Die Suche nach „Steueroptimierungen“ beschäftigt alle, die Geld haben. So auch die großen Weltkonzerne. Ethische Argumente hin oder her, jeder, der kann, versucht es. Es beginnt beim Elektriker um die Ecke und schließt am Ende kaum jemanden aus. Steuern zahlen aus moralischer Verantwortung gegenüber dem Staat, der Gesellschaft und der Allgemeinheit klingt zwar nobel, aber wenn es um das eigene Geld geht, sehen das die meisten Menschen doch anders. Legal und illegal, Steueroptimierung gehört zu einem weltumspannenden Hobby, das die Menschen überall auf der Welt vereint. Dabei sind die Methoden überall verschieden, denn jeder Staat hat seine eigenen Gesetze und Systeme, die es gekonnt zu umschiffen gilt.
Ein völlig legales Konzept für große US-amerikanische Unternehmen etwa, die Steuerlast zu senken, ist die „Steuerumkehr“. Das englische Wort „Tax Inversion“ ist in den USA ein heißes Thema und bedeutet so viel wie die Abkehr von Unternehmen von der US-amerikanischen Steuerpflicht. Mit dem Verlegen des Unternehmenssitzes in ein Land mit niedrigeren Steuersätzen verringern riesige Weltkonzerne ihre Steuerlast.
Die Namen der Unternehmen können sich dabei sehen lassen. Da ist Pfizer, das nun plötzlich britisch ist. Oder Mylan, ein anderes, großes Unternehmen der Pharma Branche, das seinen Sitz in die Niederlande verlegt hat. Burger King ist heute kanadisch, Medtronic irisch, und so weiter und so fort. Der Trend hält an. Laut einer Statistik von Bloomberg haben alleine in den vergangenen drei Jahren 17 große US-Unternehmen ihren Sitz ins Ausland verlegt, um Steuern zu optimieren. 12 davon haben sich die EU, und hier genauer gesagt Irland, gefolgt vom Vereinten Königreich und den Niederlanden als neuen Sitz gewählt. Auch für 2015 sind wieder viele „Inversions“ geplant.
Meist übernimmt die US-amerikanische Firma ein kleineres Unternehmen in einem anderen Land und macht den Sitz der übernommenen Firm über eine neue, gemeinsame Holding zum offiziellen Unternehmenssitz. In den USA ändert sich dadurch meist nichts. Der CEO sitzt weiterhin in der Schaltzentrale in den USA, und auch die Geschäfte und Abläufe ändern sich nicht. Nur steuerlich hat der Wechsel der Registrierung deutliche Vorteile.
Hintergrund ist dabei eine für weltweit agierende Unternehmen durchaus nachteilige Regelung im US-Steuerrecht. Denn die USA besteuern Unternehmensgewinne eines in den USA registrierten Unternehmens immer mit 35% Gewerbesteuer, gleichgültig, ob die Gewinne in den USA oder im Ausland erwirtschaftet wurden. Andere Länder tun das nicht, sondern besteuern nur die im Inland erwirtschafteten Gewinne. Mit einem Wechsel nach Irland etwa zahlt ein weltweit tätiger Konzern dann nicht mehr nur in den USA Steuern, sondern nach irischem Steuerrecht jeweils in jenem Land, in dem die Gewinne erwirtschaftet wurden.
Allein dort macht die Optimierung allerdings nicht halt. Das hätte auch jeden gewundert. Haben die Unternehmen erst einmal ihren Sitz nach Irland oder die Niederlande verlegt, werden noch zusätzlich konzerninterne Verbindlichkeiten bilanziert, die Gewinne ins neue Heimatland verschieben. Letzteres macht übrigens nach aktuellen Schätzungen deutlich mehr aus, als die reine Steuerersparnis auf ausländische Gewinne.
Profiteure sind dabei in neuerer Zeit überraschenderweise sehr häufig Staaten der Europäischen Union. Die freut es, denn so fließen hier zumindest einige neue Steuern in die Kassen.
Den Bürgern der EU kann dies wie ein beinahe gerechter Ausgleich erscheinen für die Milliarden, die europäische Banken und Großkonzerne für die Beseitigung von Rechtsstreitigkeiten in den USA jährlich berappen müssen. Die USA hingegen wettern gegen die Praxis.