Schon vor der Corona Krise und dem damit verbundenen, selbst gemachten, wirtschaftlichen Supergau lag die weltweite Verschuldungsquote schwindelerregend hoch. Ob Staaten, Unternehmen oder Privatpersonen, alle hatten schon vor Corona Schulden wie nie zuvor. Ende 2019 lag die weltweite Verschuldung laut Internationalem Währungsfonds bei geschätzten 255 Billionen USD oder 322% des globalen Bruttoinlandsprodukts. Laut dem Institute of International Finance ist die Verschuldung weltweit seit der Finanzkrise 2008 damit um 40% gestiegen. Doch nun kommt eine neue, irrsinnige Schuldenflut auf uns zu. Staaten weltweit überbieten sich mit Hilfsgeldern, Konjunkturprogrammen und sogar revolutionär und noch die dagewesen: Helicopter Geld in den USA! Allein in Deutschland dürfte sich die Staatsverschuldung durch Corona-Maßnahmen mindestens verdoppeln. Das alles wohlgemerkt bei sinkenden Staatseinnahmen, denn schließlich fehlen durch die reihenweise in Konkurs gehenden Unternehmen, ausbleibenden Umsätze und die vielen Millionen neuer Arbeitslosen nun die Steuereinnahmen. Die Sozialausgaben hingegen steigen.

Schulden brauchen einen Geldgeber, Anleihen einen Käufer

Schulden, das sind Kredite und Anleihen, die Staaten, Unternehmen, Institutionen oder Private aufnehmen oder begeben. Das Geld muss ihnen allerdings jemand leihen. Investoren kaufen Anleihen, Banken vergeben Kredite, und im Gegenzug verlangen sie Zinsen. Je höher das Ausfallrisiko des Schuldners und desto größer die erwartete Inflation über die Laufzeit des Kredits, desto höher wird der verlangte Zinssatz sein. Schulden können entsprechend nur dann aufgenommen werden, wenn es jemanden auf der anderen Seite gibt, der sein Geld verleiht. Die globale Verschuldung konnte bisher nur steigen, weil es Geldgeber gab, die Anleihen kauften und Kredite vergaben. Wer nun aber denkt, alleine unsere Versicherungen, Versorgungswerke, Fonds und Rentenfonds könnten so viel Kapital bereit stellen, der irrt. Denn ein großer Teil der Verschuldung, der seit der Finanzkrise 2008 hinzu gekommen ist, ging niemals in die private Finanzwirtschaft. Er schlummert vielmehr auf den Bilanzen vieler Zentralbanken. Allein die EZB hat ihre Bilanz per Ende 2019 auf 4,7 Billionen aufgeblasen, verglichen mit 806 Milliarden Ende 1999. Vor der Finanzkrise Ende 2006 lag die EZB Bilanz noch bei 1,1 Billionen Euro, war also über die Jahre nur gering gestiegen. Ende 2009 waren wir schon bei 1,9 Billionen. Wo wir Ende 2020 stehen werden, man vermag es sich kaum auszudenken.

Emerging Markets fehlen die Mittel

Die westliche Welt pumpt Billionen in ihre jeweilige Wirtschaft, um die wirtschaftlichen Folgen von Ausgangssperren, Betriebsschließungen, Grenzschließungen und Konsumschock abzumildern. Doch den meisten Emerging Markets Ländern fehlen dafür die Mittel. Wie schon beschrieben müssen Gelder, die vergeben werden, auch irgendwo her kommen. Staaten können sich nur dann neu verschulden, wenn es jemanden gibt, der ihre Anleihen kauft oder ihnen Kredit gewährt. In unsicheren Zeiten aber flüchten privatwirtschaftliche Investoren in sogenannte „Safe Haven“ Anlagen, also in US Treasury Bonds, Deutsche Bundesanleihen oder andere westliche Staatsanleihen guter Bonität. Aus Emerging Markets wird Geld abgezogen und kaum noch neues Geld investiert. Das verschlimmert in schlechten Zeiten die Notlage. Auslaufende Staatsanleihen können nicht refinanziert werden. Durch den Verkaufsdruck ausländischer Investoren wird zudem die heimische Währung geschwächt. Schulden in ausländischer Währung wie USD oder Euro werden dadurch höher und der Schuldendienst teurer. Was folgt ist ein so genannter Credit Crunch, eine Abwärtsspirale in Emerging Markets. Die letzte Hoffnung liegt in diesen Fällen beim Internationalen Währungsfonds, doch die Nachfrage nach IMF Krediten ist aktuell höher als die verfügbaren Mittel, auch auch IMF Kredite müssen irgendwann zurückgezahlt werden.

Ungleichverteilung von Vermögen wächst

Ein weiterer Effekt von Wirtschaftskrisen ist eine steigende Ungleichheit von Vermögen. Arme werden von Wirtschaftskrisen stärker getroffen als Reiche, und sie benötigen länger, um sich wirtschaftlich wieder zu erholen. Armut aber ist der größte Killer auf dieser Welt. Armut tötet jeden Tag 15.000 Kinder unter fünf Jahren, die an vermeidbaren Krankheiten und dem Mangel an Nahrung und sauberem Wasser sterben. 2018 waren das 5,3 Millionen Kinder! Die Agenda 2030 der Vereinten Nationen hat nicht umsonst die Bekämpfung von Armut und Hunger als die beiden obersten Ziele definiert. Dazu ist Wirtschaftswachstum nötig, Bildung, Investitionen in Infrastruktur wie Wasserleitungen, Kanalisation, Straßen, Schulen und medizinische Versorgung. Das benötigt Geld, viel Geld. Geld, das durch den Corona Credit Crunch den Emerging Markets und Developing Markets fehlt, und Geld, das von den westlichen Staaten nun wohl für eigene Zwecke verwendet wird, anstatt es in ferne Länder zu schicken. Das nötige Wirtschaftswachstum aber, um Menschen aus der Armut zu heben, wurde durch die weltweite Reaktion von Regierungen binnen weniger Wochen in eine bittere Rezession verwandelt. Nimmt man die Folgen der schrecklichen Heuschreckenplage hinzu, die großen Teile Afrikas und Asiens seit Monaten heimsucht und dramatische Hungersnöte auslösen wird, man kann sich die Folgen für die Armen dieser Welt kaum ausmalen.

Schulden müssen getilgt oder refinanziert werden

Doch selbst wenn alle Staaten, Unternehmen und betroffenen Institutionen und Privatpersonen nun Kredite in gewünschter und notwendiger Höhe aufnehmen könnten: Schulden haben eine begrenzte Laufzeit. Während dieser Laufzeit müssen Zinsen gezahlt und am Ende muss die Schuld getilgt werden. Die meisten Unternehmenskredite, Corporate Bonds und Loans und Privatkredite haben Laufzeiten von drei bis maximal zehn Jahren. Staatsanleihen laufen deutlich länger. Nun ist es meist so, dass der Kreditnehmer am Ende dieser kurzen bis mittleren Laufzeit von durchschnittlich fünf Jahren das notwendige Kapital nicht hat, um die Schuld zu tilgen. Der Schuldner nimmt dann in der Regel schlicht einen neuen Kredit auf. Er refinanziert sich. Vorausgesetzt, es gibt jemanden, der ihm wieder Geld leiht. Und gerät der Schuldner während der Laufzeit des Kredits oder der Anleihe in finanzielle Schwierigkeiten oder muss gar Konkurs anmelden, ist das Geld für den Geldgeber verloren.

Was kann passieren?

Die Krise beginnt dann, wenn Schulden nicht mehr refinanziert werden können, weil es niemanden mehr gibt, der Geld an denjenigen leiht, der es gerne haben möchte, und gleichzeitig aber auch das Geld fehlt, die fällig werdenden Schulden zu tilgen. Die Folge ist eine Spirale aus Zahlungsunfähigkeit, Zahlungsausfall, Panikverkäufen, Fälligstellen anderer Verbindlichkeiten, dem Triggern von Credit Default Swaps, faule Kredite und Kreditausfälle auf Bankbilanzen, Abwertungsspirale der Währung, Wirtschaft bricht ein, Rezession, Nachfrageschock, Arbeitslosigkeit und wirtschaftliche Not. Geschieht dies nur in einem Land, steigt durch die schwächere Währung irgendwann die Wettbewerbsfähigkeit für Exporte wieder an, das Wirtschaftswachstum springt an und das Land erholt sich. Was aber, wenn wir diese Probleme gleichzeitig überall auf der Welt oder zumindest in sehr vielen Ländern sehen? Die Lage ist ernst, und die Auswirkungen der nunmehr explodierenden, zusätzlichen Verschuldung noch nicht absehbar. Die wirtschaftlichen Folgen aber könnten dramatisch sein und lange anhalten.