Haben Banken ihre Lektion gelernt?

„Die“ Finanzmarktkrise, zumindest die letzte der westlichen Welt, liegt nun bald 10 Jahre zurück. Im Juli 2007 nahm angeblich alles mit der Pleite zweier Hedge Fonds der Investmentbank Bear Stearns seinen Anfang vom Ende. Der Grundstein dafür war wohl schon Jahre davor gelegt worden. Und zur richtigen Lawine wurde die Sache sogar erst ein Jahr später, wo sie mit der Pleite von Lehman Brothers ihren Höhepunkt erreichte. Doch soweit nur die nackten Eckdaten.

Gier, Bonuskultur und Rücksichtslosigkeit

Die Findungsphase nach den wirklichen Ursachen ging danach erst richtig los. Es wurde viel diskutiert, über Gier, die Bonuskultur, die Rücksichtslosigkeit einer ganzen Branche und ein Fehlen ethischer Moralvorstellungen. Die Ergebnisse daraus sind neben Rekordstrafen in schwindelerregender Milliardenhöhe, einer unübersichtlichen Anzahl neuer Gesetze und Regeln auch Bekenntnisse der Finanzwelt zu mehr Ethik, Transparenz und Wohlverhalten. Nie wieder sollte es zu solch skrupellosem Verhalten von Seite der Banken kommen. Alles nur Lippenbekenntnisse?

10 Jahre später: Alles wieder vergessen?

Die Banken mussten für ihre Geschäfte von damals teuer bezahlen. Sie versprachen allesamt eine bessere interne Kontrolle und einen Wandel ihrer Wertekultur. Doch wie sieht es wirklich aus?

Tatsache ist, dass es den Investmentbankern vieler Häuser aktuell nicht allzu gut geht. Manche haben sich aus dem Geschäft aktiv zurückgezogen, andere wiederum sind eher unabsichtlich auf das Abstellgleis des Investmentbankings geraten. Die goldenen Zeiten sind für die meisten von ihnen – vorerst – vorbei. Die Auflagen sind strenger geworden und die Sorgen größer. Die Erinnerungen an Zeiten, in denen man sowohl mit M&A als auch mit dem Handel und dem Verkauf von Aktien, Anleihen und Derivaten jede Menge Geld für neue Glitzertürmchen und Millionenzahlungen für Vorstände und Top Manager scheffeln konnte, sind dennoch nicht verflogen. Die Banker wollen wieder nach oben, wollen wieder das fette Geld verdienen. Doch was tun?

Eine interessante Case Study

Ein sehr interessantes Beispiel für die Wirklichkeit über den neuen Druck in der Banking Branche bietet uns HSBC. Gleich mehrere Medien haben die Tage über die neuen Strategien der in letzter Zeit etwas langweilig gewordenen, globalen Bank berichtet. Ein von Goldman Sachs angeheuerter Top Manager soll es richten. Goldman, so muss man wissen, ist alles andere als ein Streichelzoo, was mit Sicherheit einen Anteil zum Erfolg der Investmentbank beiträgt.

Matthew Westerman, ehemals Goldman, will nun also auch HSBC mit Goldman-Methoden nach vorne bringen. Um die Mitarbeiter zu motivieren, werden zunächst 100 Managing Directors entlassen. Danach geht es den restlichen Mitarbeitern an den Kragen. Wenige top Leistungsträger erhalten den Kuchen unter sich aufgeteilt, und der Rest muss sich mit den Krümeln abfinden. Der Abstand Top Gehälter zu den anderen Gehältern soll deutlich größer werden. Die sogenannte „Mittelschicht“ der Verdiener soll abgeschafft werden. Dazu weniger Beförderungen. Wohlgemerkt alles, um die Mitarbeiter zu motivieren und ihnen großartige Leistungen abzuringen. Mehr interner Konkurrenzkampf und ein Ungleichgewicht soll die Profite für die Bank erhöhen.

Falsche Anreize?

Dass eine große Schere zwischen Arm und Reich Spannungen erzeugt, das sagen uns Soziologen und Politiker am laufenden Band. Und auch die Aufarbeitung der letzten Finanzmarktkrise hat gezeigt, dass falsche Anreizsysteme, die Förderung rücksichtslosen Verhaltens gegenüber Kollegen und vor allem den Kunden und die künstliche Schaffung einiger weniger, schillernder Bonus-Millionäre die ganze Sache in die falsche Richtung treiben kann.

Selbstverständlich werden sich manche Banker durch ein derart ungleiches System angespornt fühlen. Und ich verspreche, dass es nicht die ethisch korrekten, fleißigen und gewissenhaften Persönlichkeiten sein werden. Es werden vielmehr – wieder einmal – die Skrupellosen ohne Gewissen die Ränge erklimmen. Und sie werden – wie vor zehn oder fünfzehn Jahren – nicht müde werden, den dümmsten Kunden zu suchen, dem sie den größten Bären aufbinden können um danach von ihm die höchste Provision zu kassieren. Die Ideen und Vorschläge der Banker gegenüber ihren Kunden werden wieder „kreativer“ werden, scharf an der Grenze des Legalen vorbei, um ein Maximum an Fees zu kassieren.

Nichts gelernt?

Wer denkt, die Branche hat aus der letzten Krise ihre Lehren gezogen und sich gewandelt, der irrt. Doch noch ist ein Lichtstreifen am Horizont. Denn auch wenn die Investmentbanken nichts gelernt haben, jemand anders könnte ihnen tatsächlich einen Strich durch die Rechnung machen: Die Kunden. Viele Kunden und potenzielle Kunden sind vorsichtiger geworden. Sie haben dazu gelernt. Sie vergleichen. Sie prüfen nach. Und lassen sich hoffentlich von den gierigen, skrupellosen Psychopathen nicht länger blenden und ausnutzen.