BahlConsult GmbH, Ihre Experten für komplexe Anleihen und DerivateWürden Sie viel Geld für ein Recht auf’s Nichts ausgeben? Nein? Mehr und mehr Investoren denken darüber anders und investieren Unsummen. Die Renditen? Oft schwindelerregend hoch. Der Aufwand für den Erwerb der Rechte auf’s Nichts? Meist sehr hoch, mit langwierigen Verhandlungen und verbunden mit politischen und regulatorischen Risiken.

Das gibt es tatsächlich, und zwar in New York. Dort findet seit Jahren ein millionenschwerer Handel mit sogenannten „Air Rights“ statt, also Rechte auf Luftraum. Das hat nicht etwa mit der Luftfahrt, Flughäfen oder Drohnen zu tun, sondern betrifft den unmittelbaren Raum über einem Gebäude. Daraus hat sich mittlerweile eine eigene Assetklasse gebildet.

In New York, und dort speziell in Manhattan, ist der Platz knapp. Nach amerikanischer Verfassung hat nun aber jeder, der ein Grundstück besitzt, auch gleichzeitig die Rechte am darüber liegenden, nicht genutzten Luftraum bis zu einer Höhe von 500 Fuß. Das entspricht einer Höhe von 152,5 Metern. Alles darüber gehört in den USA der Öffentlichkeit und wird von der Luftfahrtbehörde verwaltet. Nun wären 152,5 Meter schon sehr viel. Deshalb haben die Bezirke in New York den Airspace über einem Gebäude 1961 begrenzt, dafür aber eine Übertragbarkeit auf andere Grundstücke erlaubt und Air Rights als Assetklasse ermöglicht. Richtig abgehoben hat der Handel damit aber erst rund um das Jahr 2000.

Je nach Lage dürfen Gebäude in New York eine bestimme Anzahl an Quadratmetern haben, was sich meist auf eine Höhe von zum Beispiel 30 Stockwerken umrechnen lässt. Hat nun ein Gebäude mit einem Recht auf 30 Stockwerke nur 10 Stockwerke, könnte es entweder nochmal 20 oben drauf bauen, oder eben das Recht auf diese nicht genutzten Air Rights über 20 Stockwerke an jemand anderen für sehr viel Geld verkaufen. Der Käufer könnte sich damit bereits ein Gebäude über 50 Stockwerke bauen.

Will nun jemand ein noch höheres Gebäude bauen, muss er die Air Rights vieler Gebäude kaufen. Das kann kosten. Für eines der höchsten Gebäude am Central Park, das One57 etwa, das 90 Etagen und 306 Meter hoch ist, wurden angeblich 260 Millionen USD bezahlt, um die nötigen Air Rights von benachbarten Gebäuden zu kaufen. Die Verhandlungen darüber haben sich angeblich über 15 Jahre gezogen.

Je nach Genehmigung dürfen Air Rights entweder nur in der unmittelbaren Nachbarschaft verwendet werden, oder auch schon mal eine Straße weiter. Große Investoren drängen verständlicherweise darauf, dass die Übertragbarkeit ausgeweitet wird. Bisher behelfen sich Interessenten mit ziemlich mühsamen Tricks. Da werden zum Beispiel die Air Rights an einem Nachbargebäude erworben. Diese werden dann mit den Air Rights des aufkaufenden Gebäudes verschmolzen. Diese verschmolzenen Rechte werden dann an das nächste Nachbargebäude verkauft und mit dessen Rechten verschmolzen. Diese Kette zieht sich fort, bis endlich das Grundstück erreicht ist, auf dem ein neuer Wolkenkratzer errichtet werden soll. Das klingt nicht nur mühsam und langwierig, sondern ist auch teuer, denn jeder Zwischenhändler möchte ein Stück vom Kuchen abhaben. Zu lohnen scheint es sich aber allemal, denn der Transfer von Air Rights boomt, und zunehmend werden auch reine Finanzinvestoren auf diesem Markt aktiv. So hat sich etwa Blackstone kürzlich mit dem Kauf der Stuy-Town/Peter Cooper Village Anlage Air Rights im Wert von geschätzten 625 Millionen USD gesichert.

Besonders lukrativ ist potenziell der Verkauf von Air Rights bei sehr niedrigen historischen Gebäuden wie etwa dem Farley Post Office. Dessen Air Rights werden auf etwa 500 Millionen USD geschätzt. Die zentral gelegene St. Thomas Church hat den Luftraum über ihrem Kirchturm im Jahr 2014 für 71,12 Millionen USD verkauft. Gehandelt wird auch mit dem Luftraum über Eisenbahnschienen. Die öffentliche Eisenbahngesellschaft verlangt dafür 65% des geschätzten Wertes des neuen Gebäudes, das damit errichtet werden soll.

Da der Handel von Air Rights nicht öffentlich stattfindet, sind die Preise sowohl sehr unterschiedlich als auch schwer zu schätzen. Experten gehen davon aus, dass Air Rights in Manhattan im Schnitt für 900 USD pro Quadratmeter verkauft werden, in guten Lagen aber auch schon mal 1500 USD pro Quadratmeter erreichen können. Die Preise für Air Rights sind in den vergangenen Jahren dank eines anhaltenden Baubooms für Luxusapartments stark gestiegen und sorgen so für zusätzliches Investoreninteresse nicht nur aus der Baubranche. Air Rights als eigene Assetklasse haben sich aus ihrem Schattendasein entwickelt und sind zur lukrativen Finanzanlage geworden.