Schuldscheindarlehen als interessantes Mittel der Fremdfinanzierung und der Kapitalanlage sind mittlerweile kein Geheimtipp mehr. Selbst internationale Unternehmen und Investoren haben Geschmack gefunden am Schuldscheinmarkt. Die Internationalisierung ist dabei nur eine Neuerung der letzten Jahre. Immer mehr Emittenten und Investoren bringen seit einiger Zeit auch den aktuellen Trend nach Kriterien der ökologischen, sozialen und verantwortungsvollen Unternehmensführung („ESG“) in die Schuldscheinwelt.

Neuer Emissionsrekord für 2019 erwartet

Das Jahr 2019 läuft gut für den Schuldscheinmarkt. Das Emissionsvolumen geht auch in diesem Jahr neuerlich auf Rekordkurs. Mit dabei sind viele teils auch sehr große Schuldscheindarlehen mit Bezug auf Umweltschutz („grüne Schuldscheindarlehen“) und ESG. Zu den in den ersten drei Quartalen des Jahres begebenen 25,1 Milliarden Euro an Emissionsvolumen gehörte unter anderem der grüne Schuldschein von Porsche AG über eine Milliarde Euro. Insgesamt wurden bis zum dritten Quartal 2019 grüne und ESG Schuldscheindarlehen mit einem Gesamtvolumen von 2,2 Milliarden Euro begeben:

  • Februar 2019: Porr AG mit 98 Mio Euro für grüne und/oder ESG Projekte
  • Februar 2019: Der Schokoladenproduzent Barry Callebaut begibt 390 Mio Euro an ESG Schuldscheinen, die in nachhaltige Projekte fließen sollen.
  • Mai 2019: VW Immobilien mit 60 Mio Euro
  • Mai 2019: Lidl Österreich mit 144,5 Mio Euro
  • Juni 2019: Dürr mit einem ESG Schuldschein über 200 Mio Euro
  • Juli 2019: Acciona emittierte 155 Mio Euro an grünen Schuldscheindarlehen.
  • August 2019: Porsche AG emittiert 1 Mrd. Euro für die Finanzierung des ersten E-Autos des Unternehmens.
  • Oktober 2019: Luxcara mit einem grünen Schuldschein in zweistelliger Millionenhöhe für eine Solar-Farm in Südspanien
  • Geplant für das vierte Quartal sind:
    • Schuldscheine von Mann+Hummel über mindestens 150 Mio Euro geplant
    • eine Emission der Nassauischen Heimstätte über 50 Mio Euro grüner Schuldschein
    • Lenzing plant einen ESG Schuldschein über 200 Mio Euro
    • Maire Tecnimont plant 50 Mio Euro CO2-gelinkte Schuldscheine

Schuldscheine zahlen weniger Zinsen als Anleihen

Für Emittenten sind Schuldscheine häufig günstiger als klassische Anleihen. Nicht nur der Emissionsprozess selbst ist schneller und damit günstiger, auch das Interesse von Investoren bevorzugt den Schuldscheinmarkt. Bei grünen Schuldscheindarlehen zeigt sich der Spread-Vorteil für die Emittentin besonders stark. Ein gutes Beispiel im Jahr 2019 war der grüne Schuldschein des Agrargroßhändlers BayWa. Eine vergleichbare, grüne Anleihe von BayWa handelte mit einer Rendite von über 3%, während das Unternehmen für einen grünen Schuldschein mit einer Laufzeit von fünf Jahren unter 1% kam.

ESG und Grün auch ein Trend bei syndizierten Krediten und Bonds

Die Nachfrage nach Investitionen, die neben ausreichender Rendite noch einen Mehrwert in Sachen Umwelt- und Klimaschutz, Soziales, Nachhaltigkeit und ganzheitlicher Unternehmensführung bringen, ist nicht nur im Schuldscheinmarkt zu sehen. Weltweit wurden im gesamten Bond- und Loan Segment im vergangenen Jahr grüne und ESG-Finanzierungen im Gegenwert von 309 Milliarden US-Dollar durchgeführt. In den ersten drei Quartalen 2019 war das Emissionsvolumen der grünen und ESG Bonds und Loans bereits bei 320 Milliarden US-Dollar und strebt einer neuen Rekordmarke entgegen.

Kupons mit kreativen Zins-Optionen auf CO2, ESG-Rating und Klimaziele

Die Emissionen, die wir aktuell im gesamten Fixed Income Segment sehen, sind alles andere als langweilig. Neben der Vielzahl spannender Projekte, die damit finanziert werden sollen, interessiert uns natürlich vor allem die Ausgestaltung der Kupons. Und die geht weg von reinen fixed oder floating Rates hin zu optionsgelinkten Komponenten. Das italienische Energieunternehmen Enel etwa hat die Höhe der Zinszahlung auf eine Anleihe unlängst an den Anteil erneuerbarer Energiequellen gekoppelt. Die Dürr AG hat ihren 200 Mio Euro Schuldschein aus diesem Jahr an das ESG-Rating von EcoVadis für das Unternehmen gekoppelt. Ein syndizierter Kredit der Stadtwerke München ist an die Produktion von Ökostrom ekoppelt, und ein Syndicated Loan der österreichischen Verbund an das Nachhaltigkeitsrating von Sustainalytics für das Unternehmen.

Vor allem im Loan und Schuldschein Markt lassen sich diese Komponenten relativ einfach darstellen und auch verkaufen, denn hier werden die Kredite und Finanzierungen auf Investorenseite nicht mark-to-market sondern zu Anschaffungskosten in der Bilanz geführt. Optionspreise für Kupons, die an den CO2 Ausstoß, ein Nachhaltigkeitsrating oder konkrete Klima- oder ESG-Ziele gekoppelt sind, dürften andernfalls schwer zu täglichen Marktpreisen zu bewerten sein.

Die Nachfrage bleibt stark

Nachhaltigkeit liegt im Trend, auch beim Investieren. Der EU Aktionsplan und die laufende Berichterstattung in den Medien zu Fridays for Future, Klimaschutz und den möglichen und schon eingetretenen Folgen der menschgemachten Erderwärmung tragen dazu bestimmt mit bei. Die Nachfrage nach grünen Schuldscheindarlehen wird mit Sicherheit auch weiterhin anhalten und bietet Emittenten damit ein ausgesprochen interessantes Mittel der Fremdfinanzierung zu aktuell sehr attraktiven Spreads.