Die Zeiten, in denen Exchange Traded Funds einfach nur große Indizes nachgebildet haben, sind längst vorbei. Die großen Index-Tracker gibt es selbstverständlich noch immer, und ihr Volumen ist mittlerweile gigantisch groß. Doch sie haben jede Menge Gesellschaft von teils sehr exotischen ETFs bekommen.

Spezialisierte Investmentstrategien zum günstigen Preis

Blickt man dieser Tage auf Listen von ETFs, braucht man einige Zeit, um sich einen Überblick über die schier endlose Zahl unterschiedlichster Strategien zu verschaffen. Vor allem die sogenannten „Specialist ETFs“ klingen wie vormals Beschreibungen von Hedge Fund Strategien: Da finden sich etwa Low Volatility Funds, Exchange Traded Commodities, Value Investing Strategien, Inflations-ETFs, ETFs auf Metalle und jeden nur erdenklichen Rohstoff, Immobilien-ETFs, Short Strategien und gehebelte Funds, Multifactor ETFs, Active Factor ETFs, Factor Timing ETFs, Beta Funds, und so weiter und so fort. Die meisten der Strategien beziehen sich auf Aktien und bilden Handelsstrategien nach, die vormals ausschließlich von Hedge Funds angeboten wurden. Der feine Unterschied: Hedge Funds verlangen hohe Gebühren, Exchange Traded Funds gibt es deutlich günstiger. Wobei günstiger gerade bei Specialist Funds nicht kostenlos bedeutet, sondern sich meist doch noch zwischen 0,50% – 1,5% bewegen kann.

Automatisierung und Massengeschäft

Die günstigeren Gebühren können sich Fondsgesellschaften deshalb leisten, weil sie den Handel und die Abwicklung ihrer Fonds meist weitreichend automatisieren können. Die Spezialfonds sind zwar deutlich kleiner als die einfacheren Indextracker, in er Abwicklung, bei der Werbung und Akquise profitieren sie dennoch von der bereits existierenden Infrastruktur und den positiven Skaleneffekten. In der Masse können große ETF Anbieter selbst komplexe Strategien deutlich günstiger anbieten. Diesen Kostenvorteil wissen vor allem institutionelle Anleger sehr zu schätzen.

Transparenz als Vorteil

Doch nicht nur die niedrigeren Kosten sind ein Magnet für Rentenkassen, Versicherungen und Family Offices. Auch die Transparenz von Exchange Traded Funds ist ein nicht zu unterschätzender Vorteil. Die Bedingungen und Prospekte aller Fonds sind frei über das Internet erhältlich, es gibt jederzeit Kurse und Informationen zu sämtlichen Fonds, und niemand muss die Katze im Sack kaufen. Das war bei komplexen und ausgefallenen Strategien lange Zeit nicht der Fall.

Liquidität und jederzeit einen aktuellen Preis

Als wären Kosten und Transparenz nicht bereits gute Argumenten, Alternative Investment Strategien über ETFs abzubilden, kommt zudem noch der Vorteil von Liquidität und aktuellen Börsenpreisen hinzu. Gerade viele institutionelle Investoren müssen ihre Portfolien jederzeit mit Marktpreisen bewerten können. Ein Börsenlisting ist hier ein klarer Vorteil.

Der Zugang steht nun allen offen

Hedge Funds sind und waren ausschließlich großen Investoren offen. Das hängt auch mit Regulierungsvorschriften zusammen. Doch sehr hohe Mindestinvestitionssummen im Millionenbereich schließen einen sehr großen Kreis möglicher Interessenten aus. Das hat sich nun geändert, und vor allem tradinginteressierte Privatanleger und kleinere Institutionelle haben die Möglichkeit, bei long, short, beta, alpha, vol und leveraged mitzumischen. Ob das für alle gut ist, nun, darüber lässt sich streiten.

Komplexe Strategien schaffen neue Risiken

Desto komplexer die Strategie wird, desto höher ist auch die Wahrscheinlichkeit, dass nicht jeder Anleger die Chancen und Risiken ausreichend verstanden hat. Das betrifft übrigens nicht nur Privatanleger, sondern durchaus auch Institutionelle. Doch letztendlich schafft die Nachfrage das Angebot, und die Nachfrage nach Spezial-ETFs ist ungebrochen groß. Die einzigen, für die Spezial-ETFs tatsächlich nur schlecht sind, sind Hedge Fonds, denn sie verlieren massig Kunden und Geschäft und müssen sich mittelfristig mit neuen Strategien und Produkten umorientieren.