Die sechs Rätsel der Makroökonomie (nach Obstfeld und Rogoff)
Rätsel 3: Der Handel findet in vielen Ländern noch immer bevorzugt regional statt
Unsere Welt wird immer vernetzter, und globaler Handel wird durch internationale Logistik, den Abbau von Handelsschranken und ganz besonders durch einen weltweit vernetzten Finanzmarkt erleichtert. Der rationale Geschäftsmann und Einkäufer sucht nach dem besten Preis-Leistungs-Verhältnis für sein Produkt, und das weltweit. So die Theorie.
Umso erstaunlicher ist es, dass selbst heute noch zu beobachten ist, dass Handel selbst in vielen entwickelten Ländern dieser Welt am liebsten mit heimischen und am allerliebsten regionalen Unternehmen stattfindet.
Deutschland und viele Nord- und mitteleuropäische Länder treiben regen Handel mit dem Ausland, aber bei vielen anderen, entwickelten Volkswirtschaften bleibt der internationale Handel weit hinter nationalem und regionalem Geschäft zurück. Betrachtet man die aktuellen OECD Handelsstatisiken, so stechen vor allem Staaten wie die USA, Japan, Großbritannien, Frankreich, Australien aber auch Italien durch geringen grenzüberschreitenden Handel hervor.
Erstmals wissenschaftlich erhoben wurde dieses Phänomen vor genau 20 Jahren von John T. McCallum. Er führte damals vor allem Sprach- und Handelsbarrieren zwischen nationalen Grenzen auf. Doch selbst innerhalb eines Landes besteht der Trend vielerorts, bevorzugt innerhalb der eigenen Region Geschäfte zu machen, wodurch das Argument von Handelsbarrieren (Zölle, Quoten, Regulierungen, Bürokratie, ect.) außer Kraft gesetzt wird. Möglicherweise liegt es auch an Patriotismus zum Heimatmarkt, wodurch Konsumenten heimische Produkte bevorzugen. Einen Einfluss mag zudem die durchschnittliche Unternehmensgröße haben. Denn anhand der OECD Statistiken lässt sich schön erkennen, dass der Großteil des grenzüberschreitenden Handels auf Unternehmen mit mehr als 250 Mitarbeitern entfällt. Auch Fremdsprachenkenntnisse und somit das Bildungssystem könnten einen Einfluss haben. Informationsbarrieren und Informationsasymmetrien spielen mit Sicherheit auch eine Rolle, denn trotz Internet und globaler Vernetzung ist es schwierig, sich als Unternehmen umfassend über das weltweite Angebot zu informieren. Der Heimatmarkt bietet hier deutliche Vorteile, auch wenn das Preis-Leistungs-Verhältnis irgendwo anders auf der Welt möglicherweise besser gewesen wäre.