In der Welt der OTC-Derivate gibt es mehrere unterschiedliche Vertragstypen zwischen den Kontrahenten. Diese werden allgemein als „Master Agreements“ oder Rahmenverträge bezeichnet. Gängig sind seit langer Zeit das ISDA Master Agreement, das von der International Securities and Derivatives Association bereit gestellt wird, sowie im deutschsprachigen Raum der „Deutsche Rahmenvertrag“. Diesen will das European Master Agreement den Rang ablaufen, das von der European Banking Federation, den Europäischen Sparkassen und Volksbanken entwickelt wurde.
Master Agreements vereinfachen den Handel und die Abwicklung von Derivaten enorm, da in ihnen ein Großteil der Standards, Formulierungen und Markt Usancen als Grundlage für jedes Geschäft, das abgeschlossen wird, vorab vereinbart wird. Viele Details eines Derivate Geschäfts wie etwa eines Swaps, einer Swaption, eines Caps, Floors oder eines Forward Rate Agreements, einer Option und so fort müssen nicht eigens in einer umständlichen Dokumentation vereinbart, geschweige denn zum Zeitpunkt des Geschäftsabschlusses zeitraubend besprochen werden. Darunter fallen etwa die gängigen Day-Count Conventions, Feiertagsregelungen, Standards für Kuponfixings, Zinsberechnung und Zahlungen, aber auch Dinge wie Gerichtsstand.
Doch welches Master Agreement ist nun das Beste? Was bringt es, so viele unterschiedliche Verträge zwischen Parteien zur Auswahl zu haben?
Es gibt derzeit eine Vielzahl unterschiedlicher Master Agreements zwischen Banken und Banken und Unternehmen:
- ISDA Master Agreement basierend auf 1992
- ISDA Master Agreement basierend auf 2002
- CSA (Credit Support Annex) zum ISDA Master Agreement
- Deutscher Rahmenvertrag
- Besicherungsanhang zum Deutschen Rahmenvertrag
- European Master Agreement
- Global Master Repurchase Agreement (2011)
- Global Master Securities Lending Agreement (2010)
Relativ neu ist dabei das European Master Agreement, oder auch Master Agreement for Financial Transactions, das 1999 erstmals vorgestellt wurde und 2004 um Derivate und das aktuelle Vertragswerk erweitert wurde. Es bezieht sich auf das europäische Bankensystem und setzt auf den EU-Grundsatz, dass ein entsprechendes Dokument in allen Amtssprachen der EU angeboten werden soll, und vor allem die Gerichtsbarkeiten der EU abbilden soll. Zunächst war das EMA vor allem auf den Repo Markt sowie die Wertpapierleihe zugeschnitten, wurde danach aber auch um Derivate, Foreign Exchange und Optionen erweitert. Die Ziele des EMA sind heer. Es soll die Diaspora der verschiedenen Vertragstypen einen und unter ein Dach bringen. Bisher sind auf diesen Zug allerdings erst wenige Geldinstitute aufgesprungen.
Das European Master Agreement wird in absehbarer Zukunft wohl kaum die führende Rolle des ISDA Master Agreements beenden können. Denn das Geschäft mit Zinsswaps, Foreign Exchange Derivaten, Aktienderivaten, Kreditderivaten, aber auch Energiederivaten und Rohstoffderivaten ist global, und die größten Market Maker sind angloamerikanische und international agierende Investmentbanken. Diese bevorzugen nach wie vor die einheitliche ISDA Dokumentation, die bereits seit Jahrzehnten im Markt etabliert und in sämtliche Handels- und Abwicklungssysteme integriert ist.
Ob das European Master Agreement irgendwann den Deutschen Rahmenvertrag ablösen könnte, das könnte durchaus möglich sein. Viel wahrscheinlicher ist allerdings, dass die großen Marktteilnehmer ihren deutschen und österreichischen Geschäftspartnern nach und nach das ISDA Agreement auferlegen, um die Vertragsvielfalt, unter der jede Abwicklungsstelle leidet, etwas zu reduzieren.