Seit Januar 2018 gilt die EU Verbriefungsverordnung (Verordnung (EU) 2017/2402) für alle Verbriefungen, die seit dem 1. Januar 2019 emitiert wurden.

Es geht um die Verbriefung von Darlehen, Kreditrisiken und Forderungen, die von einem Kreditinstitut oder einem Unternehmen an Anleger in Form von Anleihen oder Commercial Papers weitergegeben werden. Kreditrisiken werden dabei in Tranchen unterteilt, deren Zahlungen von der Wertentwicklung des zugrundeliegenden Portfolios abhängt. Die Tranchen selbst haben unterschiedliche Rangfolgen bei der Verlustverteilung und werden durch eine Zweckgesellschaft begeben.

Verbriefungen spielen wirtschaftlich eine wichtige Rolle im Finanzmarkt. Sie sorgen für eine breitere Risikostreuung und entlasten die Bilanz des Originators.

Verbrieft werden in der EU regelmäßig

  • Immobiliendarlehen
  • Darlehen für KFZ Käufe
  • KFZ Leasinggeschäfte
  • Verbraucherkredite
  • Kreditkartenforderungen
  • Handelsforderungen

Viele Verbote und Auflagen

Die Verbriefungsverordnung wurde als Antwort auf die Finanzmarktkrise des Jahres 2008 verfasst. Entsprechend enthält sie eine ganze Reihe von Verboten und Auflagen, um Anleger zu schützen und zu mehr Sorgfalt zu verpflichten, aber auch was die Strukturen von Verbriefungen selbst betrifft. So sind mittlerweile Wiederverbriefungen bis auf wenige Ausnahmen untersagt, und es gibt eine Verpflichtung für den Investor, seine eigene Due Diligence durchzuführen. Für Kleinanleger wurden Verbriefungen großteils als Investitionsmöglichkeit ausgeschlossen, und Verbriefungen sind nun ein fast ausschließlich institutionelles Produkt.

Zwei Arten von Verbriefungen: STS und Nicht-STS

Die Verbriefungsverordnung unterscheidet zwei grundlegende Arten von Verbriefungen:

  1. STS-Verbriefungen: „Einfach, transparent und standardisiert“
  2. Nicht-STS-Verbriefungen

STS Verbriefungen haben gegenüber Nicht-STS Verbriefungen für den Originator, Sponsor und Anleger Vorteile bei regulatorischen Anforderungen, v.a. der Eigenkapitalunterlegung, LCR und Risikogewichtung.

STS-Verbriefungen werden in einem Register veröffentlicht

Es gibt ein Verbriefungsregister für STS-Verbriefungen. Zwischen März 2019 und Juni 2020 wurden knapp 270 Verbriefungen registriert. Das Register ist auf der Webseite der ESMA einsehbar.

Voraussetzungen für STS Verbriefungen

Um als STS-Verbriefung zu gelten, müssen die Verbriefungen die Voraussetzungen der Verordnung erfüllen UND der ESMA gemeldet sein:

  • Originator, Sponsor und Verbriefungszweckgesellschaft in der EU niedergelassen
  • Nur True-Sale Verbriefungen (keine synthetischen CLNs, etc.)
  • Keine Rückforderungsvereinbarungen im Falle der Insolvenz des Verkäufers
  • Risikopositionen nicht anderweitig belastet
  • Portfolio muss im Voraus eindeutig festgelegt und dokumentiert sein
  • Pool muss homogen sein (einzige Vermögensklasse)
  • Portfolio mit vollem Rückgriffsrecht auf Schuldner und Garantiegeber
  • Keine übertragbaren Wertpapiere verbrieft
  • Keine Wiederverbriefungen
  • Portfolio stammt aus dem normalen Geschäftsbetrieb des Originators
  • Portfolio ist nicht riskanter als andere Risiken des Originators
  • Portfolio enthält weder ausgefallene Positionen noch solche beeinträchtigter Bonität
  • Schuldner müssen mindestens eine Zahlung geleistet haben (Ausnahmen)
  • Risikoselbstbehalt von Originator, Sponsor oder ursprüngl. Kreditgeber von 5%
  • Zins- und FX Risiken sind abgesichert
  • Derivate nur als Hedges, niemals als eigene Risikoposition
  • Zinszahlungen niemals an komplexe Formeln oder Derivate gebunden
  • Detaillierte Unterlagen für Anleger verfügbar (Informationen zu Stimmrechten, Maßnahmen im Konfliktfall oder bei Insolvenz eines Beteiligten, alle vertraglichen Verpflichtungen zwischen den Parteien, etc.)
  • Historische Wertentwicklung (statisch und dynamisch) über 5 Jahre erstellt
  • Stichprobe wurde extern durch eine geeignete und unabhängige Stelle überprüft
  • Liability-Cashflow-Modell steht zur Verfügung
  • Umweltbilanz bei Wohnimmobilien, KFZ Käufen und KFZ Leasing

Bei ABCP (Commercial Paper Programme) gelten leicht veränderte Anforderungen, wie eine kürzere Historie und spezielle Anforderungen an das Portfolio, den Sponsor und die Bonität der Risiken.

Eine Verbriefung gilt erst dann als STS, wenn sie der ESMA als solche gemeldet wurde. Verantwortlich für die Meldung sind Sponsor, Originator oder die Verbriefungszweckgesellschaft. Sie können für die Überprüfung der Kriterien auch einen zugelassenen Dritten beauftragen. Haftbar bleiben selbst dann Sponsor, Originator und die Verbriefungsgesellschaft, und der Anleger hat weiterhin eine Due Diligence durchzuführen.

Investoren haben ein Anrecht auf regelmäßige Informationen

Auch wenn es sich um ein Produkt für Institutionelle handelt, haben Investoren durch die Verbriefungsverordnung umfangreiche Informationsrechte. Sie müssen von Originator, Sponsor und der Verbriefungszweckgesellschaft regelmäßig über das zugrundeliegende Portfolio in Form von Anlegerberichten informiert werden, vierteljährlich bei normalen Verbriefungen und sogar monatlich bei Commercial Paper Programmen. Sie bekommen zudem eine ganze Reihe von Dokumenten zur Verfügung gestellt. Neben dem obligatorischen Prospekt oder den Angebotsunterlagen haben Investoren auch Anrecht auf viele andere Unterlagen, die mit dem Portfolio zusammen hängen, wie etwa Treuhanderklärungen, Übertragungsvereinbarungen, Derivate- und Garantievereinbarungen, Verträge zu Verwaltung, Service, Rechtsberatung, Rahmenverträge, Sicherheitsurkunden, Agenturvereinbarungen, und viele mehr. Zudem müssen Anleger im Fall von STS-Verbriefungen die STS Meldung erhalten, Daten zur Kreditqualität und Wertentwicklung bekommen, Bekanntmachungen zu Insidergeschäften durch Sponsor, Originator oder Zweckgesellschaft sowie alle anderen Details, die für eine Beurteilung und Bewertung durch den Käufer wichtig sind.

Institutionelle Anleger müssen Verbriefungen analysieren und bewerten

Wollen institutionelle Anleger, die weder als Sponsor noch als Originator an der Verbriefung oder dem Programm beteiligt sind, in eine Verbriefung investieren, sind sie verpflichtet, eine Due Diligence durchzuführen.

Zwingender Risikoselbstbehalt von 5%

An einer Verbriefung sind stets ein Originator, ein Sponsor sowie der ursprüngliche Kreditgeber beteiligt. Der Originator ist entweder selbst der ursprüngliche Kreditgeber oder hat Risikopositionen von einem Dritten erworben. Der Sponsor ist ein Kreditinstitut oder eine Wertpapierfirma, die sich um die Emission und Verwaltung der Verbriefung oder des Commercial Papers kümmert. Originator, Sponsor und ursprünglicher Kreditgeber können auch in einer Person vereint sein. Von ihnen muss in jedem Fall einer – im Zweifel der Originator – einen Risikoanteil von mindestens 5% behalten, und zwar als Erstverlustträger. Dieser Risikoselbstbehalt darf übrigens weder verkauft noch abgesichert werden!

10% für einfach (STS) und 15% für komplex (non-STS)

Ab dem 01.01.2018 müssen Banken ihre Verbriefungen, die als „einfach, transparent und standardisiert“, also simpel, eingeordnet werden können, mit 10% Eigenkapital unterlegen, und alle anderen, also die komplexeren Verbriefungen, mit 15%.

Verbriefte Produkte können schwer zu bewerten sein

Gerade verbriefte Forderungen, die in mehrere Tranchen zerlegt und dann in verschiedene Anleihen unterschiedlicher Bonität verpackt werden, können schwer zu bewerten sein. Die Ausfallwahrscheinlichkeiten sind schwer zu berechnen, und häufig steht nicht einmal die Laufzeit von vorne herein fest, da vorzeitige Rückzahlungen oder Verlängerungen vorkommen können. Theoretisch müsste jede einzelne Verbindlichkeit und jeder einzelne Wert, der dem Portfolio zugrunde liegt, in die Berechnung einfließen. In vielen Fällen ist das nicht möglich weil entweder zu wenig Informationen vorliegen oder auch hier viele Annahmen und Schätzungen getroffen werden müssten. Benötigen Sie Unterstützung oder eine Beratung zu Verbriefungsprodukten, sprechen Sie uns gerne an!