sharkMit Mifid II, das ab Januar 2018 mit einem Jahr Verspätung in Kraft tritt, wird der Investor weiter geschützt. Ein eigenes, kritisches Hinterfragen der Produkte sollte trotzdem nicht fehlen! Hier einige der Neuerungen für Investoren:

Bessere Aufklärung im Vorfeld

Unter Mifid  (Markets in Financial Instruments Directive), das seit 2007 Investoren zu schützen versucht, müssen Anlageberater, Banken, Vermittler und Finanzdienstleister verschiedene Auflagen erfüllen, wenn Finanzanlagen vor allem an Privatinvestoren vermittelt werden. Es muss zum Beispiel ein Investorenprofil erstellt werden und generell über Risiken und Provisionen aufgeklärt werden. Es hat sich aber gezeigt, dass noch viele Lücken im System waren. Vieles ändert sich deshalb ab Januar 2018 mit Mifid II.

Banken, Anlageberater, Vermittler und Finanzdienstleister müssen Privatinvestoren ab 2018 bereits im Vorfeld noch genauer und besser aufklären. Sie müssen dem Kunden zum Beispiel genaue Informationen darüber geben, für wen das Finanzprodukt konstruiert wurde und geeignet ist (für den einfachen Privatanleger, den fortgeschrittenen Investor, oder den professionellen Anleger). Sie müssen auch bereits vorab erklären, ob sie als Berater für bestimmte Anbieter tätig sind, oder völlig unabhängig, und dem Kunden damit ein breites, unabhängiges Produktportfolio anbieten können.

Wie werden die angebotenen Investments ausgewählt?

Bisher, unter den Regeln von Mifid , müssen Anlageberater, Banken, Vermittler und Finanzdienstleister nicht offenlegen, welcher Art ihre Beratung ist. Sie müssen ihren Kunden nicht sagen, ob die Produktauswahl, die vorgeschlagen wird, auf unabhängiger Basis rein im Sinne des Kunden erfolgt, oder aber eine eingeschränkte Palette umfasst, für die der Anbieter Provisionen und diverse Vorteile kassiert. Letzteres dürfte wohl die Regel sein.

Deshalb haben die Aufsichtsbehörden gemeinsam die Bestimmungen von Mifid überarbeitet und im Sinne des privaten Investors nochmals präzisiert. Ab Januar 2018 müssen Anlageberater, Banken, Vermittler und Finanzdienstleister ihren Kunden offenlegen, ob sie ein eingeschränktes Portfolio anbieten oder nicht.

Provisionen von Dritten für angeblich unabhängige Beratung?

Bisher dürfen Anlageberater, Banken, Vermittler und Finanzdienstleister für die Vermittlung von Finanzprodukten ganz selbstverständlich Provisionen und sonstige Vorteile kassieren. Sie müssen dies zwar dem Kunden in einer generellen Klausel mitteilen, aber annehmen und behalten dürfen sie die Gelder trotzdem. Der Unterschied zwischen Provisions- und Honorarberatung ist für den Kunden schwer zu erkennen. Viele geben sich unabhängig, sind es de facto aber nicht.

Ab Januar 2018 trennt sich nun die Spreu vom Weizen, und der Unterschied zwischen Provisions- und Honorarberatung wird deutlicher.

Anlageberater, die behaupten, einen Investor auf Honorarbasis zu beraten, dürfen per Gesetz ab Januar 2018 keine Provisionen oder sonstigen Vorteile von Dritten mehr annehmen. Gelder, die sie trotzdem von Dritten erhalten, müssen sie an den Investor 1:1 weiterreichen.

Allerdings gibt es auch hier einige Ausnahmen. Für den Fall, dass der Anlageberater neben dem reinen Portfolio Management und unabhängiger Beratung noch weitere Serviceleistungen erbringt, darf er weiterhin Provisionen und sonstige Vorteile annehmen. Er muss diese dann aber erstens offenlegen und zweitens argumentieren, dass die angenommenen Provisionen oder Vorteile zugunsten der Qualität der Serviceleistung sind und keinen Interessenkonflikt verursachen.

Investorenprofil wird nachhaltiger

Auch bisher muss unter Mifid bereits ein Investorenprofil erstellt werden, das die Ziele und Bedürfnisse des Kunden festhält, und in dem auch erfasst ist, welche Finanzprodukte hier überhaupt in Frage kommen.

Mit Mifid II wird dieses „Suitability Assessment“ noch genauer. Der Berater muss ab 2018 auch präzisieren, wie sein Rat diese persönlichen Ziele und Bedürfnisse trifft, und zusätzlich muss der Berater noch regelmäßige Beurteilungen zu den empfohlenen Investmentprodukten abgeben.

Für wen eignet sich das Produkt überhaupt?

Bisher konnten Banken, Unternehmen und Zweckgesellschaften Finanzprodukte strukturieren, emittieren und verkaufen sowie Vermittlern zum Verkauf bereitstellen, ohne sich großartig Gedanken über die Eignung und Risiken machen zu müssen. Erst durch langwierige und teure Gerichtsverfahren konnten manche Retailinvestoren erstreiten, dass Produkte aufgrund ihrer Ausgestaltung für sie nicht geeignet waren. Das soll unter Mifid II bereits im Vorfeld besser werden.

Unter Mifid II muss die Zielgruppe für jedes Produkt, noch bevor es auf den Markt kommt, genau angegeben werden, zum Beispiel, ob das Produkt für Privatinvestoren oder für institutionelle Investoren geeignet ist. Die Risiken und Zielsetzungen des Produkts müssen für die Zielgruppe passend sein.

Das Produkt darf dann auch nur an diese Zielgruppe verkauft werden, und erst, nachdem der Verkäufer sichergestellt hat, dass sämtliche Risiken erhoben, erklärt und verstanden worden sind.

Die „Produzenten“ der Finanzprodukte müssen unter Mifid II auch beweisen, dass sie selbst die Risiken und Funktionsweisen der von ihnen angebotenen und begebenen Produkte verstehen. Mifid II nennt dieses Gebiet „Product Governenance“. Dadurch soll die Qualität der angebotenen Produkte verbessert werden und weniger „Abzocker“-Produkte auf den Markt kommen.

Behörden dürfen Produkte verbieten

Unter Mifid II dürfen die Regulierungsbehörden von Mitgliedstaaten einzelne Produkte entweder generell verbieten oder die Vermarktung an eine bestimmte Zielgruppe untersagen. Das schützt Privatinvestoren in einzelnen Staaten möglicherweise vor einzelnen Produkttrends.

 

FAZIT: Unter Mifid II wird der Schutz von Retail Investoren weiter verbessert. Diese haben nunmal gegenüber den Banken und Investmentprofis nachgewiesene Informationsnachteile. Es ist schade, dass die Investmentbranche nicht aus einem Eigeninteresse heraus besser und unabhängiger berät und Regulierungen wie Mifid II nötig macht.

Wie sich Mifid II auf die Vielfalt der angebotenen Investments auswirkt bleibt zu sehen. Vor allem im Retail Segment dürften manche Emittenten vorsichtiger werden, welche Art von Strukturen angeboten werden.

Trotz aller neuen Regeln gilt für Investoren trotzdem stets: Bringen Sie ein gesundes Maß an Misstrauen mit! Lesen Sie das Kleingedruckte! Hinterfragen Sie die Produkte! Und hören Sie nicht auf, kritische Fragen zu stellen!