Schatztruhe2Ich bin bei Starbucks. Die Bestellung läuft wie immer reibungslos, der junge Barrista weiß sofort, was ich mit Decaf Soja Caramell Latte meine. Doch dann bin ich es, die etwas ratlos auf die Frage reagiert, wie ich gerne bezahlen möchte. Per App oder mit Karte? Die Kunden vor mir zücken scheinbar automatisch ihre Smartphones und zeigen dem Barrista an der Kasse einfach einen Barcode aus ihrer Smarphone Starbucks App. Ich fühle mich mit meinem Geldschein etwas uncool.

Für die einen ist es der Inbegriff von Geld und aus dem täglichen Leben nicht wegzudenken. Für andere ist Bargeld einfach nur eine altmodische Form der Transaktion, die sich nach und nach überholt. Es gibt sogar Anti-Bargeld Lobbyisten, die behaupten, Bargeld würde nur Schwarzarbeit, Drogenhandel und Terrorismus fördern. Über solche Argumente kann man nur verständnislos den Kopf schütteln, denn hier spricht eindeutig der Überwachungswahn, und nicht der Volkswirt.

Denn Bargeld hat auch volkswirtschaftlich für uns alle eine wichtige Funktion. Gerade jetzt in der Niedrigzinsphase sollten wir uns dessen bewusst werden. Denn durch die bloße Existenz von Bargeld ist die Untergrenze für Leitzinsen bei oder zumindest sehr nahe Null. Gäbe es kein Bargeld, könnten die Zentralbanken ohne Weiteres Zinsen von minus ein, zwei, drei oder mehr Prozent festsetzen. Null wäre dann keine natürliche Grenze mehr, sondern eine Zahl wie jede andere. Was das für jedermanns Sparguthaben bedeuten würde, muss ich wohl nicht eigens erläutern.

Einige Länder experimentieren derzeit tatsächlich mit leicht negativen Zinsen. Wobei hier das Wort „leicht“ herausgestrichen werden muss. Die Schweiz hat derzeit einen Leitzins von -0,75%, ebenso Dänemark, und Schweden liegt bei -0,25%. Damit wollen diese Länder den Zufluss von Kapital einbremsen, der ihr System überschwemmt. Doch die Anleger sind nicht auf den Kopf gefallen. Zunehmend mieten sich Investoren große Schließfächer und Tresore und füllen diese schlicht mit Bargeld. Die Mieten für die Schließfächer sind bereits ab überschaubaren Summen günstiger als die Negativzinsen auf Bankguthaben und Certificates of Deposit.

Bargeld unter der Matratze zu verstecken war früher durchaus üblich, als es noch kein globales Bankennetz gab und ein Großteil der Bevölkerung überhaupt keine Bankkonten besaß. Bis vor wenigen Jahrzehnten wurden so gut wie alle Transaktionen in Bar abgewickelt. Noch in meiner Jugend war es üblich, ein Auto beim Händler in Bar zu bezahlen, dafür gab es dann auch ordentlich Prozente auf den Preis. Das wäre heute bei Neuwägen unvorstellbar und hat sich auf kleine Transaktionen im privaten Gebrauchtwagenmarkt reduziert.

Die Welt hat sich verändert. Das Bargeld hat für viele vor allem größere Transaktionen an Bedeutung verloren. So gut wie jeder erwachsene Bürger der westlichen Welt besitzt ein Bankkonto, auf das Gehalt und Sozialleistungen eingehen. Der Einkauf im Supermarkt und an der Tankstelle wird zunehmend mit Karte bezahlt, nur Kleinbeträge beim Bäcker oder im Café bleiben dem Bargeld vorbehalten. Mobile Payments über Smartphone Apps sind der Hype unter jungen Leuten, die selbst die kleinen Summen lieber bargeldlos begleichen würden. Es ist auch einfach bequem und praktisch, überall auf der Welt mit Karte oder Smartphone App bezahlen zu können.

Das soll uns trotzdem nicht dazu verleiten, ganz auf Bargeld zu verzichten! Denn sobald wir im Fall des Falls kein Bargeld mehr horten könnten, wäre den Zentralbanken der Weg zu deutlichen Negativzinsen geebnet!

Ob denn Bargeld zu horten auch sicher ist? Man denke nur an Diebstahl oder Brand! Nun, sehen wir es mal so. Nehmen wir ein großes Schließfach hinter einer dicken Panzertür in einer gut gesicherten Bank, gegenüber einem elektronischen Konto, das nur mit Passwort und TAN geschützt ist. Wo hört man öfter von Diebstahl? Phishing, Datenklau, leergeräumte Konten durch kriminelle Hacker und Online Betrug kommen täglich in riesigem Ausmaß vor. Die Risiken von Kontosperrungen, Pfändungen, Beschlagnahmung durch Behörden, der Einblick in sämtliche Transaktionen durch Finanzamt und Geheimdienste, Datenschutz und der gläserne Bürger oder Unternehmer, davon sprechen wir hier nicht mal. Wenn mir also das elektronische Konto mit virtuellem Geld keine Zinsvorteile mehr bringt, sondern nur noch hohe Kosten verursacht, dann bitte lieber der gut gesicherten Panzertresor mit Geldscheinen!

Zu viel Sorgen müssen wir uns allerdings trotzdem nicht machen, auch wenn selbsternannte Wirtschaftsweise oder Politiker die Abschaffung von Bargeld fordern. Denn eine Alternative zu virtuellem Zentralbankgeld entsteht seit 2009 mit dem „B-Geld“, den sogenannten Kryptowährungen wie Bitcoin. Bis die Zentralbanken unser Bargeld abgeschafft haben, könnte das System des B-Money seine Kinderkrankheiten überwunden haben und uns eine Alternative bieten.