BahlConsult GmbH: Ihre Experten für die Bewertung und Analyse von Swaps, Derivaten und strukturierten ProduktenDie Renditen für Staatsanleihen von Ländern wie Deutschland, Japan oder der Schweiz sind negativ. Und das nicht nur vorübergehend. Der Zustand hält bereits seit längerem an und umfasst mittlerweile über 20% des weltweiten Staatsanleihen Marktes. Investoren verlieren damit effektiv Geld, wenn sie die Anleihen heute kaufen und bis zur Fälligkeit halten. Und das nicht nur aufgrund von Inflation, sondern tatsächlich. Sie bezahlen den Staaten, denen sie Geld leihen, Geld dafür, ihnen etwas leihen zu dürfen. Verkehrte Welt?

Da wären die Anleger sogar besser gestellt, wenn sie ihr Geld einfach als Bargeld in einen großen Tresor sperren und es dort für die nächsten Jahre einfach aufbewahren würden. Warum also investieren Anleger überhaupt in Anleihen mit negativer Rendite? Was treibt sie dazu, und wie tief können die Renditen fallen, bevor die Nachfrage ausbleibt?

Zugegeben, das Ding mit dem Bargeld im Tresor wird ab einer gewissen Geldsumme unrealistisch. Für den Privatanleger mag es möglich sein, Geld in Form von Geldscheinen in einem sicheren Bankschließfach aufzubewahren. Viele tun dies mittlerweile auch tatsächlich, vor allem in der Schweiz, wo negative Zinsen auf Bankkonten berechnet werden. Aber erstens verursacht auch ein Bankschließfach Kosten, hat also eine Cost of Carry, und zweitens wäre es volumsmäßig irgendwann einfach nicht mehr machbar, und auch das Risiko eines Diebstahls kann niemand vollständig ausschließen.

Aber nun abgesehen von der Alternative mit dem Bargeld, könnten die Investoren ihre Gelder doch einfach in Staatsanleihen anderer Länder stecken oder in der bunten, weiten Welt des Kapitalmarkts bestimmt interessante Alternativen finden, mit denen zumindest ein bisschen Geld zu verdienen ist, anstatt einen Teil einfach so zu verschenken.

Die Schlüsselworte sind dabei wohl Sicherheit und Vertrauen. Lieber das Geld am Ende des Tages von einem der wenigen, soliden Staaten, die es derzeit noch gibt, sicher zurück bekommen, als etwas auf’s Spiel zu setzen. Dazu kommt, dass die EZB und auch andere Zentralbanken für Einlagen ebenfalls eine negative Rendite verlangen. Da kann man sich schon lieber mit negativen Bondrenditen zufrieden geben, zumal der Kurs der Anleihen durch das aktuelle Lieblingskind der EZB, das Quantitative Easing, sogar steigen kann.

Manche Investoren müssen zudem schlicht weg aufgrund ihrer Anlagevorschriften in bestimmte Staatsanleihen investieren, auch wenn diese negative Renditen erzielen. Hinzu kommen Indexfonds, die ebenfalls mitziehen müssen. Die anderen, die etwas freier in der Wahl ihrer Anlagen sind, sehen sich durchaus nach Alternativen um. Das wiederum treibt die Renditen von risikoreicheren Staaten nach unten und Aktienkurse in die Höhe.

Wie tief Renditen tatsächlich fallen können ist unklar. In der Geschichte gab es diese Situation bisher in diesem Ausmaß nicht. Solange Notenbanken weiter Staatsanleihen kaufen und damit die Kursfantasie im Markt bleibt, gibt es wohl weiterhin genügend Nachfrage nach diesen Staatsanleihen. Auch die Negativzinsen für Zentralbankeinlagen tragen dazu bei. Es ist allerdings schwer vorstellbar, dass sich die negativen Renditen noch deutlich ausweiten. Ab einer gewissen Schmerzschwelle dürfte die Nachfrage ausbleiben. Wo diese Schmerzgrenze liegt? Wer weiß? Vor einigen Jahren hätte niemand negative Renditen auf so breiter Basis und für so lange Zeit überhaupt jemals für möglich gehalten.

Abgesehen davon sind die Nebeneffekte wie mögliche Spekulationsblasen in alternativen Anlageformen wie Immobilien oder Aktien noch nicht ausreichend klar. Negative oder ultra niedrige Zinsen bieten Staaten zudem wenig Anreiz zu Sparen oder Schulden abzubauen. Wer spart schon, wenn er für’s Schuldenmachen Geld gezahlt bekommt? Entsprechend steigen die Staatsschulden in vielen Ländern weiter an. Auch diese Entwicklung und die Folgen daraus sind heute noch nicht absehbar.