Nicht nur politisch zieht es viele Menschen derzeit in die grüne Ecke, auch finanziell. Green Bonds liegen im Trend, und immer mehr Unternehmen, Kommunen, Banken und Staaten springen auf den Zug auf. Sie verkaufen Anleihen mit dem Versprechen, dass sie mit dem geliehenen Geld Projekte rund um Umwelt- und Klimaschutz voranbringen.
Ein alter Hut neu entdeckt?
Bonds mit Umweltschutzkomponente gibt es nicht erst seit heute. Schon vor über einem Jahrzehnt, in 2007, hat die Europäische Investitionsbank (EIB) mit einem „Climate Awareness Bond“ (CAB) den Weg bereitet. Die EIB ist seither übrigens eine regelmäßige und fleißige Emittentin ihrer Klimabonds und hat nach eigenen Angaben bis Ende 2018 insgesamt 23,5 Milliarden Euro in 11 unterschiedlichen Währungen aufgenommen. Sie hat damit schon hunderte Projekte zum breiten Thema Klimaschutz gefördert. Finanziert werden viele Anlagen zur Erzeugung erneuerbarer Energie aus Wind, Sonne und Geothermalanlagen, aber auch Projekte rund um Energieeffizient.
Rasant steigendes Marktvolumen
Der gesamte Markt ist nicht nur Dank der Europäischen Investitionsbank stetig gewachsen. In den letzten Jahren haben sich neben staatlichen und supranationalen Emittenten auch immer mehr Unternehmen mit grünen Anleihen auf den Markt gewagt, und heute finden sich sogar Verbriefungsportfolien aus Asset Backed und Mortgage Backed Securities. Seit einigen Jahren verdoppelt sich das Emissionsvolumen jährlich, von 42 Milliarden US-Dollar im Jahr 2015 auf 82 Milliarden US-Dollar in 2016, und im vergangenen Jahr 2018 waren es sogar schon 167 Milliarden US-Dollar an Neuemissionen an Green Bonds. Da viele der Anleihen lange bis sehr lange Laufzeiten haben, sind derzeit beachtliche 500 Milliarden US-Dollar an Anleihen ausstehend. Damit haben sich die grünen Anleihen über nur wenige Jahre vom kleinen Nischensegment zu einem trendigen Wachstumsmarkt entwickelt.
Im Vergleich zum gesamten Fixed Income Markt sind Green Bonds immer noch ein minimaler Teil von 1-2% des Gesamtmarktes. Zudem leiden viele der kleineren Emissionen an mangelnder Liquidität. Sie sind vielfach noch immer reine Buy-and-Hold Produkte. Die Wachstumszahlen aber sprechen für sich.
Was gilt als „grün“ bei Anleihen?
Mit dem Emissionserlös aus Green Bonds werden Projekte und Vorhaben rund um Klima- und Umweltschutz finanziert. Ausgaben für Forschung und Entwicklung zählen dabei ebenso hinzu wie Bauvorhaben. Viele Green Bonds befassen sich mit Klimaveränderung, Schutz der natürlichen Lebensgrundlagen, Vermeidung oder Verringerung von Umweltverschmutzung, Artenschutz und Biodiversität, aber auch Energieeffizienz, erneuerbarer Energie, Elektromobilität, Wassermanagement und der Entwicklung umweltschonender Produktionsmethoden.
(Noch) keine einheitlichen Regelungen
Weltweit einheitliche Regeln dafür, was ein Emittent nun genau mit dem geliehenen Geld machen darf, gibt es nicht. Über die vergangenen Jahre haben sich aber einige Organisationen mit jeweils eigenen Definitionen und Labels der Sache angenommen und ihre eigenen Zertifizierungen entwickelt.
Die bekanntesten Regeln für Green Bonds sind jene der ICMA (International Capital Markets Association) aus 2015 und im Jahr 2018 aktualisiert, die in ihren „Green Bond Principles“ (GBP) freiwillige Richtlinien vorgibt. Darin werden nicht nur die einzelnen Kategorien für „grüne“ Vorhaben beschrieben, sondern auch für Investoren wichtige Rahmenbedingungen wie Inhalt und Umfang von Informationen, eine laufende Evaluierung, gutes Management, Berichterstattung und Transparenz.
Neben den freiwilligen Regeln der ICMA, an die sich Emittenten halten können, gibt es noch eine Reihe externer Dienstleister, die Zertifizierungen anbieten. Gegen eine Gebühr kann jeder seine Green Bonds von einer dieser Organisationen zertifizieren lassen. Die großen Ratingagenturen wie Moody’s und Standard & Poors bieten grüne Ratings an, und die norwegische CICERO teilt die von ihr zertifizierten Anleihen gleich in drei unterschiedlich grüne Kategorien ein.
Alles nur eine Marketing Masche?
Jein. Bei der Fülle an Neuemissionen im Fixed Income Markt müssen Emittenten das Interesse von Investoren wecken, und sie müssen dabei mitunter auch dem Trend des Geldes folgen. Es bedarf keines großen Genies um zu erkennen, dass manche Themen schlicht mehr Interesse wecken als andere. Umwelt- und Klimaschutz sind beliebt, und immer mehr Investoren wollen mit ihrem Geld nicht nur Rendite erzielen, sondern im Idealfall auch noch sinnvolle Projekte fördern. Neben Impact Investing, das neben der Umwelt auch soziale und Nachhaltigkeits-Themen aufgreift, sind Green Bonds in der Gunst der Anleger derzeit weit oben. Warum also sollten Unternehmen und öffentliche Emittenten nicht das Gute mit dem Nützlichen verbinden? Neben dem schönen Effekt, dass Green Bonds oft weggehen wie warme Brötchen, finden sich die Anleihen nicht selten auch positiv in den Medien erwähnt. Und wer möchte nicht als gutes Vorzeigeunternehmen dastehen, das sich dem Schutz unserer Welt widmet?
Ein wachsames Auge sollten Investoren trotzdem bei jeder Neuemission haben, denn unter die Fülle guter Projektvorhaben mischen sich auch immer wieder schwarze Schafe, die ihre Angebote nur grün verpacken ohne einen seriösen, nachhaltigen, grünen Inhalt zu bieten.
Warum entscheiden sich Emittenten für Green Bonds?
Neben der Aufmerksamkeit, die Green Bonds bei Investoren wecken, spielt der Spread-Gedanke eine wichtige Rolle. Da sich grüne Anleihen einer regen Nachfrage erfreuen, sind die Spreads bei Neuemissionen häufig enger als bei klassischen Bonds. Die geringere Zinslast freut die Emittentin natürlich und motiviert dazu, vermehrt Umwelt- und Klimaschutzprojekte durchzuführen. In einer Studie der Bank für Internationalen Zahlungsausgleich aus 2017 war der Spread von Green Bonds um 18 Basispunkte (0,18%) geringer als bei normalen Emissionen der selben Emittenten. Möchte ein Unternehmen also ohnedies ein Forschungsvorhaben oder Projekt durchführen, das die Kriterien eines Green Bonds erfüllt, liegt es nahe, die Anleihe auch so zu labeln.
Eine weitere Überlegung auf Unternehmensseite ist die Art von Investor, die durch grüne Anleihen angesprochen wird. Nachhaltig orientierte Investoren sind nicht nur an der reinen Rendite interessiert, sondern auch am Inhalt des Projektvorhabens. Sie werden dem Unternehmen möglicherweise selbst dann die Treue halten, wenn holprige Zeiten anbrechen. Viele „grüne“ Investoren sind langfristig orientierte Buy-and-Hold Anleger, und das spiegelt sich auch bei den angebotenen Laufzeiten wider. Denn Green Bonds können mit deutlich längeren Laufzeiten gut verkauft werden, was in der Niedrigzinsphase für die Emittentin sicherlich ein weiterer Vorteil ist. Green Bonds können also eine schöne Sache sein, sowohl für den Anleger als auch die Emittentin!