wp3swEs war im 17. Jahrhundert in den Niederlanden. Der Schiffsweg zu den Ostindischen Kolonien versprach den Händlern und Reedern Reichtum – oder Ruin, wenn ein Schiff mit Gewürzen verloren ging, was nicht selten geschah.

Das war der Beginn der heute ganz selbstverständlichen Form der Aktiengesellschaft. Die „Ostindische Compagnie“ wurde gegründet, um das Risiko zu teilen. Jeder Kaufmann konnte sich auf diese Weise an Risiko und Erfolg des Seehandels mit den damaligen Kolonien beteiligen.

Doch wie steht es um die Motivation der heutigen Aktionäre? Kauft der typische Aktionär tatsächlich Aktien, um an einem ganz bestimmten Unternehmen beteiligt zu sein, dort sowohl das Risiko zu tragen als auch am Gewinn zu partizipieren und mit seinen Stimmrechten den Kurs mitzubestimmen?

Oder geht es dem heutigen Aktionär primär um den schnellen Gewinn durch den Handel von Aktien, wobei es keine Rolle spielt, mit welcher Aktie und welchem Unternehmen?

In den USA sind stimmrechtslose Aktien wieder auf dem Vormarsch (z.B. IPOs von Shake Shack oder Habit Restaurants, aber auch bekannte Namen wie Google und Facebook), und diese werden trotz fehlender Stimmrechte gierig gekauft. Möglicherweise ein Indiz dafür, dass es vielen Aktionären nicht um das Unternehmen und einen Mitbesitz daran geht, sondern nur um schnelles Geld.

Von Seite der Alteigentümer und Gründer ist die Struktur verständlich. Sie wollen die Kontrolle behalten. Aber warum akzeptieren die neuen Aktionäre diese Benachteiligung? Abgesehen von Indexfonds, die keine Wahl haben, sollten sich Investoren möglicherweise öfter die Frage stellen, ob sie tatsächlich in stimmrechtslose Aktien investieren möchten. In guten Zeiten mag es kein Problem sein, aber wenn etwas schief geht, sollten alle wirtschaftlichen Miteigentümer entscheiden können. Nicht nur das alte Management und die alten Eigentümer, welche unter Umständen an einer Krise Schuld tragen.

Eine neue Erscheinung ist das nicht. Interessanterweise werden stimmrechtslose Aktien vermehrt in Zeiten einer lang anhaltenden Hausse und am Höhepunkt von Spekulationsblasen begeben. Während der dot-com Blase etwa emittierten viele Unternehmen sogenannte „dual share structures“ (z.B. Hotels.com oder 1-800-Flowers.com). Aber auch Aktien wie Ford, Berkshire Hathaway, New York Times, Zynga und die ehemalige News Corp gehören zu den stimmrechtslosen Aktien, um nur einige der etwa 200 börsengelisteten Unternehmen in den USA zu nennen.

Aktien sind im Unterschied zu Commodities aber Anteile an lebenden Unternehmen. Der nachhaltige Investor will nicht nur den schnellen Gewinn. Er hat das Unternehmen selbst im Blick sowie die Menschen, die es führen . Bei Aktien sollte es deshalb um mehr als kurzfristiges Gewinndenken, Spekulation und Gier gehen. Der Handel mit Unternehmensanteilen ist weder Computerspiel noch Spielcasino , sondern die wirtschaftliche Beteiligung an tatsächlichen Unternehmen. Und dazu gehört auch ein Stimmrecht für den Miteigentümer.