wallstreet4Wie bringe ich genügend Liquidität an meinen Handelsplatz, in meine Aktie, an meine Börse? Dieses Thema beschäftigt Börsen und außerbörsliche Plattformen permanent. Und so erklären sich auch verschiedene Modelle des Market Makings mit ihren unterschiedlichen Anreizsystemen. Ziel aller Market Making Modelle ist es, dem normalen Käufer oder Verkäufer von Wertpapieren und Terminkontrakten eine möglichst große Liquidität und damit Ausführungssicherheit zu vernünftigen Kursen zu sichern.

In Europa kennt man beispielsweise von der Frankfurter Wertpapierbörse, der Wiener Börse und der paneuropäischen Euronext das System des Market Makings gegen Gebührenreduktion. Börsenmitglieder, also Banken und Broker, können sich für einzelne Wertpapiere oder Terminkontrakte verpflichten, die meiste Zeit des Tages (z.B. 70% der Kernhandelszeit) gleichzeitige Kauf- und Verkaufsorders (sogenannte Quotes) mit einem festgelegten, maximalen Spread (der Abstand zwischen Kauf- und Verkaufpreis) und einer Mindestgröße in den Markt zu stellen. Interessierte Käufer und Verkäufer können damit relativ sicher sein, dass sie die betreffenden Wertpapiere oder Terminkontrakte an der Börse kaufen oder verkaufen können. Die Market Maker erhalten als „Belohnung“ für die Liquidität, die sie bereitstellen, günstigere Gebühren in diesen Wertpapieren oder Kontrakten. An der Deutschen Börse etwa zahlt ein Börsenmitglied für ein „normales“ Geschäft derzeit 0,095% vom Wert (maximal 15,12 Euro), der Market Maker hingegen nur 0,06%.

In den USA können Market Maker darüber nur laut lachen. Dort herrscht an den meisten Börsen sowohl im Aktien- als auch im Terminmarkt das sogenannte „Maker-Taker“ Modell. Der Kunde (der Liquiditäts-Nehmer), der einen Kauf- oder Verkaufsauftrag an die Börse schickt, zahlt bei Ausführung 30 Basispunkte, also 0,30%, was relativ viel ist im Vergleich zu Kunden an europäischen Börsen. Der Market Maker erhält hingegen 0,28 Basispunkte (0,28%)! Den Unterschied von 0,02% kassiert die Börse als Gebühr. In den USA lassen sich die Market Maker als Liquiditäts-Geber also fürstlich entlohnen! Nicht nur, dass sie nichts zahlen, sie bekommen auch noch reichlich Geld für ihre Dienste! Die Erstattung wird dort Rabatt oder „rebate“ genannt.

Dieses System entstand eher zufällig ab 1997. Ältere Marktteilnehmer werden sich vielleicht noch dunkel und mit Schaudern daran erinnern, dass in den USA früher Kurse noch in 1/16 quotiert wurden. Die Umstellung 1997 auf einzelne Cent bedeutete auch engere Quotes und damit weniger Marge für die großen Broker. Gleichzeitig wurde ein Gebührencap von 0,30% für Kundenorders eingeführt. Als Ausgleich für die geringeren Margen durch Bid und Offer begannen die Börsen daraufhin, den Market Makern einen Großteil der eingenommenen Gebühren, die an der Höchstgrenze festgesetzt wurden, zu bezahlen.

Dass dieses System zunehmend Kritik erntet, wundert hier zumindest aus europäischer Sicht kaum. Hauptkritikpunkt sind natürlich die enorm hohen Kosten für normale Marktteilnehmer. Dadurch wird in den USA sehr viel Handelsvolumen weg von den teuren Börsen hin zu privaten Handelsplattformen großer Investmentbanken, Broker und Anbieter wie Bloomberg mit Tradebook gelockt. Derzeit wird in den USA geschätzt 20% des Marktvolumens in außerbörslichen „Dark Pools“ gehandelt.

Für Investoren, die keinen direkten Marktzugang haben und deshalb über Broker gehen müssen, ist oft ein zusätzlicher Nachteil, dass dieser sogenannte „Rabatt“ nicht an die Kunden weitergegeben wird. Die Rückvergütung an die Broker wiederum schafft einen Anreiz für den Broker, die Order möglichst an die Börse zu schicken, auch wenn sie an einer anderen Plattform besser hätte ausgeführt werden können.

Ein weiterer Kritikpunkt ist, dass High Frequency Trader das Maker-Taker-Modell ausnutzen können, indem sie bei gleichen Kauf- und Verkaufspreisen den Markt arbitrieren. Das Modell könnte HFTs also bevorzugen.

Das System des Maker-Taker Market Makings wird bereits seit vielen Jahren kritisiert, doch es hält sich hartnäckig. Viele fordern eine Reduktion der Gebühren auf ein europäisches Niveau. Von Seite der Broker gibt es dafür verständlicherweise keine Anreize, und keine Börse wird aus Angst um Geschäftsverlust die erste sein, die Gebühren freiwillig zu senken. Bis der Gesetzgeber in den USA also den Cap absenkt, wird der Börsenhandel in den USA für normale Marktteilnehmer weiterhin teuer bleiben!