BahlConsult GmbH: Ihre Experten für die Bewertung und Analyse von Swaps, Derivaten und strukturierten Produkten.Betriebsrenten sind für größere Unternehmen ein wichtiger Baustein in der Mitarbeiterbindung und zeigen zudem, dass dem Unternehmen auch die private Zukunft der Mitarbeiter am Herzen liegt. So weit, so gut. Doch mit Betriebsrenten und betrieblichen Pensionszusagen sind für ein Unternehmen nicht nur erhebliche Kosten, sondern auch hohe Risiken verbunden. Denn das Unternehmen muss für die zukünftigen Betriebsrenten, die es vertraglich zugesagt hat, Rückstellungen bilden.

Die betrieblichen Pensionsrückstellungen können schwindelerregenede Höhen erreichen. Allein die DAX Unternehmen haben Pensionsverpflichtungen von etwa 300 Milliarden Euro. Das ist nichts Neues und drückt viele Unternehmen seit vielen Jahren als Last. Zuletzt sogar öffentlich diskutiert wurden die Pensionszusagen für Vorstände und Topmanager in der Automobilbranche. Der etwa bei VW zurückgetretene ehemalige Vorstand Martin Winterkorn soll allein Pensionsansprüche von knapp 29 Mio Euro haben. Aber auch bei Daimler sieht es ähnlich aus, denn hier musste der Konzern allein für Dieter Zetsche bisher an die 30 Mio Euro zurücklegen. In anderen DAX Konzernen sieht es nicht viel anders aus. Die Vorstände und Topmanager werden auch in der Rente fürstlich weiter verdienen. Hinzu kommen die Zusagen für ganz normale Mitarbeiter. Das betrifft auch den Mittelstand, sofern diese betriebliche Altersvorsorge anbieten. Laut einer Studie der DIHK bildet jedes dritte Unternehmen in Deutschland Pensionsrückstellungen für seine Mitarbeiter.

Dabei haben die Unternehmen ein Problem. Die zukünftigen Pensionszusagen stehen in iher monatlichen Höhe ab dem Erreichen des Renteneintrittsalters in der Regel fest. Die Rückstellungen dafür werden allerdings schon im Laufe der Jahre, während der Mitarbeiter noch aktiv im Beruf steht, nach und nach gebildet. Dafür benötigt das Unternehmen neben einer versicherungsmathematischen Annahme der Lebenserwartung einen Kalkulationszins, mit dem die Beträge, die für zukünftige Pensionen zurückgelegt werden, aufgezinst werden. Und hier liegt der große Haken. Denn seit einigen Jahren befinden wir uns in einer extremen Niedrigzinsphase. Mit der wird es, geht es nach Mario Draghi von der EZB, auch so schnell nicht vorbei sein.

Die Konsequenz aus der Niedrigzinsphase ist, dass die Kalkulationen für die betrieblichen Rentenzusagen in sich zusammen stürzen. Das Ergebnis sind riesige Lücken in den Rückstellungen. Nach aktuellen Schätzungen sind derzeit in Deutschland nur etwa 60% der betrieblichen Pensionsverpflichtungen durch entsprechende Rückstellungen gedeckt. Es fehlen also 40%. Ein Milliardenbetrag. Diese Lücken müssen eigentlich von den Unternehmen aufgestockt werden. Das ist aber weder einfach noch günstig. Denn erstens handelt es sich um schwindelerregend hohe Beträge im Milliardenbereich, die vielen Unternehmen fehlen. Und zweitens ist das Auffüllen der Lücken in den betrieblichen Pensionsrückstellungen derzeit steuerlich nicht abzugsfähig. Das macht die Sache nochmals teurer. Denn Rückstellungen für Pensionen werden derzeit wie Gewinne besteuert. Die IHK fordert deshalb seit einiger Zeit eine Änderung in der Steuergesetzgebung, um Unternehmen hier zumindest ein bisschen zu entlasten.

Dass es in vielen Unternehmen Lücken in den Rückstellungen für Betriebsrenten gibt ist nicht neu. Das war auch schon vor der Finanzkrise 2008 häufig der Fall. Das Handelsblatt etwa bezeichnete deshalb in einem Artikel aus dem Jahr 2008 die Lücken der betrieblichen Pensionsrückstellungen sogar als Bilanzbombe. Doch seither hat sich die Lage nochmals dramatisch verschlechtert. Das drückt auch auf die Bilanzen vieler Unternehmen und damit auf den Aktienkurs.

Verwaltet werden Pensionsvermögen für die betrieblichen Altersvorsorgezusagen übrigens kaum jemals vom Unternehmen selbst, sondern in der Regel von spezialisierten Pensionskassen oder Pensionsfonds. Diese spüren mittlerweile einen enormen Renditedruck. Die Anlagevorschriften für viele Pensionsvermögen schreiben meist vor, dass ein Großteil des Vermögens in sichere Anleihen investiert werden muss. Die Aktienquote ist meist geringer. Sichere Staatsanleihen bringen aber derzeit keine Zinsen. Die alten, noch gut verzinsten Anleihen laufen langsam nach und nach aus. Die Neuveranlagung und auch die Berechnung der zukünftigen Wertzuwächse müssen den neuen Gegebenheiten angepasst werden. Und genau das führt zu immer größeren Lücken in den Rückstellungen.

Kurz- und mittelfristig wird die Niedrigzinsphase die Unternehmen hohe Summen kosten. Langfristig werden die Modelle der betrieblichen Altersvorsorge angepasst werden. Anstatt Pensionszusagen mit betraglich vordefinierten Zusagen zu machen, werden neu abgeschlossene Verträge immer stärker in Richtung Beitragssystem mit gewinn- und ertragsabhängigen Auszahlungen im Rentenalter gehen (Defined Contribution Plan anstatt eines Defined Benefit Plan). Damit verschiebt sich das Risiko der Wertentwicklung der Pensionsvermögen vom Unternehmen zum Arbeitnehmer. Letzterer hat aber immer ein gewisses Risiko, selbst im alten System. Denn geht ein Unternehmen in Konkurs und sind die Pensionszusagen nicht gedeckt, bleibt der Arbeitnehmer ebenfalls auf der Strecke. So mag das alternative System mit regelmäßigen Beiträgen gar nicht die schlechteste Alternative sein.