Die Risikomanagern so mancher Banken denken mit Bauchschmerzen an die neuen Collateral Bedingungen für außerbörslich gehandelte und nicht zentral geclearte Derivate, die ab dem kommenden Jahr neu abgeschlossen werden. Nicht nur, dass die Risikomanager plötzlich vielerorts für die neue Margin Berechnung, die dann aus Inital und Variation Margin bestehen wird, zuständig werden, sie müssen sich wohl auch auf eine Fülle an Collateral Disputes vorbereiten. Denn gibt es heute bereits viele Unstimmigkeiten und Meinungsverschiedenheiten, was die Barwertberechnung und damit die Sicherheitenstellung betrifft, wird es mit den neuen Konzepten wohl nicht gerade weniger werden.

Die Zeit für die Umsetzung und den Abschluss aller Vorbereitungen drängt. Ab März 2017 ist es auch für alle kleineren Geschäftspartner so weit: Neue Collateral Regeln für die Besicherung außerbörslich gehandelter und nicht zentral geclearter Derivate treten in Kraft. Großbanken müssen die Regeln bereits im Januar 2017 umsetzen. Vor allem die Berechnung der neuen Initial Margin wird eine Herausforderung.

Bisher war es stets so, dass derjenige Geschäftspartner, der auf ein Geschäft barwertmäßig hinten lag, Sicherheiten gemäß zuvor vereinbarter Bedingungen hinterlegen musste. Zu Beginn eines normalen Zinsswaps musste in der Regel deshalb nichts veranlasst werden, denn schließlich beträgt der Barwert zu Beginn des Geschäfts Null. Erst im Laufe der Zeit verändert sich der Barwert aufgrund von Marktdaten entsprechend zugunsten des einen Geschäftspartners und zulasten des anderen. Sicherheiten mussten also erst im Laufe der Zeit gestellt werden. Das macht auch Sinn, war aber besorgten Regulierungsbehörden nicht sicher genug.

Nun gibt es also eine sogenannte Initial Margin oben drauf, und das selbst für außerbörslich gehandelte und nicht zentral geclearte Geschäfte. Die neuen Regeln umfassen Zinsderivate, Kreditderivate, Aktienderivate, Währungsderivate und Rohstoffderivate. Die größte und damit wichtigste Gruppe außerbörslich gehandelter und nicht zentral geclearter Produkte dürften die Zinsderivate sein, da viele von ihnen nach wie vor Absicherungen für sehr individuelle Grundgeschäfte sind und sich eine börsengehandelte Standardisierung dafür wenig eignet. Viele der anderen Kategorien sind entweder vom Volumen her klein oder werden vielfach an Börsen gehandelt.

Diese anfängliche Sicherheitsleistung also soll je nach Art und Risiko des Derivats gestellt werden und zwar von Beginn an und von beiden Geschäftspartnern. Da nun aber die Berechnung von Risikokennzahlen von Derivaten schon mal so eine Sache ist, und es sich bei nicht zentral geclearten Geschäften häufig um komplexere Trades handeln dürfte, ist die Wahrscheinlichkeit, dass beide Kontrahenten auf exakt die selben Ergebnisse kommen, nicht unbedingt hoch. Schließlich verwendet jede größere Bank für ihre Berechnungen ihr eigenes, internes Modell, und je komplexer das Produkt, desto komplexere Modell mit individuellen Einstellungen und Anpassungen kommen zum Einsatz.

Dieses Problem hat auch die ISDA (International Swaps and Derivatives Association) erkannt, und deshalb eine eigene Formel entwickelt, die den Geschäftspartnern die Berechnung der Initial Margin erleichtern sollte. Die Formel läuft unter dem Namen ISDA SIMM (Standard Initial Margin Model). Die Anwendung ist zwar nicht verpflichtend, es wird aber davon ausgegangen, dass die Mehrheit der Marktteilnehmer diese Formel verwenden wird.

Dabei wird für die ISDA SIMM Berechnung vielfach eine relativ einfache aber dadurch von allen Geschäftspartnern noch umsetzbare Lösung angeboten. Es werden Delta, Vega und Korrelationsparameter von der ISDA vorgegeben. Diese werden für alle Assetklassen aufsummiert und nach vorgegebenen Formeln verarbeitet. Es gibt von der ISDA veröffentlichte Tabellen, in denen jeder die zu verwendenden Korrelationen und Vols nachlesen kann, die er zur Berechnung zu verwenden hat. Von Zeit zu Zeit werden diese Parameter angepasst, doch sind sie grundsätzlich sehr weit und allgemein gehalten. Es gibt vorgegebene Gewichtungen, und überhaupt lässt das ISDA SIMM keinen Spielraum mehr für eigene Interpretationen oder Modelle. Das Ergebnis sollten einheitlich berechnete und nachvollziehbare Initial Margins sein, deren Berechnung jeder durchführen kann, selbst wenn er kein Heer an teuren Quants beschäftigt. Das soll Nerven und Kosten sparen.

Über Sinn und Unsinn der Berechnung streiten sich Händler, Risikomanager und die akademische Welt. Dennoch dürfte SIMM zumindest etwas Richtung in die neue Komplexität der Collateralberechnung bringen.