In Deutschland ist der Markt für Kommunalanleihen sehr überschaubar. Eine handvoll Emittenten ist derzeit mit Anleihen im Markt, und das Volumen sowie die Liquidität sind sehr begrenzt. Deutsche Kommunen finanzieren sich hauptsächlich über Bankkredite.

Ganz anders ist das in den U.S.A., wo der sogenannte Muni Markt ein gigantisches Volumen hat und als eines der wichtigsten Wertpapiersegmente für Kleinanleger gilt. Laut der Securities and Exchange Commission haben öffentliche Emittenten Gelder in der Höhe von vier Billionen USD aufgenommen. Rund 50% der U.S.-amerikanischen Kommunalanleihen werden dabei von Retail Investoren gehalten. Dabei nehmen öffentliche Emittenten Gelder auf, um entweder einzelne Projekte zu finanzieren (z.B. ein Stadion, eine Schule, eine Brücke), um die generellen Verwaltungskosten der Kommune oder Region zu decken, oder aber zur Finanzierung über Zweckgesellschaften, um privaten Unternehmen für wichtige, kommunale Projekte günstige Finanzierung zur Verfügung zu stellen (z.B. Erweiterung einer Fabrik, Bau eines Bürogebäudes, ect.). Allein im Jahr 2015 gab es laut Statistiken der SIFMA 13.411 neue Muni Bond Emissionen von 9.682 Emittenten in der Höhe von insgesamt 403,6 Milliarden U.S.-Dollar. Knapp 10.000 Kommunen, Städte und Regionen, die sich in jedem Jahr über den Kapitalmarkt finanzieren, das ist durchaus beachtlich. Nicht in der Statistik enthalten sind Bonds, die kürzer als 13 Monate laufen.

Einer der Hauptgründe, warum die kommunale Finanzierung über den Kapitalmarkt in den U.S.A. so gut funktioniert, ist die Nachfrage durch Investoren nach Kommunalanleihen. Denn in den U.S.A. sind Kommunalanleihen steuerbefreit, Anleger bezahlen also auf Zinserträge keine Einkommenssteuer. Das hat Muni Bonds über die Zeit zum beliebten Investment vieler Anleger gemacht, allen voran von Kleinanlegern. Dabei ist das Rezept ganz einfach. Die Steuerfreiheit erhöht die Rendite für Anleger, Muni Bonds werden attraktiver, die Finanzierungskosten sinken und das Aufnehmen von Geld für öffentliche Emittenten wird leichter.

Dabei hätten deutsche Kommunalanleihen für Investoren deutliche Vorteile gegenüber ihren U.S.-amerikanischen Pendants. Denn deutsche Kommunen haben eine bessere Credit Story. Sie gehen nicht in Konkurs. Amerikanische Gemeinden, Städte und sogar ganze Bezirke können sehr wohl zahlungsunfähig werden, und die Ausfallquoten bei Muni Bonds sind gar nicht so gering. Die bekanntesten Beispiele sind Orange County, Detroit und Puerto Rico, aber es gibt tatsächlich eine ganz lange Liste an öffentlichen Emittenten, deren Muni Bonds bereits ausgefallen sind. Meist handelt es sich um den Konkurs mit einer bestimmten Anleihe finanzierter Projekte. Denn viele Muni Bonds sind sogenannte Revenue Bonds, deren Zinsen aus dem Ertrag eines bestimmten, mit der Anleihe finanzierten Projekts bezahlt wird.

In Deutschland hingegen werden Erträge kommunaler Bonds exakt gleich besteuert wie etwa die Erträge einer Unternehmensanleihe oder eines Bonds einer Bank. Ein Steuervorteil zumindest für Privatinvestoren würde den Markt für Kommunalanleihen wahrscheinlich auch hierzulande beleben. Den Banken wäre damit möglicherweise auch geholfen. Denn unter den neuen Regeln von Basel III wird bei Krediten kein Unterschied mehr gemacht. Bisher waren Kredite an öffentlich-rechtliche Kreditnehmer noch begünstigt und mussten nicht mit Eigenkapital unterlegt werden. Das hat sich geändert, und auch Kredite an Gemeinden, Städte und Regionen sind für die Bank teuer geworden. Es wäre für Banken deshalb durchaus auch attraktiv, anstatt am Kreditgeschäft an den Fees des Kapitalmarktgeschäfts zu verdienen. Diese gibt es ohne teures Eigenkapital, und die Erträge aus dem Verkauf und dem Handel der neuen Anleihen ebenso.

Bis zur Etablierung eines funktionierenden Kapitalmarktes für Kommunalanleihen ist es in Deutschland noch ein weiter Weg. Wichtig wären zunächst attraktive Rahmenbedingungen, aufgeschlossene Banken und interessierte Kommunen.