Willkommen zur Beitragsreihe „Regulierung einfach erklärt“! Diesmal geht es um Solvency I.

Solvency I und Solvency II betrifft Versicherungen

Versicherungsunternehmen sind ein wichtiger Bestandteil der Gesellschaft und des Kapitalmarktes. Sich gegen eine Vielzahl an Risiken absichern zu können, ist sowohl für Unternehmen als auch Privatpersonen ein zentrales Anliegen. Sei es die Absicherung gegen Krankheit, Unfall oder Tod, gegen Sturm und Unwetter, Ernteausfall, Brand oder Sachschäden aller Art, gerichtlichen Klagen, bis hin zu Cyberrisiken, Versicherungen und Rückversicherungen erfüllen hier eine wichtige Funktion.

Dass der Versicherungsmarkt reguliert und kontrolliert werden soll, war den europäischen Ländern bereits bewusst, als sich die EU noch Europäische Gemeinschaft nannte. Entsprechend weit reichen die ersten Richtlinien zurück. Bereits im Jahr 1973 wurde eine erste Richtlinie erlassen, gefolgt von vielen weiteren.

Solvency I: ein neuer Begriff für alte Gesetze

Solvency I wurde am 1. Januar 2016 durch Solvency II abgelöst.

Dabei hat sich die Bezeichnung „Solvency I“ erst etabliert, als die Vielzahl an bestehenden Regulierungen für Versicherungsunternehmen und Rückversicherer in Europa überarbeitet und zu einer einheitlichen Richtlinie unter dem Namen „Solvency II“ zusammengefasst wurde.

Unter Solvency I fasst man heute allgemein eine Vielzahl an alten, mittlerweile für die meisten Versicherungsunternehmen nicht mehr geltenden Gesetze zusammen. Es handelte sich um folgende Richtlinien (Auszug aus dem neuen Solvency II Text): „Die Erste Richtlinie 73/239/EWG des Rates vom 24. Juli 1973 zur Koordinierung der Rechts- und Verwaltungsvorschriften betreffend die Aufnahme und Ausübung der Tätigkeit der Direktversicherung (mit Ausnahme der Lebensversicherung), die Richtlinie 78/473/EWG des Rates vom 30. Mai 1978 zur Koordinierung der Rechts- und Verwaltungsvorschriften auf dem Gebiet der Mitversicherung auf Gemeinschaftsebene, die Richtlinie 87/344/EWG des Rates vom 22. Juni 1987 zur Koordinierung der Rechts- und Verwaltungsvorschriften für die Rechtsschutzversicherung, die Zweite Richtlinie 88/357/EWG des Rates vom 22. Juni 1988 zur Koordinierung der Rechts- und Verwaltungsvorschriften für die Direktversicherung (mit Ausnahme der Lebensversicherung) und zur Erleichterung der tatsächlichen Ausübung des freien Dienstleistungsverkehrs, die Richtlinie 92/49/EWG des Rates vom 18. Juni 1992 zur Koordinierung der Rechts- und Verwaltungsvorschriften für die Direktversicherung (mit Ausnahme der Lebensversicherung) (Dritte Richtlinie Schadenversicherung), die Richtlinie 98/78/EG des Europäischen Parlaments und des Rates vom 27. Oktober 1998 über die zusätzliche Beaufsichtigung der einer Versicherungsgruppe angehörenden Versicherungsunternehmen, die Richtlinie 2001/17/EG des Europäischen Parlaments und des Rates vom 19. März 2001 über die Sanierung und Liquidation von Versicherungsunternehmen, die Richtlinie 2002/83/EG des Europäischen Parlaments und des Rates vom 5. November 2002 über Lebensversicherungen und die Richtlinie 2005/68/EG des Europäischen Parlaments und des Rates vom 16. November 2005 über die Rückversicherung müssen erheblich geändert werden. Aus Gründen der Klarheit sollten diese Richtlinien neu gefasst werden.“

Hauptgrund für die Änderungen: Eine bessere Kapitalausstattung!

Einerseits war es natürlich unübersichtlich und komplex geworden. Die Vielzahl an verschiedenen Richtlinien für unterschiedliche Arten von Versicherungsunternehmen, dazu jeweils die verschiedenen nationalen Umsetzungen, und das oft entsprechend veraltet, waren bereits eine Herausforderung für sich. Den Anstoß für die komplexe und umfangreiche Aufgabe der Neufassung der Vorschriften für Versicherungsunternehmen gab aber am Ende die Erkenntnis, dass die Kapitalanforderungen an die Versicherer nicht dem vorhandenen Risiko entsprachen. Die Berechnung des Risikos und des notwendigen Kapitals wurde deshalb als zentrales Element neu bearbeitet und ist mit das Herzstück von Solvency II.

Ausnahme: Solvency I gilt noch immer für kleine Versicherungsunternehmen

Von Solvency II sind sehr kleine Versicherungsunternehmen ausgenommen. Klein ist ein Versicherungsunternehmen dann, wenn es unter anderem weniger als 5 Mio € an Prämieneinnahmen im Jahr hat. Für diese Versicherer gelten nach wie vor die „alten“ Vorschriften, die unter dem Begriff Solvency I laufen. Sie sind jeweils in nationalen Gesetzen geregelt und von Mitgliedsland zu Mitgliedsland etwas unterschiedlich.

 

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Seit 1. Januar 2016 abgelöst durch Solvency II

Solvency I gilt noch immer für kleine Versicherungsunternehmen

Kernstück: Dienstleistungsfreiheit im EU-Versicherungsmarkt