Als Investor hat man es ohnehin schwer genug. Der Wirrwarr an angebotenen Produkten ist enorm, und die Tatsache, dass kaum ein Produkt dem anderen komplett gleicht, hilft nicht gerade weiter. Selbst bei vermeintlich einfachen ETFs oder relativ normalen Anleihen und Schuldscheindarlehen muss man ganz genau hinsehen, was wirklich dahinter steckt. Im Idealfall kann man als Investor das Produkt noch nachrechnen und sich etwa den Fundingspread heraus rechnen, um die Anleihe oder das Zertifikat mit anderen Anbietern zu vergleichen. Geht es allerdings in Richtung großer Portfolien, die nachgebildet werden, Derivate, besondere Hebelstrategien oder firmeneigene Indices, die in die Anleihe, das Zertifkat, den Swap oder den ETF (Exchange Traded Fund) als Komponente mit eingebaut sind oder darauf basieren, dann hören die Fähigkeiten der meisten Investoren schnell auf. Ist man kein Experte auf diesem Gebiet oder bedient sich einem, ist man den Preis- und Kostenangaben des Anbieters in der Regel ausgeliefert.
Das haben auch die Aufsichtsbehörden erkannt und entsprechende Gesetze erlassen. In den USA regelt etwa der Dodd Frank Act die Offenlegung von Kosten zumindest für Retailprodukte, in Europa ist dies Mifid II, welches allerdings auf Druck der Banken und Vermittler erst 2018 in Kraft tritt. Immer hilft das allerdings auch nicht, weil sich nicht alle daran halten. Versteckte Kosten gibt es zudem viele. Hier einige Beispiele:
ETFs und Anleihen auf Aktien- und Bondindices liegen im Trend. Neben einem Ausgabeaufschlag (dieser geht meist zu 100% an den Vermittler) sowie jährlichen Management Gebühren (davon geht ein guter Teil an den Vermittler) haben Indexprodukte noch weitere Kosten, die dem Investor verrechnet werden: Die Ausführungskosten. Gerade in Produkten auf hauseigene Indices können diese Ausführungskosten schnell sehr hoch werden. In einem Fall von Bank of America Merrill Lynch auf einen hauseigenen Volatilitätsindex betrugen die berechneten Ausführungskosten satte 1,5%, und das auch noch quartalsweise! Also nochmal 6% pro Jahr an zusätzlichen Gebühren, die in diesem Fall wohlgemerkt gar nicht im Offering Memorandum, also dem Wertpapieremissionsprospekt, zu fnden waren. Schließlich, so begründete das die Emittentin, fielen diese Kosten nicht auf Ebene des Wertpapiers, sondern auf Ebene des Index selbst an. Die amerikanische Aufsichtsbehörde SEC da das anders, und Merrill Lynch zahlte daraufhin eine Strafe von 10 Mio USD.
Doch nicht nur in Anlageprodukten, sondern auch in Krediten verstecken sich unnötige und zu hohe Zusatzkosten, die auf den ersten Blick oft nicht eindeutig zu erkennen sind oder gut getarnt im Kleingedruckten schlummern. Der Klassiker schlechthin ist die Zahlungsausfallversicherung. Diese wird vielen Kreditkunden als Standardleistung gleich mit dem Kredit mit verkauft. Die meisten Kunden benötigen diese Versicherung nicht, und im Fall des Falles ist es ohnedies nicht so klar, ob man die Leistung aus der Versicherung überhaupt bekommt. In England ist dies vielen Banken 2014 zum Verhängnis geworden, als die Aufsichtsbehörden die mangelnde Aufklärung und Transparenz ankreideten und die Banken Milliarden an Prämieneinnahmen aus diesen Ausfallversicherungen an ihre Kunden zurückzahlen mussten.
Doch nicht nur Kleinanleger treffen versteckte Kosten und Gebühren. Regelmäßig passen Banken ihre sogenannten Fundingspreads auf Produkte an. Vor allem bei Privatplatzierungen wird oft ein Unterschied gemacht und es werden je nach Struktur, Käufer und Emissionsvolumen schon mal einige Basispunkte im Funding abgezogen. Je weniger die Bank davon ausgeht, dass der Käufer nachrechnet oder bei der Konkurrenz anfragt, desto schlechter sieht der Preis aus. Aber auch bei Swaps, Swaptions und anderen Optionen werden schon mal Risikoaufschläge wie Credit Value Adjustments mal mehr und mal weniger großzügig aufgeschlagen, ganz zu schweigen von der sehr individuellen Gewinnmarge, die idealerweise (für die Bank wohlgemerkt) je nach Kunde maximiert wird. Ganz nach dem Motto so viel wie möglich, aber gerade so viel, dass der Kunde nicht zur Konkurrenz wechselt oder diese anfragt.
Nachrechnen lohnt also immer, und ebenso vergleichen, vergleichen, vergleichen. Oftmals lohnt es auch, bei komplexen Produkten, die über die mathematischen und systemischen Möglichkeiten des Investors gehen, einen unabhängigen Experten zu Rate zu ziehen, der den Preis kontrolliert und das Kleingedruckte nochmals durchleuchtet.