billig und passiv
Die Art der angebotenen Produkte verändert sich heute schon. Der Trend geht in Richtung passiver Investments, transparent, flexibel, mit günstigen Kostenstrukturen und vor allem schon in kleinen Summen investierbar. Liquidität ist wichtiger geworden, und die Transaktionssummen sind heute schon kleiner geworden. Dieser Trend dürfte sich auch in den nächsten Jahren und Jahrzehnten fortsetzen. Transparenz, kleine Stückelungen und geringe Gebühren bei jederzeitiger Verfügbarkeit, das sind heute schon die selbstverständlichen Anforderungen für viele Veranlagungen. Ein wachsender Trend ist das Thema Nachhaltigkeit. Soziale und ökologische Verantwortung werden groß geschrieben. Gewinne ja, aber nicht auf Kosten unschuldiger Menschen, Pflanzen oder Tiere. Chemiekonzerne und Rüstungsunternehmen etwa erleben heute schon einen gewissen Gegenwind, der sich verstärken könnte. Spezielle Nachhaltigkeits-Portfolien hingegen werden weiter an Popularität zunehmen. Werbung über soziale Medien und sogenannte Influencer ist übrigens heute schon wichtig und dürfte an Bedeutung zunehmen.
Social Media und vernetzte All Inclusive Apps
Bekanntlich wird nichts so heiß gegessen wie es gekocht wird, und entsprechend flauen auch die Emotionen und Ambitionen der heutigen Jugend mit dem Älterwerden wieder ab. Was dennoch bleiben wird sind ihre zentralen Werte und ihre vernetzte Denkweise. Das Selbstverständnis, dass Internet und Apps überall zu jeder Zeit verfügbar sind, wird ebenfalls bleiben, wie auch der Einfluss sozialer Medien im Gegensatz zu traditionellen Zeitungen und Zeitschriften. All-Inclusive-Apps großer Technologiekonzerne werden unser aller Leben in Zukunft vermutlich auf ihren Plattformen zusammenführen. Vom Bestellen der Pizza über die Kommunikation mit Freunden bis hin zum Sparplan werden wir alles aus einer Hand wollen. Wie und welche Finanzanbieter hier die Nachfrage bedienen können wird sich zeigen.