BahlConsult GmbH: unabhängige Beratung zu Swaps, Derivaten und strukturierten ProduktenEs gab einmal eine Zeit, in der waren die Preise für Plain Vanilla Zinsswaps im Interbankenmarkt so gut wie ident. Meist unterschieden sie sich gerade einmal in der vierten Nachkommastelle. Der Markt war liquide, die Preise transparent und bei den großen Hedging-Anbietern, also den großen Investmentbanken, gab es so gut wie keine Unterschiede im Preis und bei den Konditionen. Es reichte, einfach kurz auf Bloomberg auf die Swaphandelsplattform zu schauen, und das war dann auch der Preis, zu dem man mit so gut wie jedem das Geschäft abschließen konnte. Natürlich immer vorausgesetzt, man bewegte sich innerhalb eines vernünftigen Nominalbetrags, also weder zu groß noch zu klein, hatte keine Sonderwünsche zur Ausgestaltung und konnte ein Collateral Agreement mit seinem Handelspartner vorweisen.

Das war einmal. Heute quotiert jeder große Anbieter seine Swappreise sehr individuell an den Geschäftspartner und die eigene Situation angepasst. Das treibt viele Nutzer von Swaps in den Treasury Abteilungen kleiner Banken und Unternehmen beinahe in den Wahnsinn. Denn es reicht nicht mehr, sich einfach nur auf Bloomberg oder Reuters schlau zu machen, wo denn gerade der Swap mit der entsprechenden Laufzeit steht. Der Treasurer tut das selbstverständlich auch, aber danach erhält er von allen Adressen, die er kontaktiert, einen anderen Preis. Die Preise unterscheiden sich bereits in der zweiten oder dritten Nachkommastelle, und nicht erst in der vierten. Und sie variieren von Mal zu Mal.

Das liegt an mehreren Faktoren. Es mag paradox klingen in einer Welt, in der Geld eigentlich nichts mehr kostet, aber gerade für Banken ist Kapital zum wichtigen Rechenfaktor geworden. Durch die neuen, strengen Eigenkapitalvorschriften, die Banken mittlerweile einhalten müssen, muss jedes Geschäft auf seinen Einfluss hin überprüft werden und die Kosten, die es eventuell auf das Eigenkapital der Bank hat, müssen umgeschlagen werden. So stellen die Systeme der Banken also immer sofort die Frage: Reduziert oder erhöht sich mit Abschluss dieses Zinsswaps mein Risiko? Da kann es leicht vorkommen, dass eine entsprechende Laufzeit in der jeweiligen Richtung (Payer oder Receiver) gerade nicht ins Risikoprofil passt, weil dadurch mehr teures Eigenkapital verwendet werden müsste. Also wird zu diesem Zeitpunkt der Preis für den Swap schlechter gestellt. Für den Geschäftspartner ist das weder vorhersehbar noch nachvollziehbar.

Dann ist da das große Thema CVA (Credit Value Adjustment). Die Abteilungen für CVA sind bereits länger aus ihrem Schattendasein gekommen und haben deutlichen Einfluss auf die Preise von Zinsswaps. Mithilfe von CVA Aufschlägen wird die Bonität des Kontrahenten direkt in den Preis mit einbezogen. Das trifft nicht nur unbesicherte Geschäfte, von denen es mittlerweile ohnedies sehr wenige gibt, sondern beispielsweise auch Trades, die durch eine Besicherung mit einem sogenannten Threshold nicht zu 100% durch Collateral abgesichert sind.

Die Collateral Agreements oder Besicherungsanhänge sind ein weiteres Thema, das neu hinzu gekommen ist. Früher wurde darauf nicht geachtet, aber tatsächlich haben viele vor allem ältere Collateral Agreements eine Multiwährungsoption inkludiert. Das heißt soviel, als dass derjenige, der Collateral stellen muss, weil er barwertmäßig auf die gemeinsamen, genetteten Geschäfte hinten liegt, wählen kann, in welcher Währung er sein Collateral postet. Vielfach steht auch die Wahl zwischen Cash und Bond Collateral offen. Bis vor einigen Jahren wurde darauf kaum geachtet. Goldman war eine der ersten Investmentbanken, die sich die Währungsoptionalitäten in Collateral Agreements näher angesehen haben. Die Bewertung ist überaus komplex, aber mittlerweile beziehen viele der großen Häuser genau diese Optionalitäten in ihre Preisberechnungen mit ein. Das ist für den normalen Anwender von Swaps kaum nachvollziehbar und wohl auch nicht nachrechenbar.

Clearing ist eine weitere Komponente. Viele Swaps im Interbankenmarkt werden heute standardmäßig über die großen Clearingstellen wie SwapClear abgewickelt. Das trifft zumindest auf das Geschäft zwischen den großen Investmentbanken zu. Viele kleinere Banken und Unternehmen scheuen sich noch, sich einem der Clearing Member zu verpflichten, über die kleinere Adressen gehen müssen. Denn eine eigene Mitgliedschaft als Clearing Member lohnt sich erst ab einer kritischen Größe, die so schnell nicht erreicht ist. Diese Clearing Anbindung trägt allerdings ebenfalls zu Preisunterschieden unter den von den Market Makern quotierten Swappreisen bei.

Dann ist da noch die Existenz von unterschiedlichen Berechnugsmethoden für negative Zinssätze. Unter ISDA sowie unter dem Deutschen Rahmenvertrag (DRV) besteht nun die Möglichkeit, entweder nach der „Negative Interest Rate Method“ oder der „Zero Interest Method“ abzuschließen. Letztere Methode vereinbart einen Floor von Null auf der variablen Seite eines Zinsswaps. Die Euribor Sätze sind derzeit tatsächlich negativ. Der Floor von Null führt zu dramatischen Preisunterschieden, es sei denn, der Floor von Null wird explizit in der Dokumentation aufgehoben. Das kompliziert die Sache der an und für sich standardisierten und einfachen Plain Vanilla Swaps nochmals um einen Schritt.

Für Treasury Abteilungen wird es wohl auch in näherer Zukunft nicht einfacher werden. Es bleibt ihnen nur, weiterhin viele Anfragen für einfache Geschäfte in den Markt zu schicken und zu hoffen, gerade den günstigsten Anbieter mit in der Anfrage zu haben.