Online Swap Pricer: Kostenlos und umsonst?

Immer mal wieder werden wir auf kostenlose Angebote im Internet angesprochen, die versprechen, Zinsswaps bewerten zu können. Doch was taugen diese kostenlosen Swap Pricer wirklich? Sind sie eine Alternative für jene Investoren, die keinen Zugang zu Bloomberg haben und auch kein teures System wie Murex oder Summit abonniert haben? Können diese Investoren ihre Swaps hier schnell, einfach und vor allem kostenlos nachrechnen oder vor Geschäftsabschluss schnell mal den Preis checken?

„Als würde sich jemand im Baumarkt Werkzeuge kaufen, um damit einen Weisheitszahn zu ziehen.“

Unser Experte für die Bewertung von Zinsswaps, Jens Libuda, hat darauf eine einfache und bildhafte Antwort: „Das ist so, als würde man sich im Baumarkt ein paar Werkzeuge kaufen, um damit einen Weisheitszahn zu ziehen!“

Denn: Es fehlen wichtige Kernelemente

Das Bewerten eines Zinsswaps ist keine triviale Angelegenheit. Ein Excel Sheet genügt dafür heute lange nicht mehr. Doch die meisten der kostenlosen Online-Pricer für Zinsswaps haben noch weitere, gravierende Mängel. Herrn Libuda fallen auf Anhieb gleich mehrere Probleme ein:

  • Es gibt keine Unterscheidung zwischen Diskontkurve und Forward Kurve.
  • Die Forward Kurven werden meist nur mit LIBOR gerechnet anstatt EURIBOR.
  • Die Kurvenkonstruktion erfolgt ohne Instrumente des kurzen Endes.
  • Sogenannte „Stub Dates“, also kurze oder lange erste oder letzte Zinsperioden, sind in der Regel nicht möglich oder werden nicht korrekt berechnet.
  • Zinsberechnungskonventionen werden nicht immer korrekt dargestellt.
  • Diskontiert wird häufig mit LIBOR anstatt EONIA.

Keine Open-Source-Programme

Die „Pricer“ haben zudem keine offen zugängliche Dokumentation. Wenn man den Programmier-Code nicht nachprüfen kann, tappt der Nutzer im Dunkeln was die Auswirkungen verschiedener Einstellungen betrifft. Was macht das System überhaupt? Was steckt dahinter? Warum ändert sich der Preis, wenn verschiedene Einstellungen anders gewählt werden, und ist das denn korrekt?

Woher stammen die Marktdaten?

Wer ein kostenloses Programm aus dem Internet zur Bewertung seiner Zinsswaps nutzt, muss sich fragen, woher der Anbieter die Marktdaten nimmt. Sind die Marktdaten verlässlich? Welche Daten werden überhaupt verwendet, und gibt es möglicherweise Lizenzprobleme? Gerade für die Bewertung von Zinsswaps sind lange Zeitreihen einer Vielzahl an Zinskurven, Futures und Geldmarktinstrumenten nötig. Werden die Daten als „end of day“ Daten gezogen?

Die XVA Berechnung fehlt

Swaps von gestern sind nicht mehr zu vergleichen mit Swaps von heute. Denn in die Bewertung fließen heute neben einer Vielzahl an Basiskurven und Eonia Discounting auch noch die sogenannten XVAs mit ein. Darunter versteht man aktuell:

  • Credit Valuation Adjustment (CVA)
  • Debt Valuation Adjustment (DVA)
  • Funding Valuation Adjustment (FVA)
  • Capital Valuation Adjustment (KVA)
  • Collateral Valuation Adjustment (COLVA)

Und laufend kommen neue XVAs zur Liste hinzu!

„So, als würde sich ein Normalbürger ans Steuer eines Jumbo-Jets setzen und losfliegen!“

Jens Libuda, der selbst über viele Jahre Zinsswaps gehandelt hat, gibt uns einen weiteren, bildhaften Vergleich: „Es ist das gleiche, als würde Ihnen jemand anbieten, selbst einen Airbus zu fliegen, der startbereit, voll betankt und mitsamt einer Gebrauchsanleitung auf dem Flugfeld auf Sie wartet.“

Für Nicht-Experten, deren Tagesgeschäft nicht der Handel mit Zinsswaps ist, sind undurchsichtige Online Pricer keine korrekte Alternative. Denn als Laie wissen Sie nicht, an welchen Stellschrauben Sie drehen müssen, welche Einstellungen korrekt sind und auf welche scheinbaren Kleinigkeiten es am Ende maßgeblich ankommt. Zudem stehen Anwender danach oft vor der großen Frage, wie die Zahlen, die das System nun ausgespuckt hat, überhaupt zu interpretieren sind.

Das ist im Übrigen nur normal. Im Treasury eines Unternehmens, als Kämmerer einer Kommune oder als Fondsmanager einer KAG oder Stiftung müssen Sie eine umfangreiche Expertise in für Sie weitaus wichtigeren Feldern mitbringen. Die Komplexität der Bewertung eines Zinsswaps gehört hier bestimmt nicht zu den maßgeblichen Fähigkeiten, die für Sie vorrangig wichtig sind. Auf einen kostenlosen Internet-Online-Pricer sollten Sie sich trotzdem nicht verlassen

Als Projekt für eine Master- oder Doktorarbeit sehr gut, für die Praxis zu wenig

Programmiert ein Student für seine Master- oder Doktorarbeit ein entsprechendes Online-Tool zur Zinsswapbewertung, und liefert dieses relativ korrekte Ergebnisse, so ist das wunderbar und verdient als Benotung ein „Sehr gut“. Für die Praxis allerdings, wo es auf jeden Basispunkt und damit jeden Euro ankommt, und wo Kleinigkeiten wie fehlerhafte Stubs oder andere Daycounts gravierende Auswirkungen haben können, reichen diese Tools nicht aus. Die Ansprüche im Treasury sind deutlich höher. Verlassen Sie sich also nicht auf kostenlose Online-Tools, die Ihnen aus einer Black-Box Zahlen ausspucken. Nutzen Sie für die Praxis entweder andere, in der Regel leider sehr teure Systeme, oder holen Sie sich einen Experten an Ihre Seite.