Was ist meine Swaption wert? Wie hoch ist der Swapsatz? Wie bewerte ich die Forward Starting Swaption, die Zinsuntergrenze, den Cap oder den Basis-Swap korrekt? Stimmt denn die Berechnung für die verschiedenen XVA Adjustements?

Ein Excel-Spreadsheet reicht nicht mehr!

Wer sich mit diesen Fragen beschäftigt, landet zwangsläufig bei einer Reihe verschiedener Bewertungsmodelle. Über die vergangenen Jahre und Jahrzehnte sind diese immer komplexer geworden. Die Anzahl der Variablen und Parameter ist heute auf ein Vielfaches angewachsen. Konnte man vor 20 Jahren einen Zinsswap noch mehr oder weniger mit einem einfachen Excel Spreadsheet berechnen, reicht das heute bei Weitem nicht mehr. Im Hintergrund laufen Datenbanken, die sogenannte „Pricing Engines“ betreiben. Die verwendeten Formeln der neuesten Modelle sind für Nicht-Mathematiker kaum noch zu durchschauen. Gerade bei exotischen Optionen und nicht linearen Zinsderivaten sind die Modelle heute sehr komplex und teilweise auch von Bank zu Bank in wichtigen Punkten unterschiedlich.

Die Mehrzahl der Derivate Nutzer steht vor einer Black Box

Die Vielzahl der heute verwendeten Einflussfaktoren und ihre Einbindung in die verwendeten Modelle stellt Risikomanager und Anwender von Bewertungssoftware häufig nicht nur schlicht vor Herausforderungen, sondern in der Regel vor eine Black Box. Die Mehrzahl der Derivate Nutzer hat ebenso wenig eine Ahnung davon, wie ein Preis zustande kommt, wie der Finanz- und Risikovorstand, der Controller, die Interne Revision oder die Bankenaufsicht. Diejenigen, die an den Stellschrauben ziehen und den Durch- und Einblick haben, sind ein relativ kleiner Kreis aus Quants, Programmierern und Händlern.

Wenn der Wirt auch der Koch ist

In der Best-Practice-Theorie werden die Modelle samt ihren vielen Variablen und Parametern von einer unabhängigen Stelle innerhalb der Bank vorgegeben, wo diese Modelle entwickelt und gepflegt werden. In der Praxis sieht die Sacher tatsächlich anders aus. Häufig werden die Volatilitäts-Shifts und die SABR Parameter vom Händler selbst eingestellt und vorgegeben. Je nach Richtung und Lage des eigenen Buchs lassen sich diese Parameter und Stellschrauben natürlich beliebig drehen und verstellen. Viele SABR Parameter werden zudem nicht automatisch dynamisch berechnet, sondern „nach Bedarf“ vom zuständigen Händler angepasst. Die Auswirkungen auf den Preis des jeweiligen Derivats können dabei durchaus bedeutend sein.

Bewertungsmodelle sind anfällig für Manipulationen

Das öffnet Tür und Tor für einen gewissen Missbrauch. Das muss nicht nur zu Lasten des Endkunden sein, sondern gerne auch einmal innerhalb der Bank selbst. Denn durch das „Anpassen“ der Parameter lässt sich der Gewinn einer Position auch gerne einmal von einer Abteilung zur anderen verschieben. Es verwundert nicht, dass diese Verschiebungen in der Regel zu Gunsten des Händlers und seiner Bücher gehen, der die Hoheit über die Parameter besitzt.

Das Dilemma des Managements

Dabei befinden sich das Management und die Kunden in einem gewissen Dilemma. Denn für die korrekte Anpassung der komplexen Parameter sind Spezialwissen und eine permanente Marktbeobachtung notwendig. Doch diese Expertise ist nicht in allen Abteilungen in der jeweiligen Tiefe vorhanden. Ganz im Gegenteil. Also vertrauen die meisten Verantwortlichen, dass „der Quant“ oder „der Händler“ die Parameter schon so einstellt, wie sie sein sollten.

Es mangelt an Experten und Systemen

Finanzderivate leiten sich bekanntlich von anderen Finanzprodukten ab. Der Wert ihrer Zahlungsströme basiert auf der Annahme zukünftiger Wertentwicklungen, und diese leiten sich wiederum von einer Vielzahl an möglichen Einflussfaktoren wie Volatilitäten, Wahrscheinlichkeitsverteilungen, Korrelationen, Zins- und Währungsdifferenzen und vielen anderen ab. Die verwendeten, impliziten Volatilitäten können selbst nur beobachtet werden. Der Zugang zu teuren Datenanbietern wie Bloomberg oder Reuters Thompson sind dabei ein Muss, aber wiederum aufgrund der hohen Kosten nur der nötigsten Anzahl an Experten vorbehalten. Wer aber nicht permanent mit den Systemen arbeitet, sondern nur sporadisch einen geteilten Zugang hat, wird nicht das nötige Wissen in der Tiefe haben, das notwendig ist, um sekundenschnell Preise für komplexe Zinsderivate zu berechnen.

Eine schnelle Lösung ist nicht in Sicht

Was also tun? Die Antwort darauf ist in den internen Strukturen von Banken zu suchen. Eine Möglichkeit könnte sein, die Parameter automatisch und dynamisch berechnet von zentraler Stelle vorzugeben. Wie praktikabel das ist, und ob sich dadurch eine Qualitätsverbesserung erreichen lässt, ist damit jedoch noch nicht sicher. Eine externe Kontrolle der Änderungen von Parametern wäre eine zweite Möglichkeit, doch auch hier hängt die Qualität von einem besonderen Spezialwissen ab, das nicht in großer Zahl verfügbar ist. Das Bewusstsein für die Manipulationsanfälligkeit von Modellparametern durch sogenannte Insider ist zumindest ein erster Schritt in Richtung einer möglichen Verbesserung.