Im Rahmen von Anlagegesprächen, auf den Internetseiten von Robo Advisorn und vor der Eröffnung eines Online Broker Kontos werden uns immer wieder Fragen zu unserer Risikobereitschaft gestellt. Wir werden gefragt, wie hoch Verluste sein dürfen, bevor wir nervös werden, und den Verlust von wie viel Geld wir generell verschmerzen können, ohne in den Ruin getrieben zu werden. Doch geht es nach einer aktuellen Studie der Aalto University School of Business sollten unsere Anlageberater auch berücksichtigen, welche Tageszeit wir gerade haben und sich bei uns erkundigen, ob wir gerade vom Essen kommen oder gar Hunger haben.
Glaubt man der Studie, erhält die Bezeichnung, jemand sei hungrig nach Risiko sofort eine ganz andere Bedeutung. Tatsächlich nämlich steigt die Risikofreude an, wenn jemand Hunger hat. Wir vertrauen unser Geld dann eher völlig unbekannten Personen für Projekte und Investments an, die wir nicht verstehen. Im Umkehrschluss heißt das, mit vollem Magen sind wir weniger geneigt, riskante und unüberlegte Entscheidungen zu treffen.
In der Studie wurden hungrige Probanden mit satten verglichen. Hunger trieb die Teilnehmer beispielsweise dazu, deutlich weniger sorgsam mit ihrem Hab und Gut umzugehen. Sie ließen ihre Habseligkeiten viel eher an einem für andere völlig öffenen Ort zurück, und sie trafen generell Entscheidungen, in denen sie Fremden großes Vertrauen entgegenbrachten. Sie handelten „aus dem Bauch heraus“ und trafen weniger analytisch durchdachte Entscheidungen.
Die Satten hingegen waren viel misstrauischer, analysierten mehr und verwendeten mehr Zeit für kognitive Prozesse. Im Klartext: Die Satten dachten nach!
Mit leerem Bauch treffen wir also andere Entscheidungen als in sattem Zustand. Wir hinterfragen Dinge kritischer, wenn wir gegessen haben, und denken schärfer nach. Wir verwenden mehr Energie darauf, Dinge zu analysieren. Sind wir hingegen hungrig, haben viele von uns scheinbar keine Lust oder Energie, zu stark über komplexe Dinge nachzudenken. Wir vertrauen darauf, dass andere Menschen die richtigen Entscheidungen treffen, und orientieren uns danach. In Geldangelegenheiten kann das, wie jeder sicherlich einsehen wird, auch schnell nach hinten los gehen.
Für Anlagevermittler bedeutet das, sollten sie ihrem Kunden ein sehr riskantes Investment verkaufen wollen, sie dieses Verkaufsgespräch besser noch kurz vor dem Mittagessen oder spät am Nachmittag führen sollten. Dann ist der Hunger am größten und der Investor sagt eher ja. Gleiches gilt für diverse Vermittler, die ihre teils dubiosen Projekte im Rahmen exklusiver Veranstaltungen vermarkten wollen. Lieber etwas beim Catering sparen und kleinere und weniger Häppchen servieren, dann klappt es auch mit dem Verkaufserfolg. Oder warten bis nach Silvester, dann machen viele Diät und sind ohnedies permanent hungrig. Riskante Geschäftsabschlüsse rund um Feiertage wie Ostern und Weihnachten sind danach wohl eher seltener anzutreffen.
Doch auch die Anleger können sich die Studie zu Nutzen machen. Die Uhrzeiten für ihre Gepräche über riskante und exotische Investments lieber selbst nach dem eigenen Essensrhythmus auswählen. Misstrauisch werden, wenn der Vermittler ein Treffen kurz vor dem Essen oder spät am Nachmittag vorschlägt. Wenn es denn ein Gespräch zu diesen Zeiten sein muss, dann denken Sie daran, besser nichts voreilig zu entscheiden. Das gilt sowohl für private als auch institutionelle Investoren, denn vor Hunger ist niemand gefeit. Besser nicht noch kurz vor dem Mittagessen die große Position eingehen. Sie könnten es nach dem Essen bereuen. Den Brokeranruf also besser auf nach der Pause verschieben.
Allen Anlegern und Investoren sei also geraten, sich immer erst nach dem Essen mit dem Berater oder Anlagevermittler zu treffen oder dem Broker zu telefonieren. Wenn es um große Summen und wichtige Entscheidungen geht, laden Verkäufer auch gerne zum Essen ein. Bestellen Sie reichlich und üppig. Möglicherweise mag es auch ratsam sein, auf das Glas Wein und das Schnäppschen danach zu verzichten. Auch wenn sich die Studie nur auf das Essen bezieht, dem Denken ist das „Gläschen“ wahrscheinlich auch nicht gerade förderlich. Dann also: Guten Appetit und sichere Geschäfte!