Die Europäische Union nimmt das Thema Klima- und Umweltschutz ernst. Das zeigen gleich mehrere offizielle Programme und Regulierungen wie der European Green Deal sowie der EU Action Plan on Financing Sustainable Growth. Die EU erkennt offiziell an, dass Klimarisiken und die Risiken durch die Zerstörung der Umwelt zu den real größten Bedrohungen der Menschheit gehören. Die Erkenntnis, dass sich vor allem die Menge an Treibhausgasen und das Verhalten der Menschen ändern muss, reicht alleine für sich nicht aus. Eine Änderung von Technologie und Gewohnheiten muss finanziert werden. Und genau hier setzt die Taxonomie Regulierung an, in der genau festgeschrieben wird, was gut und welche Aktivitäten schlecht für Klima und Umwelt sind. Damit will die EU Anreize schaffen, um Investoren, Unternehmen, Banken, Staaten, Privatpersonen und Institutionen dazu zu bewegen, ihr Kapital nachhaltig einzusetzen.

Die EU Taxonomie Regulierung

Die Idee, dass der EU Aktionsplan für nachhaltiges Wachstum eine genaue Klassifizierung dessen benötigt, was nachhaltig ist, entstand bereits im Jahr 2018. Im März 2020 wurden nach vielen Monaten der intensiven Arbeit die Abschlussergebnisse für die Taxonomie Regulierung präsentiert, die nun in eigenen Regulierungen für die EU umgesetzt werden. Ziel der Europäischen Kommission ist es, die Taxonomie für Maßnahmen gegen den Klimawandel bis Ende 2020 in eine Regulierung umgesetzt zu haben, die Ende 2021 in Kraft treten kann, und Regulierungen für andere Umweltmaßnahmen ein Jahr später. Andere Nachhaltigkeitsziele wie soziale Fragen und nachhaltige Unternehmensführung können zu einem späteren Zeitpunkt noch folgen.

Sechs Ziele

Die EU Taxonomie nennt sechs Umweltziele, denen in Form von Projekten, Unternehmungen, Investitionen und Kapitalmarktemissionen nachgegangen werden kann, um unter Fördermaßnahmen und Vergünstigungen fallen zu können:

  1. Minderung des Klimawandels
  2. Anpassung an den Klimawandel
  3. Schutz und Nachhaltigkeit für Gewässer und maritime Ressourcen
  4. Wandel zu einer Kreislaufwirtschaft
  5. Prävention und Kontrolle von Umweltverschmutzung
  6. Schutz und Wiederherstellung von Biodiversität und des Ökosystems

Den anderen Zielen keinen Schaden zufügen + Mindestkriterien einhalten

Wird einem der sechs Ziele nachgegangen, darf den anderen fünf Zielen dadurch kein wesentlicher Schaden entstehen. Die Taxonomie nennt dieses Kriterium „do no significant harm (DNSH)“.

Außerdem müssen gängige Mindestkriterien eingehalten werden, wie etwa die OECD-Leitsätze für multinationale Unternehmen oder die Leitprinzipien für Wirtschaft und Menschenrechte der Vereinten Nationen.

Grüne Investments und Anlageprodukte müssen zudem die technischen Überprüfungskriterien der EU Taxonomie Regulierung erfüllen.

Kapital soll Anreize erhalten, in die Ziele zu investieren

Als Grundvoraussetzung nennt die geplante Regulierung, dass der EU interne Kapitalfluss in nachhaltige Investitionen ungehindert fließen muss und hier Barrieren abgebaut werden sollen. Kapitalgeber sollen Anreize erhalten, ihr Geld in „grüne“ Projekte zu investieren, und Emittenten dazu angehalten werden, entsprechende Investitionen und Projekte über grüne Finanzierungsformen zu finanzieren. Damit das gelingt, ist ein umfangreicher Rahmen nötig, der für alle in der EU angebotenen „grünen“ Investmentprodukte und Unternehmen gleich ist, und der qualitativ hochwertige Informationspflichten über Produkte, Unternehmen und Projekte vorgibt.

Einheitliche EU-Standards gegen „Greenwashing“

Bisher sind Kriterien für grüne Investments weder einheitlich geregelt noch gibt es vergleichbare Standards in den Mitgliedsländern. Immer wieder kommt es vor, dass Anleihen, Schuldscheindarlehen, Portfolien und Fonds sich als „grün“ bezeichnen, sich dadurch Vorteile verschaffen, doch in Wirklichkeit weder Mindeststandards einhalten noch nachhaltige Umweltziele verfolgen. Diesem Greenwashing sagt die Kommission mit der EU Taxonomy Regulierung nun den Kampf an, und schafft gleichzeitig EU-weite, einheitliche Kriterien, Standards und Label, die den Markt transparenter, vergleichbarer und vertrauenswürdiger machen sollen.

Betroffen: Finanzmarkt und große Unternehmen

Unter die neue Regulierung fallen nicht nur Anbieter „grüner“ Investments, sondern auch andere Finanzmarktteilnehmer, Anbieter von Betriebsrenten und große Unternehmen, unabhängig davon, ob sie grüne Produkte anbieten. Unternehmen, die gesetzlich verpflichtet sind, zusätzlich zum Geschäftsbericht auch einen Lagebericht zu erstellen, müssen ab in Kraft treten der Taxonomie Verordnung darin Informationen über die Umweltverträglichkeit der allgemeinen Geschäftstätigkeit des Unternehmens aufführen, inklusive Umsatzzahlen, Betriebsausgaben und Investitionsvolumen aus und zu Aktivitäten, die unter die Taxonomie fallen. Finanzmarktinstitute müssen noch weitreichendere Informationen offenlegen. Für jedes Finanzprodukt muss eine Erklärung abgegeben werden, zu welchem Grad und ob das Produkt den Taxonomie-Kriterien entspricht. In jedem Fall müssen Finanzprodukte einen entsprechenden Taxonomie-Disclaimer enthalten.

Viele Finanz- und Altersvorsorgeprodukte

Für eine große Vielzahl an Anlegerprodukten muss in den Produktinformationen direkt Bezug auf die Taxonomie genommen werden. Darunter fallen:

  • Sämtliche Fondsprodukte wie UCITS Fonds, Aktienfonds, Exchange Traded Funds (ETFs), Bond Funds, Index Fonds
  • Alternative Investment Funds (AIFs) wie Dachfonds, Immobilienfonds, Private Equity Fonds, Venture Capital Fonds und Infrastrukturfonds
  • Portfoliomanagement
  • Altersvorsorgeprodukte wie Rentenfonds, Betriebsrenten und andere Altersvorsorgeinvestitionen
  • Versicherungsbasierte Anlageprodukte (IBIPs)
  • Verbriefungen wie ABS und ABCP

Auführliche Informationen zum Umweltschutzaspekt + Prinzip des Nicht Schadens

Schon im Vorfeld einer Emission oder einer Produkteinführung müssen interessierten Anlegern ausführliche Informationen zur Verfügung gestellt werden, welche Umweltziele genau verfolgt werden und mit welchen Mittel diese erreicht werden sollen. Außerdem muss der Anbieter oder Emittent explizit bestätigen, dass er mit seinem Produkt das „Prinzip des Nicht Schadens“ nicht verletzt. Die laufende Berichterstattung muss sich ebenfalls an der Taxonomie orientieren und über die Nachhaltigkeitswirkung informieren. Auf der Webseite des Anbieters müssen die Nachhaltigkeitsmerkmale des Fonds oder Produkts beschrieben sein, inklusive Informationen zu verwendeten Methoden für die Auswahl, Überprüfung und Bewertung der Investitionen sowie der Datenquellen.

Schaffen einer Arbeitsgruppen-Plattform für nachhaltige Finanzwirtschaft

Die EU Taxonomie Verordnung enthält die Gründung einer Interessen-Plattform für eine nachhaltige Finanzwirtschaft. Vertreten sollen hier neben den relevanten Aufsichtsbehörden (Europäische Umweltbehörde und die Europäischen Finanzaufsichtsbehörden EBA, ESMA und EIOPA) die Europäische Investitionsbank, der Europäische Investitionsfonds, die Agentur der Europäischen Union für Grundrechte, Experten aus Wirtschaft und Industrie, Experten der Zivilgesellschaft, Wissenschaftler und andere Fachleute zu Umweltthemen sein. Die Plattform dient als Berater für die Europäische Kommission, die für die Details der Taxonomie eine ganze Reihe an technischen Richt- und Leitlinien erstellen und diese danach laufend überprüfen, anpassen und aktuell halten muss. Die Experten der Plattform sollen die Kommission weiter bei Studien, Trends und Marktbeobachtungen unterstützen, und bei der Daten- und Informationsgewinnung helfen. Die Arbeit der Plattform soll dabei so transparent wie möglich erfolgen. Sämtliche Protokolle und Berichte werden auf der Webseite der Europäischen Kommission zugänglich sein.

Es werden umfangreiche technische Standards folgen

Die Verordnung wird durch eine Vielzahl an technischen Standards ergänzt werden, die genau festlegen, welche Aktivitäten der Taxonomie entsprechen, und vor allem, wie die Analyse, die Informationen und das Reporting darüber aussehen müssen. Die EU Taxonomie wird weitreichende Auswirkungen auf eine riesige Zahl an Unternehmen und Finanzprodukten haben. Die ersten Regelungen werden schon in den nächsten Jahren in Kraft treten, und vorbereitet zu sein lohnt.