Swaptions sind komplexer als Sie denken!

Sie denken, Swaptions, also Optionen auf Swaps, wären simpel und leicht zu berechnen? Sie sind schließlich ein altes, langweiliges Standardprodukt? Täuschen Sie sich nicht! Denn genau hier lauern für viele Marktteilnehmer Bewertungsfallen, die nicht auf den ersten Blick zu erkennen sind. Das nutzen die großen Market Maker und Broker im Zinsderivate Markt seit einiger Zeit aus. Sie verdienen mit Swaptions im EUR und GBP Raum viel Geld, denn die derzeit gängige, mathematisch sehr ungenaue Bewertungspraxis bietet Raum für Bewertungsarbitrage.

Physisches Settlement oder Barausgleich

Der Grund des Übels liegt im kleinen aber feinen Unterschied zwischen physisch und cash gesettelten Swaptions. Im USD-Raum werden Swaptions standardmäßig physisch gesettelt, was bedeutet, dass sie im Falle einer Ausübung in einem entsprechenden Swap aufgehen. In EUR und GBP werden Swaptions hingegen – sofern bei Geschäftsabschluss nichts Gegenteiliges vereinbart wurde – durch Barausgleich cash gesettelt. Im Falle einer Ausübung fließt der Wert der Option als Geldzahlung.

Und hier beginnt der große Bewertungsirrtum, der aktuell noch immer weit verbreitet ist. Denn der Barwert der Swaption wird unter der Annahme einer flachen Renditekurve über die Laufzeit des Swaps berechnet. Ihren Ursprung hat diese Berechnungsmethodik im physischen Settlement, wo dies auch kein Problem darstellt. Entsprechend waren die Swaption Preise unabhängig von der Art ihres Settlements über lange Zeit gleich.

Bisher viele näherungsweise Bewertungsmodelle

Allerdings ist die Annahme einer flachen Renditekurve für Cash gesettelte Swaptions nicht korrekt. Es handelt sich sozusagen um eine annäherungsweise Lösung, die mathematisch nicht sauber ist. Denn Swaptions mit Cash Settlement unterliegen einer zusätzlichen Konvexität, da die durch Barausgleich gesettelten Annuitäten direkt vom jeweiligen Swap Satz abhängen. In der bisherigen Bewertungspraxis wurde das allerdings nicht berücksichtigt, sondern mit einer Annäherung gearbeitet. Sehr anschaulich beschrieb das bereits Fabio Mercurio in seinem Beitrag „No-arbitrage conditions for cash-settled swaptions“ im Jahr 2008.

Die Erkenntnis, dass Cash gesettelte Swaption Preise mathematisch eigentlich nicht ident sind mit physisch gesettelten Swpation Preisen, ist weder neu noch überrascht es. Dennoch gab sich der Markt in der Vergangenheit damit zufrieden, dass die Preise zumindest annäherungsweise einander glichen.

Arbitrage durch neue Modelle

Was hingegen relativ neu ist: Einige große Marktteilnehmer haben ihre Bewertungsmodelle auf eine korrekte Bewertung der Konvexität von durch Barausgleich gesettelten Swaptions umgestellt und können auf diese Weise Arbitrage auf Kosten der anderen Marktteilnehmer betreiben. Zudem drängen die großen Market Maker durch ihre nun besseren Preise ihre kleineren Sell-Side-Konkurrenten zunehmend aus dem Markt. Dass weniger Konkurrenz langfristig gut für die Margen und weniger gut für den Endkunden ist, versteht sich von selbst.

Das Feldman-Portheault-Modell

Was können Sie also tun, wenn Sie nicht zu den Top-Playern der Branche gehören und Ihnen auch gerade keine Armee an Quants aus Atomphysikern und Mathematikern zur Verfügung steht, um Ihre Modelle anzupassen? Eine sehr interessante, erste Lösung bieten Konstantin Feldman und Natalie Portheault in ihrer aktuellen Studie „How much is your zero collar worth?“ an. Sie schlagen vor, den aktuellen Standardansatz durch das Hinzufügen von zwei weiteren Variablen zu verbessern. Erstens soll dadurch der Unterschied zwischen der physischen Annuität und jener des Barausgleichs ausgeglichen werden. Zusätzlich wird die Korrelation zwischen dem Swapsatz und der Struktur der Renditekurve mit einbezogen. Diese Korrelation kann relativ einfach aus den Preisen für am Geld liegende Zero-Wide Collars errechnet werden, und auch für den Annuitätenausgleich geben Feldman und Portheualt den Weg über am Geld liegende Straddle Preise und die Asymmetrie der Swap Preise vor. Durch diese Verbesserungen der traditionell verwendeten Näherungsformel wird die Arbitragemöglichkeit der großen Market Maker zumindest eingeschränkt und die Genauigkeit der Preise und Bewertungen dürfte sich verbessern.

Bewertungsmodelle im Wandel

Die mathematische Verfeinerung der Bewertungsmodelle für Swaptions ist hier noch nicht zu Ende. Vielen Marktteilnehmern steht noch viel Arbeit bevor, um ihre Modelle zu adaptieren. Ein verstärktes Bewusstsein für die aktuelle Arbitrage-Situation sollte hier etwas Bewegung in die Sache bringen und das Fenster der Arbitrage für die großen Market Maker und Broker nach und nach schließen. Dem Swaptions Markt selbst sei es zu wünschen, denn nur ausreichend viele Sell-Side Anbieter sind ein Garant für Liquidität und attraktive Preise.